The Machinist

The Machinist

(„The Machinist“ directed by Brad Anderson, 2003)

The MachinistDer Film sorgte vorab für viel Wirbel, weil der Hauptdarsteller Christian Bale (The Dark Knight) für seine Rolle bekanntermaßen auf gute 50 Kilo abgenommen hat. Doch bietet der Film mehr als nur eine Sensationsmeldung um einen Schauspieler, der in selbstzerstörerischer Absicht gehungert hat? Der bis dato unbekannte Regisseur Brad Anderson (Transsiberian) geht jedenfalls mit seinem Werk der Frage nach, wie man aus einem Alptraum erwacht, wenn man gar nicht schläft.

Trevor Reznik (Bale) ist am Ende. Seit einem Jahr hat er nicht mehr geschlafen und ist bis auf die Knochen abgemagert. Er ist einfacher Arbeiter in einem Werk. Der einzige Mensch, dem er sich offenbart, ist die Prostituierte Stevie (Jennifer Jason Leigh). Durch seine Müdigkeit und seinen schwachen Dauerzustand abgelenkt, verursacht Trevor bei der Arbeit einen Unfall, wodurch sein Kollege einen Arm verliert. Nachdem er sich zunächst mit Schuldgefühlen plagt, baut sich in ihm immer stärker der Gedanke an eine gegen seine Person gerichtete Verschwörung auf. Plötzlich geschehen mysteriöse Dinge: in der Fabrik taucht Ivan (John Sherian) auf, der die Belegschaft gegen Trevor aufzuhetzen scheint. In seiner Wohnung tauchen Botschaften auf Notizzetteln auf. Trevor gerät in einen immer stärkeren Strudel von Paranoia, so dass er bald an seinem Verstand zweifelt. Selbst Stevie scheint er nun nicht mehr über den Weg zu trauen. Gleichzeitig erhält er immer mehr Erkenntnisse, die mit dem Grund seiner Schlafstörung zusammenhängen.

Der Verweis zu dem Roman „Der Idiot“ von Fjodor Dostojewski (mehrmals verfilmt: u.a. Hakuchi von Akira Kurosawa ) wird vom Regisseur bewusst im Film gezeigt. Der psychisch labile Protagonist des Romans gerät in ein Netz von Intrigen, seine Gutmütigkeit wird strapaziert, so dass er sich kurzerhand in einer Spirale aus Gewalt und innerer Zerrissenheit befindet, die in einen Zustand von geistiger Umnachtung mündet. Ähnlich ist auch der Werdegang vom brillant spielenden Christian Bale – unvorstellbar, aber Bale hat sein Gewicht für seine Rolle in Rescue Dawn (Werner Herzog) tatsächlich nochmal verloren. Trevor erscheint durch Bale als einfühlsamer und moralisch vorbildlicher Charakter. Nur seine Schizophrenie, die durch Schlafmangel und Nahrungsverweigerung zustande kommt, entwickelt er mit dem Verlauf ein Gewaltpotential. Eigentlich ein Wunder, dass Bale nicht tatsächlich durch die Dreharbeiten psychische Schäden davongetragen hat.

Der Psycho-Thriller zwingt den Zuschauer mehr oder weniger an einer Psychose teilzunehmen. Was so hart klingt bedeutet nichts anderes, als dass bald auch der Zuschauer – ähnlich wie Trevor – nicht mehr zwischen Schein und Realität unterscheiden kann. So spannt Anderson einen nervenaufreibenden Plot, dessen Ende wie eine kalte Dusche nach einer durchzechten Nacht wirkt. Und obgleich Kritiker Anderson vorwerfen, dass es unglaubwürdig erscheine, wenn ein gelernter Fabrikarbeiter russische Klassiker schmökert, ist diesem ein Film gelungen, der inzwischen zurecht Kultstatus genießt. Außerdem gibt es durchaus auch Arbeiter in der Welt, die sich auch ohne Abitur oder höheren Schulabschluss, für klassische Literatur begeistern können.

The Machinist weist in Stil, Temperament und inhaltlichen Merkmalen Gemeinsamkeiten mit Filmen wie Lost Highway (David Lynch), Donnie Darko (Richard Kelly) oder Das geheime Fenster (David Koepp) auf und kann sich getrost mit diesen messen. Anderson inszenierte mit Hilfe der genialen Leistung Bales einen atemberaubenden, nervenaufreibenden Psycho-Thriller.



(Anzeige)