Mit Pulver und Blei Chevrotine arte TV Fernsehen
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Mit Pulver und Blei

Inhalt / Kritik

Mit Pulver und Blei Chevrotine arte TV Fernsehen
„Mit Pulver und Blei“ // Deutschland-Start: 11. Februar 2022 (arte)

Vier Jahre ist es mittlerweile her, dass Pierre (Rafi Pitts) seine Frau verloren hat. Noch immer liegt das Unglück wie ein dunkler Schatten über seiner Familie, unter dem auch seine beiden Kinder Marcel (Ernest Cereijo) und Ben (Max Rutkowski) zu leiden haben. Doch nun scheint endlich die Chance gekommen zu sein, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, als der Fischer Laura (Elodie Bouchez) begegnet, die gerade aus Paris in die Bretagne gezogen ist. Schnell entwickeln die beiden Gefühle füreinander, stoßen dabei aber regelmäßig an ihre Grenzen. Vor allem Laura ist immer wieder überfordert mit der Situation und dem Andenken an die Verstorbene …

Eine neue Liebe mit Altlasten

Es ist nie zu spät für einen Neuanfang! Viele Filme haben in den letzten Jahren diese beruhigend-versöhnliche Nachricht unters Volk gebracht, sei es im Hinblick auf eine neue Liebe in einem späteren Lebensabschnitt oder auch eine generelle Neuausrichtung. Mit Pulver und Blei ist keiner dieser Filme. Anfangs lässt einen französische Drama zwar in dem Glauben, dass wir hier das nächste Beispiel einer erfolgreichen Patchworkfamilie zu Gesicht bekommen. Wenn zwei Menschen, die bereits zuvor verpartnert waren und eigene Kinder mitbringen, ist das natürlich oft mit kleineren Anpassungsschwierigkeiten verbunden. Doch sind erst einmal die Hindernisse aus dem Weg geräumt, erwartet die Liebenden und das Publikum ein farbenfrohes Regenbogenland, in dem alle anschließend etwas reicher sind.

Eric Fottorino, auf dessen Roman Chevrotine der Film basiert, hatte offensichtlich etwas anderes im Blick. Während die meisten dieser Patchwork-Geschichten einen Ausgleich zwischen der Vergangenheit und der Zukunft anstreben, da ist in Mit Pulver und Blei die Vergangenheit ein Gefängnis, aus dem sich die Figuren nicht befreien können. Marcel und Ben leiden beispielsweise so sehr unter dem Verlust der Mutter, dass schon eine längere Fahrt des Vaters aufs Meer Angstzustände auslösen kann. Aber auch der Vater hat sich nicht so wirklich gelöst, das gemeinsame Zuhause ist nach wie vor sehr von der Verstorbenen geprägt. Diese Mischung aus Abwesenheit und Präsenz macht daraus einen Ort, der wenig für einen Aufbruch geeignet ist.

Entfremdung statt Annäherung

Mit Pulver und Blei ist dann auch weniger die Geschichte einer Zusammenfindung als vielmehr die einer allmählichen Trennung. Die mit der Situation überforderte Laura treibt mehr und mehr einen Keil zwischen die anderen. Das tut sie jedoch nicht im Stil der bösen Schwiegermutter, wie man sie aus Märchen kennt. Zwar ist auch sie nicht ganz von dieser Welt, wenn sie sich zunehmend in ihrem eigenen Kopf und vor allem dem Gefühlssumpf verliert. Das macht sie aber mehr zu einer tragischen Figur, weniger zu einer bösen. Regisseurin und Drehbuchautorin Laetitia Masson erzählt von einer Frau, die das Glück sucht und dabei das Unglück bringt. Ein disruptives Element, das alles zu zerstören droht, anstatt etwas Neues auf dem bestehenden Fundament zu etablieren.

Sympathisch ist das natürlich nicht. Mit Pulver und Blei ist trotz des Themas Liebe kein Film, den man sich wegen seiner romantischen Komponente anschaut. Szenen des Glücks gibt es, sie sind aber selten und ähneln mehr kleinen Verschnaufpausen. Ansonsten ist das Drama in erster Linie eine Gelegenheit für Elodie Bouchez (Auf dem falschen Dampfer, Black Tide), ihr schauspielerisches Talent zu demonstrieren. Ihre Verkörperung einer fragilen Frau, die in einer neuen Beziehung ihre Position sucht, gehört zu den Stärken des Films. Sie ist gleichzeitig sehr präsent und doch nie ganz da. Das könnte Teile des Publikums frustrieren, zumal die Geschichte über einen langen Zeitraum spielt, dabei aber wenig handlungsintensiv ist. Es kommt hier eben nicht zu den großen Wortgefechten, bei denen Geschirr durch die Gegend fliegt. Stattdessen ist das französische Werk die Geschichte einer Sehnsucht, die mit einer Entfremdung einhergeht. Alle sind sie hier auf der Suche. Aber vergeblich.

Credits

OT: „Chevrotine“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Laetitia Masson
Drehbuch: Laetitia Masson
Vorlage: Eric Fottorino
Musik: Bruno Coulais
Kamera: Emmanuelle Collinot
Besetzung: Rafi Pitts, Elodie Bouchez, Aurore Clément, Jérôme Kircher, Ernest Cereijo, Max Rutkowski, Roman Williams

Bilder

Trailer

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„Mit Pulver und Blei“ folgt zwei Menschen in mittleren Jahren, die sich ineinander verlieben und ihre eigenen Kinder mitbringen. Das klingt nach einem schönen Patchworkfamilien-Film. Stattdessen handelt es sich bei der Romanadaption um ein Drama um Sehnsucht und Entfremdung, wenn alle das Glück suchen, dieses aber nirgends zu finden ist.
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