Dark Blue
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Dark Blue

Kritik

Dark Blue
„Dark Blue“ // Deutschland-Start: 12. Juni 2003 (Kino) // 25. September 2015 (Blu-ray)

Im Jahre 1992 ist die Lage vor allem in den von Afroamerikanern bewohnten Bezirken von Los Angeles angespannt, denn alle warten den Prozess ab, der gegen die Polizisten, die den Schwarzen Rodney King anhielten und verprügelten, läuft. Inmitten dieser Atmosphäre übernimmt der alteingesessene Polizist Eldon Perry (Kurt Russell) zusammen mit seinem jungen Partner Bobby Keough (Scott Speedman) die Ermittlungen in einem Raubüberfall auf einen koreanischen Laden, in dessen Folge mehrere Kunden erschossen wurden. Schon nach wenigen Stunden haben die Ermittler die Spur der Täter aufgenommen, doch werden sie von ihrem Vorgesetzten Jack Van Meter (Brendan Gleeson) gebremst, in dessen Auftrag der Raub tatsächlich stattfand. Er befiehlt ihnen, den Raub jemand anderem anzuhängen, was Perry schließlich auch tut. Bei der Durchsuchung des Hauses der Männer, die Perry letztlich auswählt, wollen sich die „Verdächtigen“ ergeben, doch die Polizisten erschießen sie, da sie befürchten, dieses könnten die Wahrheit ans Licht bringen. Während eine solche Vorgehensweise für Perry zur Normalität geworden ist, ist Bobby zutiefst verstört von dem Vorgehen Perrys und Van Meters. Auch Perrys ansonsten sichere Art scheint zu bröckeln, besonders nachdem ihn seine Frau samt des gemeinsamen Sohnes verlassen hat. Van Meter beschließt sicherzugehen, dass sein Geheimnis nicht ans Licht kommt, besonders jetzt nicht, da der stellvertretende Polizeipräsident Arthur Holland (Ving Rhames) nichts lieber tun würde, als ihn zu überführen.

Die brennende Stadt
Basierend auf einer Kurzgeschichte des Schriftstellers James Ellroy (L.A. Confidential, Die schwarze Dahlie) konzentriert sich Dark Blue auf ein dunkles Kapitel der Stadt Los Angeles und auf ein Problem, welches noch vor ein paar Jahren im Zuge der Black Lives Matter-Bewegung abermals in die Schlagzeilen geriet. Wie bereits die Vorlage zeigt das Drehbuch Ellroys und David Ayers Vorfälle wie den um Rodney King nicht als einen Einzelfall, sondern als ein Symptom eines Systems, welches zutiefst korrupte und zudem rassistische Elemente in den eigenen Reihen hat. Dark Blue ist deswegen ein Film, der immer noch (oder leider noch) sehr aktuell erscheint, auch wenn der zeitliche Hintergrund der Geschichte in den 90ern liegt. Es ist ein Film, der ein düsteres Bild von den Verstrickungen des Staatsapparats mit dem Verbrechen zeigt und das Problem der Verelendung und des nach wie vor schwelenden Rassismus aufzeigt.

Ähnlich wie der Angriff auf Rodney King ist auch der im Film gezeigte Raubüberfall mehr als nur ein Verbrechen, droht er doch immer wieder zu verschwinden vor dem Hintergrund eines viel größeren Komplexes, welcher sich dem Zuschauer erschließt. Alleine dem von Scott Speedman gespielten Bobby verstellt sich noch der Blick auf die Hierarchie der Polizei und erst mit der Zeit offenbart sich ihm die wahre Dimension einer solchen Tat, denn die wahren Drahtzieher sitzen nicht in den teils abbruchreifen Häusern in South Central, sondern in der Chefetage der Polizei. Wenn sich zu Anfang des Films Bobby zusammen mit Van Meter und Perry in einem Raum die gerade stattgefundene Befragung zu einer Schießerei feiert, haben sich hier, wie man schnell feststellt, nicht nur drei Generationen von Polizisten versammelt, sondern es geht Perry und Van Meter auch um das Erbe jener Korruption und fehlender Moral, welche das Fundament ihres Berufs bildet und damit hinter ihren Gehältern.

Einzig und alleine das Feuer kann die Stadt, so scheint es, reinwaschen, was den Rassenunruhen, wie sie nach dem Freispruch für Kings Angreifer stattfanden, schon fast einen metaphorischen Moment gibt. Fast prophetisch wirkt Perry, wenn er davon spricht, dass die Stadt brennen wird, sollte es zum Freispruch kommen, eine Diagnose, die auf seiner Erfahrung und seiner Kenntnis über die Problemviertel beruht. Dann wiederum fragt man sich, inwiefern er sich nicht auch eine solche Reinwaschung wünscht.

Der verlorene Vater
In seiner Karriere hat Kurt Russell schon viele Rollen gespielt und schon viele Ehrungen für seine Darstellungen erhalten, doch dass seine Darstellung in Ron Sheltons Film keine Nominierungen für Schauspielpreise nach sich zog, ist ein Skandal. Perry ist einer jener Polizisten, die im Sumpf der Korruption und Unmoral bereits so tief versunken sind, dass sie diesen bereits als Normalität akzeptiert haben. Stets bemüht ein „Soldat“ und ein „Teamplayer“ zu sein, wie er es Billy immer wieder predigt, führt er Befehle aus, auch wenn sich in ihm schon noch etwas gegen seine Handlungen auflehnt. Privat wirkt er in den wenigen Szenen mit seiner Frau deplatziert, wie ein Gast, der mal wieder vorbeischaut, nur um nach kurzer Zeit wieder zu verschwinden. Russell spielt Perry als einen Mann, der an einem Punkt angelangt ist, an dem ihn seine Taten emotional zu zerbrechen drohen.

Credits

OT: „Dark Blue“
Land: USA
Jahr: 2002
Regie: Ron Shelton
Drehbuch: James Ellroy, David Ayer
Vorlage: James Ellroy
Musik: Terence Blanchard
Kamera: Barry Peterson
Besetzung: Kurt Russell, Brendan Gleeson, Scott Speedman, Michael Michele, Lolita Davidovich, Ving Rhames

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„Dark Blue“ ist ein sehr sehenswerter Polizeithriller, der mit starken Darstellern ein dunkles Kapitel der USA beleuchtet, was einen Blick wirft auf Klassenunterschiede, Korruption und Rassismus. Dank eines guten Drehbuchs balanciert der Film eine Vielzahl von Aspekten und Verweisen, die aufzeigen, dass es sich bei Fällen wie denen von Rodney King keinesfalls um einen Einzelfall handelt, sondern um ein Teilstück eines viel größeren Phänomens, welches bis heute den Alltag in vielen Orten der USA prägt.
9
von 10