The Critic

(„The Critic“ dirrected by Ernest Pintoff, 1963)

The CriticBevor Mel Brooks in den 70ern und 80ern für Komödienklassiker wie Blazing Saddles – Der wilde wilde Westen und Spaceballs bekannt wurde, war er bereits für zwei oscargekrönte Produktionen verantwortlich. Während sein Regiedebüt Frühling für Hitler, welche ihm eine Trophäe für das beste Originaldrehbuch einbrachte, später als Musical einen zweiten Frühling erlebte, ist The Critic heute eher in Vergessenheit geraten. In dem 1963 entstandenen und im folgenden Jahr als bester Kurzfilm ausgezeichneten Animationsmini schlüpft Brooks in die Rolle eines 70-jährigen Kinogängers, der mit russischem Akzent seinen Unmut über das Gezeigte kundtut

Inspiriert wurde er dabei von einem persönlichen Erlebnis: Brooks war ein Jahr zuvor in der Vorstellung eines animierten Kurzfilms von Norman McLaren gewesen, der aus einer Aneinanderreihung von surrealen, abstrakten Bildern bestand – zum Leidwesen eines älteren Immigranten, der sich so gar nicht damit anfreunden konnte. Regisseur Ernest Pintoff, der sich überzeugen ließ, aus dieser Erfahrung einen eigenen Kurzfilm zu machen, ließ in The Critic nun seinerseits eine von McLaren inspirierte Bilderflut auf Brooks los, der in improvisierten Schimpftiraden über das künstlerische Werk herzieht.

„It must be some symbolism. I think it’s symbolic of junk.“

Für Brooks, nie verlegen, wenn es darum ging, sich über andere lustig zu machen, ist das natürlich eine ideale Bühne – er darf hier gleichzeitig ein kunstunkundiges Publikum sowie prätentiöse Künstler durch den Kakao ziehen, die den Wert eines Werks anhand dessen Unverständlichkeit messen. Denn viel zu verstehen gibt es hier nicht: Etwas mehr als drei Minuten lang werden abstrakte Pop-art-Animationen eingeblendet, dazu gibt es Cembalo-Musik von Bach. Wenn sich der namenlose Erzähler darüber mokiert, der Künstler könne doch sicherlich besseres mit seiner Zeit anfangen, etwa einen Schuh anfertigen, dann dürfte er so manchem frustrierten Zuschauer aus der Seele sprechen. Gerade auch solchen, die ihren Frust für sich behielten und brav applaudierten, um ihr eigenes Unverständnis nicht zu zeigen.

Ein bisschen lässt einen Brooks mit seinem grantigen Monolog dann auch darüber nachdenken, welche Aufgabe Kunst eigentlich hat. Welche Aufgabe Kunstkritiker haben. Lässt sich Kunst überhaupt beurteilen? Was sind die Kriterien? Die Gedanken werden aber nur impliziert, für mehr Tiefgang reicht die Zeit nicht, vermutlich auch nicht die Ambitionen von Brooks. Aber selbst wer aus dem Dreiminüter nicht mehr machen mag, der darf sich an den respektlos-sarkastischen Kommentaren des unzufriedenen Opas erfreuen, welche die Absurdität des Experimentalfilms immer wieder auf den Punkt bringt.



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In „The Critic“ lassen Ernest Pintoff und Mel Brooks einen älteren Herrn an einem animierten Experimental-Kurzfilm verzweifeln. Das ist in erster Linie komisch, stellt nebenbei aber auch satirisch das Verhältnis von Publikum und Kunst in Frage.
7
von 10