The Lost Leonardo
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The Lost Leonardo

Inhalt / Kritik

The Lost Leonardo
„The Lost Leonardo“ // Deutschland-Start: 23. Dezember 2021 (Kino)

Ein ganzes Jahrhundert wusste niemand um die Existenz des mysteriösen Ölgemäldes Salvator Mundi, welches Jesus Christus als Heiland der Welt zeigt. Als es 2005 von einem Kunsthändler entdeckt wurde, folgte ein Aufschrei in der Welt der Kunst. Ein verschollener Leonardo Da Vinci – zu schön, um wahr zu sein. Oder doch nur eine Kopie? Fragen über Fragen. Die Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht, gleicht dabei einem Thriller. Dies macht sich schon bei den ganzen Akteuren bemerkbar: Kunsthistoriker, Konservatoren, Kuratoren, Da Vinci-Experten und selbst investigative Journalisten, die CIA und eine FBI-Unterabteilung für Kunstverbrechen sind mit von der Partie. Hinzu kommen jede Menge politische Verstrickungen und am Ende eine Auktion, die in die Geschichte einging. The Lost Leonardo hält dabei die Reise des Gemäldes durch die ganze Welt fest, widmet sich kunsthistorischen Kontexten und zeigt darüber hinaus, wie der Kunstmarkt der Gegenwart aussieht.

Spannung pur

Kunstskandale dringen immer mal wieder an die Oberfläche, man denke nur einmal zurück an den Fall von Wolfgang Beltracchi, der 2011 in den größten Kunstfälscherprozess seit Ende des Zweiten Weltkriegs involviert gewesen ist. Lang ist es her, doch hat sich das Warten nun gelohnt. Die kunsthistorische Dokumentation The Lost Leonardo zeigt in der Hinsicht einmal mehr, dass die Welt der Kunst sehr wohl Spannung und Mysterium in sich trägt, gerade wenn es sich um den wohl bedeutendsten Kunstfund des Jahrhunderts handelt.

Doch von vorn: 2005 wird ein Gemälde entdeckt – in Fachkreise ist die Rede auch von so genannten „Sleepern“ – das erst im Nachhinein dem richtigen Künstler zugeschrieben wird. In diesem Fall kennt ihn wohl jeder: Leonardo Da Vinci, Künstler des letzten Abendmahls und des teuersten Gemäldes der Geschichte: der Mona Lisa. Doch sind die Experten, die sich den damaligen Neufund einmal unter die Lupe nehmen, nicht so ganz sicher. Einige Fragezeichen stehen im Raum und das hat die Kunstwelt für gewöhnlich gar nicht gern, da sich hier alles um Dokumentation, Fakten und die Zurückverfolgung von Gemälden dreht. Ist es also ein echter Da Vinci oder ist es doch nur von einem Nachahmer, handelt es sich ja gar um eine billige Kopie? Man kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis, was die Geschichte einfach so spannend macht. Und doch dreht es sich nur zur Hälfte um das Gemälde an sich, da The Lost Leonardo darüber hinaus sehr viel mehr zu erzählen hat.

Die besten der besten Dokumentationen

Bei den allerbesten Dokumentationen, die es mittlerweile so gibt, ist das Ausschlaggebende meist ähnlich – diese Produktionen heben sich von der Masse ab, indem sie mehr als nur über das eigentliche dokumentarische Subjekt erzählen. The Lost Leonardo ist in der Hinsicht wohl die gelungenste Dokumentation der letzten Jahre, da man sich hier nicht nur auf das Mysterium des Gemäldes fokussiert, sondern darüber hinaus auch die Kunstwelt der Gegenwart sehr präzise beleuchtet. Wenn an einer Stelle beispielsweise aufgezeigt wird, dass allerhand Gemälde in Container gelagert werden und das Licht der Welt für Jahrzehnte nicht gesehen haben, dann ist das schon bezeichnend für die Zeit, in der wir leben. Statt der Kunst geht es heutzutage nämlich um etwas ganz anderes: Geldanlagen und das in manchen Fällen in Milliardenhöhe. Informieren Sie sich also besser nicht, für wie viel der Salvator Mundi am Ende seiner Reise verkauft wurde – das ist nur eine der vielen Überraschungen, die der dänische Dokumentarfilmer Andreas Koefoed in seiner Dokumentation bereit hält.

Große Kunst – Gemälde wie Film

Eben diese Kombination aus kunstwissenschaftlichen Analysen, historischer Dokumentation und der Bezug zu der ökonomischen Seite des Kunsthandels, macht The Lost Leonardo so faszinierend. Wie sich im Gespräch mit Andreas Koefoed zeigt, so ist die Reise jedoch noch lange nicht abgeschlossen, da einzelne Puzzlestücke nach wie vor Fragen aufwerfen und gefühlt jeder Kunstexperte eine andere Meinung zur Echtheit des Gemäldes vertritt. Paradoxerweise hebt sich Koefoeds Werk dadurch aber auch so sehr ab, da man trotz der akribischen Recherche und den unzähligen Interviews mit Experten zu keinem eindeutigen Ergebnis kommt. Am Ende bleibt ein Funke Mysterium. Gerade aus diesem Grund will man noch mehr erfahren und dazu hat man auch jede Menge Möglichkeiten, wie sich am Ende zeigt. Koefoed hat damit das große Ganze erreicht – er zeigt uns, dass Kunst auch ganz spannend sein kann, selbst für Menschen, die damit nicht viel am Hut haben.

Am Ende bleibt so pure Überraschung, einerseits über das Mysterium an sich und andererseits, dass ein Thriller gegenüber allen anderen Produktionen auch einmal ganz anders aussehen kann. Da kann man nur sagen: Chapeau!

Credits

OT: „The Lost Leonardo“
Land: USA, UK, Dänemark, Frankreich, Schweden
Jahr: 2021
Regie: Andreas Koefoed
Drehbuch: Andreas Dalsgaard, Andreas Koefoed, Christian Kirk Muff, Duska Zagorac, Mark Monroe
Musik: Sveinug Nygaard
Kamera: Adam Jandrup
Mitwirkende: Georgina Adam, Martin Kemp, Robert King Wittman, Alexander Parish, Jerry Saltz

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film und seine Hintergrundgeschichte erfahren möchte: Wir haben uns mit Regisseur Andreas Koefoed unterhalten und im Interview einige Fragen zu The Lost Leonardo stellen dürfen.

Andreas Koefoed [Interview]

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„The Lost Leonardo“ widmet sich dem Fund eines Gemäldes, bei dem schnell die Vermutung im Raum steht, es könne von Leonardo Da Vinci sein. Der Dokumentarfilm erzählt von den Versuchen, diese Frage zu beantworten, beleuchtet dabei aber auch den Kunstmarkt als solchen.
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6.8