The House That Jack Built
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The House That Jack Built

The House That Jack Built
„The House That Jack Built“ // Deutschland-Start: 29. November 2018 (Kino)

Jack (Matt Dillon) ist nicht gerade das, was man einen vorbildlichen Mitbürger nennen würde. Seine Zwangsneurosen und sein Perfektionismus sind dabei noch das geringere Problem. Schwieriger ist sein Hang, immer wieder Menschen umbringen und zu einem Kunstwerk verarbeiten zu wollen. Mr. Sophisticated nennt er sich selbst, schließlich ist das bloße Töten ihm zu wenig. Seine sozialen Kontakte sind daher überschaubar, es gibt nur wenige, mit denen er sich unterhält, ohne sie im Anschluss zu töten. Immerhin gibt es da aber noch den mysteriösen Verge (Bruno Ganz), dem er von seinen Taten erzählen kann, die er in den letzten Jahren so vollbracht hat.

Wenn sich Lars von Trier mit einem neuen Film zurückmeldet, dann wechseln sich im Vorfeld Neugierde und Vorbehalte ständig ab. Schließlich dürfte es kaum einen Regisseur geben, der so sehr das Spiel mit der Provokation liebt wie der oft in Ungnade gefallene Däne. Ein Mann, dem es oft wichtiger zu sein scheint, das Publikum vor den Kopf zu stoßen, als tatsächlich eine Geschichte zu erzählen. Als dann auch noch bekannt wurde, dass er sich nach den Themen Depression (Melancholia) und Sex (Nymph( )maniac I + II) nun einem Serienmörder widmet, dann schrillen die Alarmglocken besonders laut auf.

Man wird sich ja noch mal ärgern dürfen
Die Reaktionen in Cannes, wo The House That Jack Built seine Weltpremiere feierte, fielen dann auch wie erwartet aus: Scharenweise verließen die Leute das Kino und machten anschließend ihrem Ärger lauthals Luft. Teilweise ist die Reaktion verständlich, denn von Trier mutet einem hier wirklich eine Menge zu. Der Film mag auf einem alten Kinderreim basieren, ist für Kinder aber denkbar ungeeignet. Dafür müssen zu viele Menschen hier ihr Leben lassen, teils auf recht zynische Weise. Gleichzeitig stellt sich aber schnell der Verdacht ein, dass der Protest mehr dem Regisseur galt, aus Prinzip, weniger mit dem Film zu tun hatte, den der hier gedreht. Denn der ist oftmals überraschend zahm.

Und auch überraschend lustig. Einen Mörder mit einer Zwangsneurose zu strafen, die keinen hypothetischen Blutfleck am Tatort zurücklassen kann, das ist natürlich schon irgendwie komisch. Und auch an anderen Stellen baut von Trier immer wieder Humor ein. Der kann manchmal äußerst schwarz sein, beispielsweise bei der Episode, wenn Jack mit einer Familie in die Wälder geht. Manchmal aber auch sehr albern. Der Titel-Schurke hat zweifelsfrei viele Erfolge in seiner Serienmörderlaufbahn vorzuweisen. Kompetent wirkt er dabei jedoch nicht. Oder tatsächlich furchteinflößend. Matt Dillon verkörpert hier einen tief gestörten Einzelgänger, der immer nur zufällig sein Ziel zu erreichen scheint.

Philosophische Hintergründe
Als schwarze Komödie hätte das richtig amüsant sein können. Doch von Trier wollte noch mehr und fügt dem Film jede Menge pseudophilosophischer Auseinandersetzungen zwischen Jack und Verge hinzu. Im besten Fall reichern diese das mörderische Treiben auf der Leinwand tatsächlich an. Oft genug unterbrechen sie aber nur den Fluss, ohne etwas Nennenswertes beizutragen. The House That Jack Built ist mit seinen zweieinhalb Stunden nicht nur deutlich zu lang. Der Film ist streckenweise sogar langweilig, was dem streitbaren Dänen sicher nicht gefallen wird. Vor allem Bruno Ganz (Der Trafikant, In Zeiten des abnehmenden Lichts) wird dabei völlig verschenkt, wenn er sich mit wenig konsequenten Dialogen herumstreitet.

Erst zum Ende hin ist dem Schweizer ein würdevoller Auftritt vergönnt. The House That Jack Built verlässt dann die immer mal wieder grotesken Gefilde, um sich nun völlig dem Surrealen hinzugeben. Zumindest hier schafft es von Trier dann, sich aus dem Wust an schwarzhumorigen Thrillern zu befreien und eine ganz eigene Bildsprache zu entwickeln. Ob das nun ausreicht, darüber lässt sich streiten, wie sich ohnehin die Geister hier etwas scheiden. Die Geschichte um einen ambitionierten Mörder ist gleichzeitig ein typischer Film des Dänen und dabei irgendwie profillos, böse und banal in einem. Das ist auf seine Weise interessant und sehenswert. Nach der fünfjährigen Wartezeit aber doch etwas wenig.



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Mit „The House That Jack Built“ zeigt Lars von Trier erneut seine Lust an der Provokation, wenn er einen Serienmörder aus dem Nähkästchen erzählen lässt. Teilweise ist das erwartbar böse, durchtränkt von schwarzem Humor, teilweise aber auch unnötig aufgeblasen und irgendwie banal. Und insgesamt zu lang: Die vielen pseudophilosophischen Exkurse bearbeiten die Nerven stärker, als es die eigentlichen Morde tun.
6
von 10