Schleimkeim – Otze und die DDR
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Schleimkeim – Otze und die DDR von unten

„Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“ // Deutschland-Start: 14. März 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Auch wenn es inzwischen mehr als dreißig Jahre her ist, dass die DDR abgewickelt wurde und es entsprechend von Jahr zu Jahr weniger Leute gibt, die einen direkten Bezug zu dem Land haben, das Thema wird auf vielfältige Weise am Köcheln gehalten. Mal wird der vergangene Unrechtsstaat genutzt, um heutige Rechtsradikale zu erklären. Filme verweisen gern darauf, um auf irgendwelche alten Verbrechen aufmerksam zu machen, sei es in Familiendramen oder Krimis. Da wird dann oft mit Klischees gearbeitet, die vermeintliche Auseinandersetzung beschränkt sich dann darauf, alte Bilder zu bestätigen. Interessanter sind da schon die gelegentlichen Dokus, die sich einen Aspekt herauspicken. Gerade das künstlerische Schaffen in einem Staat, der Individualismus skeptisch gegenüberstand, ist mit erzählenswerten Geschichten verbunden. Rebellinnen – Fotografie. Underground. DDR war etwa ein spannendes Beispiel. Gleiches gilt für Schleimkeim – Otze und die DDR.

Die Geschichte einer Punkband

Wem der Titel nichts sagen sollte: Bei Schleimkeim handelt es sich um Punkband, die 1980 bei Erfurt gegründet wurde. Dahinter steckten der titelgebende Otze, bürgerlich als Dieter Ehrlich bekannt, dessen Bruder Klaus und Andreas „Dippel“ Deubach. Punk ist natürlich keine Musikrichtung, die man von der DDR erwarten würde. Schließlich geht es darin oft darum, gegen das Establishment zu kämpfen und beherrschende Systeme abzulehnen. Systemkritik, das war im Sozialismus weniger gern gesehen. Aber das machte die Jungs eben auch populär, zumindest bei Teilen der Bevölkerung. Und das auch außerhalb der Landesgrenzen. Tatsächlich erschien DDR von unten, das erste Punkalbum der DDR, offiziell ausschließlich im Westen, nachdem es nach außen geschmuggelt wurde.

Das Künstlerische und das Politische sind immer eng miteinander verbunden, wie der Film klarmacht. Das kann den Inhalt der Kunst betreffen, aber auch Sachen, die im Hintergrund geschehen. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass nach außen hin subversive Künstler in Wahrheit inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes waren. Otze selbst traf sich unter dem Decknamen Richard mit Mitarbeitern einer Polizeiabteilung, die dem Staatssicherheitsdienst unterstellt war. Interessante Geschichten gibt es also einige, die Regisseur Jan Heck, der selbst großer Punkfan ist, da noch einmal ausgräbt. Schleimkeim – Otze und die DDR von unten beschreibt eine komplexe, teils widersprüchliche Situation, bei der bis heute Fragen offen sind.

Vermächtnis über Dritte

Das liegt auch daran, dass der Protagonist nichts mehr zur Dokumentation beitragen konnte. Nachdem Otze 1999 seinen Vater ermordete, lebte er in einer psychiatrischen Anstalt, wo er schließlich 2005 starb. Interviews mit ihm gibt es daher keine, seine Geschichte wird durch Weggefährten erzählt. Das ist natürlich schade, zumal es auch nur wenig Archivaufnahmen gibt. Logisch, wer im Underground unterwegs war, wurde nicht unbedingt ständig gefilmt. Schleimkeim – Otze und die DDR von unten bleibt dadurch ein wenig auf Distanz. Andererseits trägt es aber auch zum Mythos eines Menschen bei, der seine Abgründe hatte und für den Musik eine Möglichkeit war, mit diesen umzugehen.

Gleichzeitig ist diese persönliche Zeitreise der Weggefährten auch ein Porträt der damaligen Zeit. Zwar taugt die Dokumentation nicht so wirklich, um die DDR-Punkszene als solche kennenzulernen, dafür hätte es dann doch noch mehr gebraucht. Es gelingt Heck und seinen Gesprächspartnern aber, das Damalige spürbar zu machen. Schleimkeim – Otze und die DDR von unten ist damit auch für ein Publikum interessant, das weder einen Bezug zur DDR noch der Musikrichtung hat. Der Film hat auch einen gewissen Wohnzimmercharme, wenn man das Gefühl hat, sich wirklich auf ein Bier mit den Zeitzeugen zu treffen, die in Erinnerungen schwelgen, ohne sich dabei einer verklärenden Ostalgie hinzugeben.

Credits

OT: „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Jan Heck
Drehbuch: Jan Heck
Musik: Marian Mierzwa-Hofmann
Kamera: Fabian Weber, Jonas Eichhorn, Robert Schulzmann, Robert Franz, Martin Kadel, Gabriel Sahm, Johanna Amberg, David Schütz, Matea Buzuk

Bilder

Trailer

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Schleimkeim – Otze und die DDR von unten
fazit
„Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“ erinnert an die gleichnamige Punkband, die seinerzeit in der DDR Kultstatus erlangte. Der Film besteht dabei überwiegend aus Interviews, womit er ein wenig auf Distanz bleibt. Dennoch sind da interessante Geschichten dabei, selbst wenn man keinen Bezug zur DDR oder der Musik hat.
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