Über den Todespass The Far Country
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Über den Todespass

Über den Todespass The Far Country
„The Far Country“ // Deutschland-Start: 21. Dezember 1954 (Kino) // 8. Oktober 2020 (Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Gegen Ende der 1890er Jahre zieht es viele Menschen, in den Norden der Vereinigten Staaten, wo sie neben eisigen Temperaturen zumindest einen Teil jenes Goldrausches sich versprechen, der Legenden zufolge viele reich gemacht haben soll. Unter ihnen befindet sich der Cowboy Jeff Webster (James Stewart), der zusammen mit seinem langjährigen Freund Ben Tatem (Walter Brennan), schon sehr lange durchs Land zieht. Auf der Fahrt entlang des Klondike macht er die Bekanntschaft von Ronda (Ruth Roman), einer Saloonbesitzerin und Geschäftsfrau, die Gefallen an dem Raubein findet und ihr vor den Gesetzeshütern versteckt. An ihrer Endstation kommt es jedoch zu einem erneuten Problem, denn die Gemeinde Skagway wird von dem korrupten Richter Gannon (John McIntire) kontrolliert, der Webster bei deren erster Begegnung aufgrund einer kleinen Gesetzesüberschreitung gar zum Tode durch Erhängen verurteilt. Dank Rondas Hilfe kann Jeff dann aber nicht nur entkommen, sondern zusammen mit Ben kann er gar die von Gannon beschlagnahmte Viehherde befreien und über den berüchtigten Todespass nach Dawson bringen, wo ihn sein Lohn erwartet.

Während Ronda in Dawson einen Saloon eröffnet, der nach kurzer Zeit zu einem sehr erfolgreichen Unternehmen für sie wird, finden Ben und Jeff Gefallen am Goldschürfen und es dauert nicht lange und die beiden haben ein beträchtliches Vermögen angehäuft. Derweil hat der Goldrausch auch Verbrecher und Banditen angezogen, sodass Dawson dringend einen Sheriff braucht, vor allem da die Bewohner endlich eine richtige Stadt gründen wollen und nicht bloß eine Zwischenstation zu den Goldminen. Auch Gannon hat sich in Dawson breit gemacht und sich durch eine List die Mehrheit der Schürfrechte und Grundstücke der Bewohner ergaunert. Jeff steht ebenfalls auf seiner Abschussliste, doch dieser will sich schnell aus dem Staub machen, bevor es zwischen den Männern zu einer Konfrontation kommt.

Einen Mann, der seinen eigenen Bruder töten könnte.

Obwohl die Karriere von Regisseur Anthony Mann bereits in den 1940er begann, waren es doch in erster Linie seine Western, die er ein Jahrzehnt später drehte, die ihn berühmt machen sollten, allerdings er sehr viel später, nach dem Todes Mann, und dies vor allem dank der europäischen Filmkritik, die bereits früh in Werken wie Winchester’73, Meuterei am Schlangenfluss und Der Mann auf Laramie etwas mehr sahen als „nur“ Western. Ein Beispiel für seine Arbeit innerhalb des Genres ist auch Über den Todespass, bei dem Mann abermals mit Schauspieler James Stewart zusammenarbeitete und eine Geschichte über Gier und Eigennutz erzählt, doch zugleich über einen Helden, der sich selbst der größte Feind ist.

Auf seine Heldenfiguren in den Western angesprochen, beschrieb der Regisseur diese einmal als Männer, die ihre eigenen Brüder umbringen würden. Schon nach wenigen Minuten macht er Über den Todespass mehr als deutlich, wie dieser Protagonist tickt, der seinen beiden Helfern abschätzig deren Revolver zuwirft und sie zwischen ihrem Geld und ihrer Rache wählen lässt, auf die sie nach dem Ableben ihres Freundes immerhin schon lange warten würden. An diesen, wie auch vielen anderen Stellen im Film, geht es mitnichten um eine Art von Prinzip, erst recht nicht um Ehre, denn davon haben sich Helden (sofern dieses Wort überhaupt angebracht ist) wie Jeff Webster bereits seit einiger Zeit entfernt. Im Kontext des Goldrausches wirkt er mehr wie ein Zerrbild jener Gier und Selbstsucht, die viele Menschen antreibt, stets besorgt um den eigenen Vorteil und den Wettbewerb mit den anderen. Sogar seinem jahrelangen Gefährten Ben macht er mehr als einmal unmissverständlich klar, dass er für ihn keine Verwendung mehr habe, wenn er ihm zur Last fallen würde. Anthony Mann zeigt, wie schon in seinen vorherigen Werken, einen moralisch ambivalenten Helden, der jedoch hadert mit dieser Motivation und jener Gesellschaft, deren Teil er bis zu einem gewissen Grade sicherlich sein will.

Moral und Eigennutz

Während in vielen Western die Landschaft beschränkt ist auf ihren reinen Schauwert, dient sie bei Mann einem wesentlich tieferen Sinn. Wie Autor Philip Kemp in seinem Essay The Far Country. Western as Legend beschreibt, erscheint beispielsweise die eisige Landschaft Alaskas oder gar der gefährliche Todespass, den die Gruppe um Webster durchqueren muss als eine Art Spiegelbild des Helden, der buchstäblich eiskalt kalkuliert, was sein Vorteil sein könnte, ohne dabei andere zu denken. James Stewart, bekannt als jener „everyman“, als den ihn bekanntlich immer wieder Alfred Hitchcock besetzte, spielt Jeff Webster als einen Menschen, der in seinem Gegenüber, dem korrupten Richter, letztlich vor allem sich selbst erkennt, immer auf den eigenen Vorteil aus und dabei gleichzeitig sympathisch nach außen hin wirkt. „Ich werde sie hängen, aber ich werde sie auch mögen,“ ist einer der vielsagenden Aussagen, die ihm Gannon gegenüber formuliert.

So ist Über den Todespass letztlich ein Western, der sehr viel mehr zu bieten hat, als man zunächst annehmen mag. Vor allem aber beschreibt Mann den Zwiespalt, in dem sich der Held befindet als einen, der weit über das Individuelle hinausgeht, und die Frage nach der Verantwortung für alle stellt.

Credits

OT: „The Far Country“
Land: USA
Jahr: 1954
Regie: Anthony Mann
Drehbuch: Borden Chase
Musik: Henry Mancini, Frank Skinner
Kamera: William H. Daniels
Besetzung: James Stewart, Ruth Roman, Corinne Calvet, Walter Brennan, John McIntire, Jay C. Flippen, Harry Morgan, Steve Brodie

Bilder

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Über den Todespass
Fazit
„Über den Todespass“ ist eine großartiger Western, der durch seine dramaturgische und psychologische Tiefe besticht. Anthony Mann überzeugt wegen seines Verständnisses der Konventionen des Genres, die er zu einem Porträt einer Mentalität ausweitet, die sich in dem Streit zwischen Held und Antagonist zeigt.
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