Die unendliche Erinnerung La Memoria infinita The Eternal Memory
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Die unendliche Erinnerung

„Die unendliche Erinnerung“ // Deutschland-Start: 28. Dezember 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

In guten wie in schlechten Zeiten heißt es oft in Liebesbekenntnissen, welche sich Paare geben, um sich ewige Treue zu schwören. Zu dem Zeitpunkt wissen viele aber nicht, was das tatsächlich bedeutet, eine schlechte Zeit zu haben. Augusto Góngora und Paulina Urrutia, die im Mittelpunkt der Dokumentation Die unendliche Erinnerung stehen, wissen es. Seit 20 Jahren sind der Journalist und die Künstlerin bzw. Politikerin zusammen, haben zwei Kinder zusammen, sich ein Zuhause aufgebaut. Doch all das droht zu verschwinden aufgrund seiner Erkrankung. Alzheimer lautete die Diagnose. Wie viele andere auch verliert Góngora zunehmend sein Gedächtnis, weiß nicht mehr, wer er ist, wo er ist, erkennt andere nicht mehr.

Kampf gegen das Vergessen

Die unendliche Erinnerung befasst sich aber nur zum Teil mit der Krankheit an sich. Es gibt keine Informationen über Alzheimer bzw. Demenz, wir sehen keine Gespräche mit Ärzten oder andere Szenen, in denen die Erkrankung direkt thematisiert wird. Tatsächlich dauert es sogar ziemlich lange, bis das Wort Alzheimer überhaupt mal fällt. Und auch im Anschluss sprechen die beiden relativ wenig darüber. Stattdessen sieht das Publikum Szenen aus dieser Ehe, sowohl vergangene wie aktuelle. Da wird ins Familienarchiv gegriffen und Aufnahmen aus einfacheren Tagen genommen, als beide noch jung waren. Man sieht sie mit der Familie. Aber auch die berufliche Vergangenheit, als Góngora noch als Journalist arbeitete und viel zu der Pinochet-Diktatur gebracht hat.

Dass er in dieser Funktion gegen das Vergessen ankämpfte, macht es umso bitterer, dass seine eigenen Erinnerungen zunehmend verblassen. Immer wieder muss er von Paulina daran erinnert werden, wer sie ist. Manchmal erkennt er sich selbst nicht wieder, wenn er sein Spiegelbild sieht, oder hat umringt von seinen Büchern das Gefühl, dass ihm alles genommen wurde. Die unendliche Erinnerung zeigt auf, was diese Krankheit bedeutet und welche Verluste damit einhergehen. Manches ist so nah dran, dass es schwer wird dranzubleiben, selbst als Unbeteiligte, die vom weit entfernten Kinosessel aus zusehen. Solche Einblicke bringen zwangsläufig immer die Gefahr mit, voyeuristisch zu werden, Leid und Schmerz auszuschlachten.

Persönliche Zeitreise

So weit kommt es aber nicht. Regisseurin Maite Alberdi hat auch so viele schöne und zärtliche Momente dazu gepackt, dass am Ende doch eine Art Querschnitt daraus geworden ist, welcher die verschiedenen Facetten dieser Beziehung aufzeigt. Wenn die zwei beispielsweise miteinander tanzen oder herumalbern, darf man wieder das Gefühl haben, dass alles gutgehen wird. Dass die zwei nicht nur eine Vergangenheit haben, sondern auch eine Zukunft. Die unendliche Erinnerung versteht es also, auch in der Hinsicht Emotionen im Publikum zu wecken. Dafür ist es nicht einmal nötig, die Zuschauer und Zuschauerinnen irgendwie zu manipulieren. Die Szenen sprechen für sich.

Dass der Dokumentarfilm nach der Premiere beim Sundance Film Festival 2023, wo er den Grand Jury Prize erhielt, auf mehreren Filmfesten zu sehen war, ist keine Überraschung. Vergleichbar zum deutschen Kollegen Vergiss mein nicht vor einigen Jahren, der den Demenz-Zerfall der Mutter festhielt, ist Die unendliche Erinnerung ein persönliches Werk geworden. Ein sehr menschliches aus, das unsere Zerbrechlichkeit offenlegt und zugleich die Stärke von Beziehungen aufzeigt. Ein Film, der vom Vergessen handelt und gleichzeitig dagegen ankämpft, wenn wir uns gemeinsam mit einem Paar, das einander alles bedeutet, auf eine Reise durch die Zeit gehen.

Credits

OT: „La Memoria infinita“
IT: „The Eternal Memory“
Land: Chile
Jahr: 2023
Regie: Maite Alberdi
Drehbuch: Maite Alberdi
Musik: Jose Miguel Tobar, Miguel Miranda
Kamera: Pablo Valdés

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2023
Berlinale 2023
DOK.fest München 2023
Zurich Film Festival 2023

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Die unendliche Erinnerung
fazit
„Die unendliche Erinnerung“ begleitet ein Paar, das seit 20 Jahren zusammen ist, nun aber mit Alzheimer zu kämpfen hat. Mal rührend, dann wieder traurig, werden Vergangenheit und Gegenwart gegenübergestellt. Der sehr persönliche Dokumentarfilm geht so oder so zu Herzen, ohne dabei manipulativ werden zu müssen.
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