Citadel – Wo das Böse wohnt

Citadel – Wo das Böse wohnt

(„Citadel“ directed by Ciaran Foy, 2012)

Citadel – Wo das Böse wohntDie Angst vor engen, abgeschlossenen Räumen ist eine, mit der sich sicher viele irgendwo identifizieren können. Schließlich muss man nicht an Klaustrophobie leiden, um sich in Fahrstühlen unwohl zu fühlen. Insofern verwundert es auch nicht wirklich, wenn Horrorfilme oft und gerne auf entsprechende Orte zurückgreifen, um die Spannung nach oben zu treiben: Tunnel, Lüftungsschächte oder auch Keller. Aber eine Agoraphobie, die Angst vor weiten Plätzen? Die ist schon deutlich seltener, weshalb sie auch in Filmen nur selten eine Rolle spielt.

Dass so eine Phobie fast noch fieser ist, beweist der irische Regisseur und Drehbuchautor Ciaran Foy in seinem ersten Langfilm Citadel – Wo das Böse wohnt. Seit Tommy Cowley (Aneurin Barnard) mitansehen musste, wie seine Frau Joanne von Jugendlichen in Kapuzenpullis zu Tode geprügelt wurde, traut er sich nicht mehr aus seiner neuen Sozialwohnung. Zwar nimmt er regelmäßig an Gruppentherapiesitzungen teil, lebt ansonsten aber zurückgezogen mit seiner kleinen Tochter in seinem Zuhause. Einen Fuß vor die Tür setzen? Unmöglich! Was ein richtiges Problem ist, wenn gleichzeitig die Mörder noch da draußen rumlungern und nur darauf warten reinzukommen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt ihm ein eigenartiger Priester (James Cosmo) zu verstehen, dass hinter den Angreifern mehr steckt als nur missratende Jugendliche und diese es auf seine Tochter abgesehen haben. Der Ursprung des Bösen, so die Überzeugung des exzentrischen Geistlichen, liegt in genau dem Hochhaus, in dem Joanne zu Tode kam – dem heruntergekommenen, inzwischen unbewohnten „Citadel“.Citadel – Wo das Böse wohnt Szene 1

Zunächst wirkt Citadel – Wo das Böse wohnt wie eine Mischung aus Thriller und Sozialstudie. Tommy gehört zu den Verlierern der Gesellschaft, ein Sozialhilfeempfänger, alles um ihn herum ist verlassen, von der Politik und den Menschen vergessen. Die Polizei kommt hier schon lange nicht mehr vorbei, und auch der Bus lässt sich im sozialen Brennpunkt nur einmal pro Tag sehen. Nur Marie (Wunmi Mosaku) versucht in ihrem Hospiz, den Leuten Halt zu geben und auch Tommy davon zu überzeugen, dass die Kids aufgrund von Vernachlässigung so geworden sind und einfach mehr Liebe und Aufmerksamkeit bräuchten.

Doch die Gewalt ist mehr als das Ventil von Trostlosigkeit und Ohnmacht, später wendet sich die britisch-irische Koproduktion nämlich auch dem Übersinnlichen zu. Ob es das gebraucht hätte, ist sicher Ansichtssache, zumal es zum Ende etwas krude und unlogisch wird und auch nicht alles ganz durchdacht und kongruent wirkt. Wo Citadel sein Können zeigt, und das richtig gut, sind aber die Bereiche Atmosphäre und Spannung. Gerade bei den packenden Belagerungsszenen in der ersten Hälfte dürfte sich so mancher Zuschauer tief in die Armlehnen krallen, wenn Foy mit minimalen Mitteln sehr effektiv das Maximum aus dem Home-Invasion-Genre herausholt.Citadel – Wo das Böse wohnt Szene 2

Aber selbst wenn nichts passiert und Tommy nur durch die menschenleeren Straßen läuft, ist das so beklemmend inszeniert, mit vielen unterkühlten, blassen Farben, dass man auf einmal sehr gut versteht, wie einem weite Plätze Angst machen können. Beeindruckend ist aber auch Hauptdarsteller Aneurin Barnard: Anfangs ist sein Tommy ein normaler junger Mann mitten im Leben, wird später aber zu einem glaubhaft gespielten psychischen Wrack. Wenn sich der leichenblasse Jugendliche mit tiefen Augenringen, gebückter Haltung und kleinen Trippelschritten durch die Gegend zittert, wird er so sehr zur Verkörperung eines Opfers, dass selbst Pazifisten zum Täter werden.

Citadel – Wo das Böse wohnt ist seit 22. Oktober auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Die Atmosphäre ist beklemmend, die Hauptfigur glaubhaft gespielt: Dem irischen Regisseur und Drehbuchautor Ciaran Foy ist mit seinem ersten Langfilm Citadel – Wo das Böse wohnt ein düsterer und spannender Horrorfilm geglückt, dessen Geschichte später aber etwas krude und unlogisch wird.
7
von 10