Dredd
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Dredd
„Dredd“ // Deutschland-Start: 15. November 2012 (Kino) // 19. April 2013 (DVD/Blu-ray)

In einer fernen Zukunft sind die USA nichts weiter als eine radioaktive, lebensfeindliche Landmasse geworden, lediglich durchbrochen von massiven urbanen Gebieten, sogenannten Megacities. Geprägt von Arbeitslosigkeit, Armut und Verbrechen sind diese Megastädte auf die Arbeit der Judges angewiesen, welche gleichsam als Gesetzeshüter wie auch als Gesetzesvollstrecker dienen. Unter ihnen hat sich Dredd (Karl Urban) über die Jahre einen gewissen Ruf erarbeitet aufgrund seiner brutalen Methoden und gnadenlosen Verfolgung der Verbrecher. An einem neuen Arbeitstag muss sich Dredd zusätzlich um die Rekrutin Anderson (Olivia Thirlby) kümmern, die vor allem wegen ihrer enormen telepathischen Fähigkeiten für die Behörden von Interesse ist. Ihr erster Einsatz führt sie nach Peach Trees, einem gewaltigen Apartmentkomplex, und einem dreifachen Mord, der sich schnell als Bandenmord eines Clans herausstellt, der den Komplex kontrolliert und von der brutalen Ma-Ma (Lena Headey) angeführt wird. Als Dredd und Anderson bei ihren Ermittlungen auf einen der wichtigsten Männer des Clans stoßen, riegelt Ma-Ma kurzerhand den Komplex ab, unterbindet alle Kontakte nach außen und eröffnet die Jagd auf die beiden Judges.

Judge, Jury and Executioner
Selbst die größten Fans Sylvester Stallones oder der Comicfigur Judge Dredd werden wohl kaum oder nur sehr wenig Freude an Danny Cannons Judge Dreddd (1995) gehabt haben. Nicht nur, dass man den unerträglichen Eskapaden Rob Scheiders ausgesetzt war, der Film traf bei Fans, Kritikern und vor allem bei den Schöpfern der Figur Judge Dredd auf wenig Gegenliebe. John Wagner und Carlos Ezquerra, welche die Figur schufen, erkannten ihren Charakter nicht mehr wieder: Nicht nur, dass dieser Judge Dredd seinen Helm abnahm (er tut dies in den Comics nie), auch der allgemeine Ton dieses Films war sehr viel verträglicher und weniger brutal, als es die Comics je waren. Mit Pete TravisDredd kam dann endlich eine Verfilmung, die beide Seiten zufrieden stellte.

In der sehr sehenswerten Dokumentation Future Shock. The Story of 2000AD wird die Geschichte eben jenes Comics beleuchtet, welches unter anderem Judge Dredd zu seinem Figurenarsenal zählte. Der Reiz eines Judge Dredd hat sehr viel damit zu tun, dass dieser gegen jede liberalen Werte ist, reaktionäre Werte verkörpert und zudem äußerst brutal gegen Verbrecher vorgeht – eine Sensation in den durch Punk geprägten 80er Jahren in Großbritannien. Ob man dies nun in der von Karl Urban gespielten Inkarnation des Antihelden wiederfindet, müssen die Fans entscheiden, sicher aber ist, dass dieser Dredd gnadenloser und brutaler ist, aber vor allem seinen Helm nicht abnimmt.

Bereits in den ersten Szenen nach dem grimmigen Voice-over gesprochen vom Judge wird man Zeuge der Art von Justizvollzug, für den Dredd steht. Schnell und effizient erledigt er eine Bande  Drogendealer, vollstreckt Urteile ohne mit der Wimper zu zucken und exekutiert einen von ihnen auf offener Straße. In den Dialogen mit Olivia Thirlbys Charakter, geschrieben von Alex Garland (Ex Machina, Auslöschung), taucht man noch weiter in diese zutiefst zynische Schwarz/Weiß-Sicht Dredd ein, der weder an eine Besserung der Zustände glaubt und sich wohl lieber auf seine Intuition sowie seine treue Handfeuerwaffe verlässt. Bei all dieser offensichtlichen Antipathie gelingt Urban ein Drahtseilakt, nämlich innerhalb dieser pointierten Dialoge und den sparsamen Gesten eine Figur entstehen zu lassen, der sich der Zuschauer mit einer Mischung aus Distanz und Sympathie nähert, die im Kontext der gnadenlosen Welt des Films zumindest logisch erscheint.

In Ma-Mas Reich
Neben der gelungenen Interpretation des Titelhelden fällt die konsequente Verfolgung der Comic-Buch-Ästhetik positiv ins Gewicht. Zwar spielt sich die Handlung größtenteils in klaustrophobisch engen Gängen des Apartmentkomplexes ab, dennoch spiegelt eben jenes Set genau jene Kargheit und Gewalt wider, welche im Kontext des Films stimmig ist. Zivilisten, Menschen, die einfach nur in Frieden leben wollen, sind fast so was wie Freiwild im Kampf der Judges gegen die Verbrecher. Jeder muss sich als Teil des Systems für eine dieser Seiten entscheiden oder unentdeckt bleiben, jederzeit mit der Angst leben zum Opfer zu werden.

Zu dieser Ästhetik zählt auch der Drogenkonsum, das Slo-Mo, eine Droge, die exklusiv von Ma-Ma und ihrer Gang hergestellt wird. Speziell in der 3D-Version des Films kommt der Effekt besonders gut zur Geltung, verändert diese Droge das Zeitempfinden des Nutzers sowie die generelle Wahrnehmung der Welt. Die grellen Farben, gepaart mit der beinahe voyeuristischen Darstellung von Schussgefechten und -wunden, die in eben jener verlangsamen Zeit ablaufen, haben etwas von jenem Kugelballett eines Sam Peckinpah (The Wild Bunch).



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Sowohl optisch als auch schauspielerisch ist "Dredd" eine klare Verbesserung gegenüber dem Stallone-Starvehikel der 90er Jahre. Die knurrige Präsent Karl Urbans, die knallharte Action und das Skript Alex Garlands machen den Film zum Pflichtprogramm für jeden Freund des modernen Actionkinos.
7
von 10