
An dokumentarischen Filmen oder Serien, die einzelnen Menschen gewidmet sind, mangelt es natürlich nicht. In schönster Regelmäßigkeit kommen diese heraus und beleuchten das Leben bekannter Leute. Der Grund für diese Bekanntheit kann dabei sehr unterschiedlich sein. Zuletzt gab es Werke, die sich Musikern (Avicii – Ich heiße Tim, Piece by Piece), dem Sport (Das Football-Rätsel: Aaron Rodgers) oder dem Filmemachen (Julia Reichert: Der Traum vom Filmemachen) annäherten. Also alles Bereiche, durch die man zu Ruhm und Fans kommen kann. Mit Nonkonform kommt nun ein weiterer Film bei uns in die Kinos, der das Leben eines einzelnen Menschen beleuchtet. Allerdings dürfte der Name Dietrich Kuhlbrodt auf Anhieb eher weniger Leuten etwas sagen.
Überall und nirgends
Das heißt aber nicht, dass er nichts Bemerkenswertes geleistet hat. Manche werden ihn beispielsweise aus dem Filmbereich kennen. So hat er in ein paar Dutzend Titeln mitgespielt, darunter in Das deutsche Kettensägenmassaker an der Seite seiner Frau Brigitte. Er hat aber auch viel über Filme geschrieben sowie einige Bücher. Völlig fern von Filmen war seine Tätigkeit als Oberstaatsanwalt, damals machte er Jagd auf Nazis. Was das mit seiner künstlerischen Laufbahn zu tun hat? Eigentlich nichts. Und doch irgendwie alles, so richtig schlau wird man aus dem Tausendsassa nicht, wenn er über seine Vergangenheit spricht. Dafür ist Nonkonform zu sprunghaft, hüpft von Zeit zu Zeit, von Thema zu Thema, so oft, dass einem beim bloßen Zuhören schwindlig werden kann.
Aber das muss ja nicht verkehrt sein. Tatsächlich ist es sogar unterhaltsam, wenn der inzwischen über 90 Jahre alte Mann die Vergangenheit in lebendigen Beschreibungen skizziert. Dass Regisseur und Autor Arne Körner (Gasmann) von seinem Protagonisten fasziniert ist, lässt sich da leicht nachvollziehen. Es macht einfach Spaß, wenn er einen in Nonkonform auf eine Zeitreise mitnimmt, die an den unterschiedlichsten Orten Halt macht. Bemerkenswert dabei ist, dass ihn dabei niemand begleitet. Wo solche biografischen Dokumentationen oft voll sind von irgendwelchen Leuten, die ihre Lobeslieder singen, da wird hier darauf verzichtet. Das bedeutet einerseits, dass außenstehende Stimmen fehlen, die Sachen einordnen oder Kontexte liefern können. Die Gefahr bei einem solchen Zugang ist, dass da jemand sich selbst in einem besseren Licht erscheinen lässt, weil niemand da ist, der widersprechen könnte.
Unterhaltsam und informativ
Andererseits ist Kuhlbrodt niemand, bei dem man das Gefühl hat, er würde darauf Wert legen, dass man ihm huldigt. Er ist auch niemand, der den Regeln folgt, Körner hat für seinen Film nicht ohne Grund den Titel Nonkonform ausgewählt. Wo manche sehr offensiv darum kämpfen, als etwas Besonderes angesehen zu werden, das passiert das bei ihm automatisch. Seine Exzentrik liegt vielmehr in seinem ganz eigenen Blick auf die Welt, verbunden mit einer Neugierde, die ihm auch mit den Jahren nicht abhandengekommen ist. Auf gewisse Weise ist der Dokumentarfilm, der auf mehreren Festivals zu sehen war, dadurch inspirierend. Hinzu kommt die bemerkenswerte Energie, man merkt dem Mann sein hohes Alter kaum an, wenn er munter drauflos redet.
Es kann allerdings mitunter auch etwas ermüdend sein, was auch an der Machart des Films liegt. Während die meisten solcher biografischen Dokus im Wechsel Interview-Szenen mit verschiedensten Leuten sowie historische Aufnahmen zeigen, da besteht Nonkonform überwiegend aus Gesprächsszenen mit dem Protagonisten, der irgendwo sitzt. Visuell ist das dann weniger aufregend, zumal der Film bei einer Laufzeit von knapp zwei Stunden nicht gerade kurz ist. Wer in der Hinsicht aber nichts braucht, primär an den Geschichten interessiert ist, für den ist das hier ein anregender Abend, der unterhaltsam und informativ in einem ist.
OT: „Nonkonform“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Arne Körner
Drehbuch: Arne Körner
Musik: Helge Schneider
Kamera: Max Sänger, Elias Müller, Arne Körner
Hofer Filmtage 2024
Nordische Filmtage Lübeck 2024
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