Goshu der Cellist

Goshu, der Cellist

(„Sero Hiki no Gōshu“ directed by Isao Takahata, 1982)

Goshu der Cellist
„Goshu, der Cellist“ ist als Bonus-Feature auf der DVD „Anja und die vier Jahreszeiten“ erhältlich

Talent hat er ja, der junge Goshu. Aber trotzdem will das mit dem Cellospiel in seinem Orchester nicht recht klappen. Immer wieder wird er von seinem Dirigenten ermahnt, soll laut diesem mal im falschen Tempo spielen, dann wieder ist es die fehlende Leidenschaft, die kritisiert wird. Und das ist schlecht, denn die Zeit drängt: In nur zehn Tagen steht ein großes Konzert an, bis dahin muss das alles sitzen. Entsprechend frustriert geht er abends seinen Übungen nach, würde am liebsten nur von allen in Ruhe gelassen werden. Erfüllt wird dieser Wunsch nicht, denn jede Nacht klopft ein anderes Tier an seiner Tür und stört ihn mit einem neuen, seltsamen Anliegen.

Während eingefleischte Animationsfan bei dem Namen Isao Takahata glänzende Augen bekommen, hat der Veteran beim Mainstreampublikum nie den Stellenwert einnehmen können, den sein Studio-Ghibli-Kollege Hayao Miyazaki genießt. Schon seine Ghibli-Werke sind – mit Ausnahme von Die letzten Glühwürmchen vielleicht – eher Geheimtipps. Und das gilt ganz besonders für seine Frühwerke, die vor der Gründung des legendären Animationsstudios entstanden sind und die selbst Animefans häufig kein Begriff sind. Das mag letztendlich auch daran liegen, dass viele davon nur schwer zu bekommen sind: Horus, Prince of the Sun, Lupin III und Chie the Brat sind erst gar nicht in Deutschland erschienen, Goshu, der Cellist nur versteckt als Bonusfeature der DVD von Anja und die vier Jahreszeiten.

Das ist durchaus etwas schade, wenngleich die bereits vierte Adaption einer Kurzgeschichte von Kenji Miyazawa (Night on the Galactic Railroad, Das Leben des Budori Gusko) eher zu den schwächeren Werken des Japaners gehört. Schon die optische Gestaltung ist meilenweit von der visuellen Finesse entfernt, die wir von Studio Ghibli gewohnt ist. Die etwas schwammigen, gemalten Hintergründe des eher unbedeutenden Animationsstudios Oh! Production bieten relativ wenig fürs Auge, das ist hier wie die Animationen auch schon alles ziemlich einfach gehalten. Besser sieht es bei den Designs aus: Die Menschen sind recht realistisch, vor allem aber die knuffigen Tiere reißen einen aus der auch farblichen Tristesse. Dafür gibt es, wie man es bei einem Film über einen Cello-Spieler erwarten kann, einiges für die Ohren. Beethoven spielt eine große Rolle, ist zudem auch für einen kleinen visuellen Gag zu haben.

Wirklich lustig ist Goshu, der Cellist ansonsten aber nicht, auch wenn man das angesichts der diversen tierischen Protagonisten erwarten könnte. Stattdessen erleben wir einen zornigen, herablassenden, manchmal geradezu sadistischen jungen Mann, der durch seine nächtlichen Besuche zu sich und zur Musik findet. Das ist durchaus fantasievoll, manchmal sogar leicht surreal, insgesamt aber recht unspektakulär und etwas ereignislos. Der knapp einstündige Film hat weder den Witz von Takahatas Chie the Brat oder Pom Poko, noch den emotionalen Zug von Die letzten Glühwürmchen oder Tränen der Erinnerung. Stattdessen plätschert der Anime ein wenig vor sich hin, lässt seine eher unsympathische Titelfigur – die an anderer Stelle auch Gauche geschrieben wird – ein bisschen sprunghaft entwickeln und ist dann plötzlich vorbei. Nett ist das schon und für Sammler und historisch Interessierte sowieso ein kleines Muss. Der Rest muss sich aber auch nicht ärgern, wenn er den Film bislang versäumt hat.



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„Goshu, der Cellist“ ist eines der unbekannteren Werke der Animelegende Isao Takahata. Und eines der schwächeren. Optisch ansprechend ist der simple Film trotz netter Designs nicht, auch inhaltlich ist die Geschichte um einen Cellisten, der dank einiger Tiere zu sich findet, relativ unspektakulär.
6
von 10