Dumbo
© Disney

Dumbo (1941)

(OT: „Dumbo“, Regie: Ben Sharpsteen, USA, 1941)

DumboFast hatte Mrs. Jumbo ja schon die Hoffnung aufgegeben, dass auch sie einmal Nachwuchs haben wird. Doch da ist er nun, der Storch hat ein niedliches, kleines Elefantenbaby bei ihr abgegeben! Schön, die Ohren sieht ein klein wenig groß. Aber was eine liebende Mutter ist, die kümmert sich nicht um solche Details. Die anderen dafür mehr. Das als „Dumbo“ verunglimpfte Junge muss sich ständig Spott von anderen anhören. Als selbst die Besucher des Zirkus sich über ihn lustig machen, schlägt Mama Elefant empört zurück. Doch damit wird alles noch schlimmer: Mrs. Jumbo wird nun einzeln gehalten, ihr Sohn wird zum Mittelpunkt peinlicher Nummern. Nur die Maus Timothy hält zu dem einsamen, grauen Außenseiter.

Es darf ruhig auch mal eine Nummer kleiner sein, dachten sich die Verantwortlichen bei Disney, als sie mit Dumbo ihren vierten abendfüllenden Animationsfilm angingen. Das betrifft zum einen die Länge des Werks, die mit 64 Minuten gerade mal so noch für einen Spielfilm qualifiziert. Es betrifft aber auch Inhalt und Umsetzung desselben – beides ist deutlich bescheidener als noch bei den drei Vorgängern. Einfachheit ist Trumpf, so lautet das Motto hier, man orientierte sich wieder stärker an den früheren Cartoons anstatt den Kinogroßproduktionen.

Schnell und billig soll es sein
Ganz freiwillig war die Reduktion jedoch nicht. Disney, die mit Schneewittchen und die sieben Zwerge einen riesigen Hit landen konnten, kämpften in den 40ern mit den durch den Zweiten Weltkrieg bedingten Besucherausfall in Europa und Asien. Schon Pinocchio wurde so zum Verlustgeschäft, Fantasia war gar ein finanzielles Desaster. Es mussten neue Einnahmen her, schnell und mit möglichst geringen Kosten.

Das sieht man Dumbo auch zu jeder Zeit an. Die geradezu verschwenderischen Öl-Hintergründe von Pinocchio wichen simplen, detailarmen Flächen aus Wasserfarben. Hin und wieder gibt es kleinere Spielereien wie Regeneffekte an den Fenstern. Aber das ist eher die Ausnahme, der Film ist hübsch anzusehen, aber nicht unbedingt beeindruckend. Dafür gaben sich die Animationskünstler bei den Protagonisten besonders viel Mühe: Wohl auch um die spärlichen Dialoge auszugleichen – Dumbo selbst sagt während des ganzen Films kein Wort –, sind Mimik und Gestik umso aussagekräftiger gestaltet. Was wer fühlt oder denkt, bedarf keiner verbaler Erklärungen: Ein Blick genügt.

Ein ernster Trip zwischen allen Gefühlen
Das macht den Film im Vergleich zu den ohnehin schon familienfreundlichen Vorgängern endgültig zu einem Werk für Kinder. Alles ist leicht verständlich, Zwischentöne gibt es in dem bonbonfarbenen Mini nicht. Banal ist Dumbo deshalb aber nicht. Gerade das Themea Ausgrenzung von Andersartigen ist bis heute wichtig, angesichts eines zunehmenden Cybermobbings vielleicht sogar mehr denn je. Hinzu kommt, dass der Film recht ungeniert, dafür sehr erfolgreich an die Gefühle des Publikums appelliert. Die reichen von Rührung, wenn Dumbo ein Bad nimmt und mit seiner Mutter Verstecken spielt, bis zu Trauer und Wut, wenn der Kleine mal wieder von anderen gepiesackt wird.

Zwischendurch gibt es zudem ein wenig Humor, was vor allem auf die Nebenfiguren zurückzuführen ist: Maus Timothy, der in der Umkehrung eines alten Klischees, des Elefanten bester Freund ist, und die Krähen, denen Dumbo später begegnet. Die vielleicht berühmteste – oder auch berüchtigste Szene – ist jedoch die, wenn die beiden Hauptdarsteller infolge eines unfreiwilligen Champagnergenusses halluzinieren und von pinkfarbenen Elefanten träumen. Kurios, skurril, geradezu surreal: Dumbo nähert sich hier dem späteren Trip in Alice im Wunderland an. Ein bisschen was steckt also schon drin in dem Disney-Quickie. Es ist aber eher der Charme und die unverschämte Niedlichkeit, welche den Film zu einem verspäteten Klassiker werden ließen. Die Universalität der Gefühle, die hier transportiert werden und die einen selbst wie ein Kind fühlen lassen. Umso gespannter darf man sein, ob Tim Burton diesem Erbe gerecht wird, wenn 2019 seine Live-Action-Neuauflage in die Kinos kommt. Immerhin steht fest, dass einige der Lieder aus dem oscargekrönten Soundtrack wieder dabei sein werden. Und das namhafte Ensemble – Eva Green, Colin Farrell, Danny DeVito und Michael Keaton – hat auch noch keinem Film geschadet.



(Anzeige)

Einfachheit ist Trumpf: Im Gegensatz zu den inhaltlich wie visuell ambitionierten Vorgängern ist der vierte abendfüllende Animationsfilm von Disney eher bescheiden. Was ihm an technischer Brillanz oder spannender Handlung fehlt, das macht er durch die Persönlichkeit und pure Emotionalität aber wieder wett. „Dumbo“ ist niedlich, witzig und vor allem für kleine Kinder empfehlenswert.
7
von 10