Psychopaths

Psychopaths

„Psychopaths“, USA, 2017
Regie: Mickey Keating; Drehbuch: Mickey Keating
Darsteller: Larry Fessenden, James Landry Hébert, Ashley Bell

PsychopathsEs hätte so schön sein können! Da wurde der gefürchtete Serienmörder Charles Starkweather (Larry Fessenden) endlich gefasst und sieht auf dem elektrischen Stuhl seinem wohlverdienten Bratende entgegen. Und was macht der Kerl? Verflucht den Rest der Welt und kündigt dabei an, dass ihm andere bald nachfolgen werden, die in seinem Sinne andere abmurksen. Der Prophet sollte dabei recht behalten. Ob der undurchsichtige Strangler (James Landry Hébert) oder Schauspielerin Alice (Ashley Bell) – sie alle sind während der mörderischen Nacht mit Herzblut dabei, wenn es darum geht, anderen das Leben etwas zu verkürzen.

Kaum ein Beitrag des Fantasy Filmfests 2017 war ärgerlicher als dieser. Nicht weil Psychopaths der schlechteste Film der berühmt-berüchtigten Genretour war. Diese Krone trug der Ultratrash Trench 11 mit ziemlichem Stolz. Er war vielleicht auch nicht der langweiligste, obwohl er sich schon sehr zieht. Aber es war und ist ungemein frustrierend, wie ein Film, der einerseits ein wahres Feuerwerk an Ideen abfeuert, gleichzeitig keine Ahnung hat, was er erzählen will. Beispiele für style over substance gibt es im Blockbusterkino ja nun mehr als genug, wo visuelle Finesse inhaltliche Tristesse übertüncht. Im Bereich des Indie-Horrorfilms ist Psychopaths aber schon fast einmalig, wie weit die Schere hier auseinandergeht.

Verspielte Stilexperimente
Dass Mickey Keating ganz gerne mal in vergangenen Horrorschatztruhen plündert, das hat er zuvor schon ein paar Mal bewiesen, zuletzt in der 70er-Jahre-Brutalo-Hommage Carnage Park. Und auch in Psychopaths wird er dieser Liebe Ausdruck verleihen. Das deutet sich schon durch die Einleitung an, wenn Charles Starkweather gegrillt wird. Denn der trieb Ende der 50er sein Unwesen. Genauer ermordete der damals erst 19-Jährige innerhalb von zwei Monaten elf Menschen. Dass sein filmisches Pendant Larry Fessenden dabei schon weit jenseits der fünfzig ist, passt zu einem Film, der ganz gerne mit Dingen spielt, ohne dabei aber ein erkennbares Ziel zu verfolgen.

Zumindest zeitweise lässt man sich von dieser Verspieltheit auch gern ein wenig anstecken. Da dreht sich die Kamera mal auf die Seite, das Geschehen wird in parallelen Splitscreens erzählt. Hinzu kommt ein ausgiebiges Herumexperimentieren mit Farben, die meist dunkel und doch sehr expressiv sind. Die musikalische Begleitung fügt sich da nahtlos in das stilistische Potpourri ein: Psychopaths ist an vielen Stellen weniger Film als vielmehr audiovisuelles Experiment. Wer für solche offen ist, vielleicht auch selbst Liebhaber vergangener Horrorwerke, der bekommt in dieser (alb-)traumartigen Aneinanderreihung surreal-sadistischer, mit Anspielungen gespickter Momente eine Menge geboten.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann töten sie noch heute
Anders die Zuschauer, die ganz gern auch einen Inhalt zu dem Farbhexenkessel hätten. Der war Keating nämlich egal. Die verschiedenen Handlungsstränge der Horrornacht begegnen sich zwar hin und wieder mal, was zumindest ansatzweise für Spannung sorgt: Wenn fast alle Charaktere eines Films Mörder sind, weiß man schließlich nie, was passiert. Psychopaths verpasst es aber, daraus auch tatsächlich so etwas wie ein narratives Werk zu machen. Eigentlich sieht man nur fast anderthalb Stunden zu, wie mal der eine, dann die andere jemanden tötet. Wir erfahren aber nichts über Opfer und Täter, Motivationen gibt es in dem Rausch ohnehin nicht. Zartbesaitete werden das vielleicht moralisch anstößig finden, wie hier noch nicht einmal versucht wird, das Zelebrieren des Tötens zu verbergen.

Das größere Problem ist aber, dass Psychopaths recht schnell anfängt zu langweilen. Wenn die Begeisterung über die Stilistikfingerübungen nachlassen, bleibt nicht mehr viel, wofür sich der Film lohnt. Sie morden und morden und morden, bis der Film vorbei ist. Weder die Stränge noch der Rahmen kommen dabei zu einem befriedigenden Ende. Die Nacht ist vorbei, die Leute sind tot und man weiß als Zuschauer nicht, was die wirre Odyssee denn nun gebracht haben soll – sofern man nicht gerade selbst etwas Zeit totschlagen wollte. Als Kurzfilm hätte das sehr eindrucksvoll sein können, für einen Spielfilm ist das dann aber doch zu wenig.



(Anzeige)

Hilfe, die Serienmörder sind los! Wenn Mickey Keating in „Psychopaths“ die Nacht zu einem blutigen Albtraum macht, dann ist das ein stilistisches Feuerwerk ohnegleichen. Eine Zeit lang fesseln die visuellen Spielereien in Zusammenarbeit mit den Genrezitaten zweifelsfrei. Leider verzichtet der Film darauf, aus der Anhäufung von Mordszenen eine wirkliche Geschichte machen, sodass die Faszination zu schnell der Langeweile Platz macht.
4
von 10