Blood Letter

Blood Letter

(„Thiên Mệnh Anh Hùng“, directed by Victor Vu, 2012 )

Das Prinzip der Blutrache ist hierzulande ja ein klein wenig aus der Mode gekommen. Sein eigenes Leben aufs Spiel setzen für etwas, das dem Großvater vor vielen Jahren zugestoßen ist? Kaum denkbar. Dafür sind wir dann doch viel zu sehr mit unserem eigenen Leben beschäftigt. Das sehen asiatische Filmemacher bekanntermaßen ein wenig anders und bauen so aus dem Motiv in schöner Regelmäßigkeit mehr oder weniger schöne Filme, die sie vor einigen hundert Jahren spielen lassen. Schließlich wirken traditionelle Werte glaubwürdiger vor historischer Kulisse. So auch bei Blood Letter.

Stein des Anstoßes ist dieses Mal ein Verrat, und was für einer! Der mächtige Nguyen Trai wird angeklagt, Schuld am Tod des Königs zu sein. Es versteht sich von selbst, dass auf dieses Verbrechen die Todesstrafe steht. Und das nicht nur für den Beschuldigten selbst: Um ein Exempel zu statuieren, wird auch gleich der Rest des Nyuyen-Clans hingerichtet. Alle bis auf einen kleinen Jungen, den Enkel des Nobelmannes. Verborgen vor den Augen der Welt, wächst der Junge wohl behütet in einem Kloster auf. Erst zwölf Jahre nach dem Massaker erfährt er, dass er Nguyen Vu (Huynh Dong) ist, der letzte Nachfahre seines Großvaters. Ganz schön was zu verdauen für den jungen Mann. Aber es kommt noch dicker: Gerüchten zufolge steckte hinter dem Mord damals jemand ganz anderes, und zwar Königinmutter Tuyen Tu Thai Hau (Van Trang).

Genug Gründe also für Nguyen Vu, dem Palast einen Besuch abzustatten, die Wahrheit aufzudecken und die Ehre seiner Familie wiederherzustellen. Und sei es mit Gewalt. Kein allzu originelles Vorhaben, wie der begabte Kämpfer bald feststellt. Auch die schöne Hoa Xuan (Midu) sinnt auf blutige Rache für ihre Familie, der Adel wiederum würde liebend gern selbst den nächsten König stellen. Doch dafür braucht er den sagenumwobenen Blutbrief, der recht pikante Details über die Königinmutter enthalten soll und von allen Seiten entsprechend fiebrig gesucht wird – koste es, was wolle.

Soviel zur Hauptgeschichte, die auf einem Roman von Bui Anh Tan basiert. Ordentlich erzählt, hat man zuweilen jedoch den Eindruck, dass nicht alles konsequent bis zu Ende gedacht und erzählt wurde. Vor allem der gelegentliche Ausflug ins Fantastische wirkt aufgesetzt und schlicht unnötig. Zumindest gibt die Handlung aber genug her für zahlreiche Actionszenen – und die können sich durchaus sehen lassen. Im Stil der bekannten Wuxia-Filme gehalten, können auch hier die Protagonisten quasi an Wänden entlanglaufen und beherrschen ihre Waffen fast unnatürlich gut. Fast schon unnatürlich schön sogar sind die Landschaften, die eindeutig zu den Höhepunkten des Films gehören. So ganz an die Klasse der Genrereferenzen Tiger & Dragon oder Hero reicht Blood Letter trotz schöner Bilder aber dennoch nicht ran. Dafür waren die Kampfeinlagen dort noch ein ganzes Stück eindrucksvoller und auch die Geschichten interessanter.

Blood Letter ist seit 16. November auf DVD und BluRay erhältlich



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Wer bis jetzt Martial-Arts-Streifen nichts abgewinnen konnte, dürfte auch mit Blood Letter nicht vom Gegenteil überzeugt werden - dafür hält sich der Film an zu viele Konventionen. Freunde gut choreografierter Kampfszenen vor historischer Kulisse finden aber mit dem vietnamesischen Beitrag einen Vertreter, der sich vor dem Gros der Konkurrenz nicht verstecken muss und neugierig macht, was wir in Zukunft aus dem bislang kleinen Filmland sonst noch erwarten dürfen.
6
von 10