Smoke Sauna Sisterhood Savvusanna sõsarad
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Smoke Sauna Sisterhood

Smoke Sauna Sisterhood Savvusanna sõsarad
„Smoke Sauna Sisterhood“ // Deutschland-Start: 23. November 2023 (Kino) // 11. April 2024 (DVD)

Inhalt / Kritik

Es gibt wohl keinen Ort, der so intim ist wie eine Sauna. Dort sieht uns jeder, wie wir wirklich sind, wir können nichts kaschieren. Außerdem hocken wir eng aufeinander, was Distanz nahezu unmöglich macht. Manche reagieren auf diese Situation durch ein bewusstes Abschalten, wollen einfach nur für sich sein. Anderer nutzen die Gelegenheit für Gespräche aller Art. Eben solche hält Smoke Sauna Sisterhood fest. Darin lernen wir mehrere Frauen kennen, die in einer abgelegenen Blockhüttensauna in Estland zusammenkommen, immer wieder, und sich unterhalten. Die estnische Regisseurin Anna Hints hat sie begleitet und teilt auf diese Weise diese Erfahrung mit dem Publikum.

Kunstvoller Blick auf den Schmerz

Da liegt im Vorfeld natürlich die Befürchtung nahe, dass das alles schrecklich voyeuristisch wird. Ist es aber nicht, oder zumindest nicht ganz. So haben Hints und Kameramann Ants Tammik Perspektiven und Ausschnitte gewählt, die nicht viel enthüllen. Man sieht selten die gesamten Körper. Stattdessen gibt es einzelne Partien: Beine, Schulter, Brust. Doch schon dadurch wird deutlich, dass die unterschiedlichsten Körperformen vertreten sind, von jung zu alt, von füllig bis schlank. Gesichter werden selten gezeigt, man hört nur die Stimmen der Frauen. Nur wenn die Frauen die Sauna verlassen und sich entweder vor der Hütte aufhalten oder ins Eiswasser steigen, bekommt man ein stärkeres Gefühl für die vollständigen Körper. Letztere Stellen sind dann naturalistischer, innerhalb der Sauna ist die Inszenierung kunstvoller.

Inhaltlich könnte man hingegen schon von Voyeurismus sprechen. Zumindest geht es in den Gesprächen richtig ans Eingemachte. Da wird von einer Krebserkrankung gesprochen, von Missbrauch. Eine erinnert sich daran, wie es war, sich ihren Eltern gegenüber als homosexuell zu outen. Vieles hier ist so intim, dass man sich zuweilen fragt, ob denn die Frauen auch irgendwelche alltäglichen Themen hatten und sich Hints gezielt die harten Momente herausgepickt hat. Denn hart kann Smoke Sauna Sisterhood werden, sehr hart sogar. Da sind Passagen dabei, die einen sehr betroffen machen. Auch ohne die Kontexte zu kennen oder die Frauen zu sehen, gehen einem manche Bekenntnisse nahe. Diese können dabei über das Einzelschicksal hinaus von Relevanz sein, wenn es beispielsweise um gesellschaftliche, vor allem patriarchale Strukturen geht.

Solidarisch und heilsam

Doch die anderen sind dann zur Stelle. Bewegend ist beispielsweise, wie eine von ihnen zärtlich über den Kopf der anderen fährt, während diese in ihre Abgründe blickt. Überhaupt ist die Truppe – der Titel Smoke Sauna Sisterhood gibt es mehr oder weniger vor – von einer starken Solidarität geprägt. Man ist füreinander da, als Gesprächspartnerin, manchmal auch nur als Zuhörerin. Es entsteht ein starkes Band durch die gemeinsame Zeit. Diese ist übrigens lang: Hints ist nicht einfach einmal vorbeigekommen. Stattdessen handelt es sich um ein Langzeitprojekt, welches über viele Jahre entstanden ist. Dabei wird darauf verzichtet, die zeitlichen Kontexte zu liefern. Zum Teil erschließen die sich durch die sich ändernden Jahreszeiten, wenn sich Grün und Schnee abwechseln. Ein Gefühl für die Chronologie entsteht dabei aber nicht.

Aber das war wohl auch nicht angedacht. Vielmehr ist der Dokumentarfilm, der auf dem Sundance Film Festival 2023 Premiere feierte, dort ausgezeichnet wurde und seither von Festival zu Festival weitergereicht wird, auch Ausdruck einer inneren Säuberung und Heilung. Ein Prozess, der von den Frauen gemeinsam angestoßen wird. Zuweilen hat Smoke Sauna Sisterhood“ dann auch spirituelle Züge, wenn die estnische Tradition der Rauchsauna fortgeführt wird, die seit 2014 auf der Welterbeliste der UNESCO steht. Da werden alte Gesänge angestimmt, das Publikum nimmt an einem Ritual teil, an dessen Ende alle wieder gestärkt hinaus in die weite Welt gehen.

Credits

OT: „Savvusanna sõsarad“
Land: Estland, Frankreich, Island
Jahr: 2023
Regie: Anna Hints
Drehbuch: Anna Hints
Musik: Eðvarð Egilsson
Kamera: Ants Tammik

Bilder

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Smoke Sauna Sisterhood
fazit
„Smoke Sauna Sisterhood“ begleitet über mehrere Jahre hinweg Frauen, die an einer estnischen Rauchsauna teilnehmen. Die Gespräche sind erstaunlich intim bis schmerzvoll, die Inszenierung kunstvoll. Der Dokumentarfilm wird dadurch zu einem Ausdruck innerer Säuberung, aber auch weiblicher Solidarität, die zu Herzen geht.
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