Polizeiruf 110: Bis Mitternacht
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Polizeiruf 110: Bis Mitternacht

Inhalt / Kritik

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„Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“ // Deutschland-Start: 5. September 2021 (Das Erste)

Mehrere Frauen sind ermordet worden, vermutlich von ein und demselben Mann. Sie wissen auch schon, wer es war, davon ist zumindest Kommissarin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) überzeugt: Jonas Borutta (Thomas Schubert) muss der Schuldige sein. Schon einmal stand er im Verdacht, eine Frau getötet zu haben. Es fehlten jedoch die Beweise, um ihn überführen zu können, weshalb man ihn wieder laufen lassen musste. Die Beweislage ist zwar auch im neuen Fall dürftig, doch Eyckhoff ist fest dazu entschlossen, dass er nicht erneut davonkommt. Und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihn wieder und wieder zu verhören, damit er vielleicht von selbst die Tat gesteht oder sich anderweitig verrät. Dabei stößt sie immer wieder an ihre Grenzen, zumal die Zeit drängt: Wenn sie bis Mitternacht nichts erreicht hat, muss die Polizei ihn wieder laufen lassen …

Täter? Egal

Bei den nahezu täglichen TV-Krimis, die im deutschen Fernsehen laufen, geht es üblicherweise darum, einen Mord aufzuklären und den oder die Täterin zu finden. Irgendwie scheint man sich bei Polizeiruf 110 aber von dieser Idee zunehmend zu verabschieden, wenn man sich die letzten Teile anschaut. Sabine war das Porträt einer Verzweifelten, die irgendwann die Demütigungen und Unterdrückungen dieser Welt nicht mehr hinnehmen will. An der Saale hellem Strand wurde zu einem melancholischen Kaleidoskop der Abgehängten, bei dem der Mord schon zur Nebensache wurde. Bei Frau Schrödingers Katze gab es nicht mal wirklich einen Mord in dem Sinn, sondern richtig viel Geschwurbel, das intelligent gemeint war, aber letztendlich nur auf die Nerven ging.

Bei Polizeiruf 110: Bis Mitternacht geht das nun nahtlos weiter. Die Frage nach dem „wer“ ist beim 393. Fall der auf der ARD laufenden Krimireihe längst beantwortet. Auch das „warum“ hat sich Eyckhoff längst beantwortet. Nur ist wissen eben nicht beweisen. Spannung soll hier nicht mit einer Tätersuche erzeugt werden, sondern mit der Ungewissheit, ob sich der Verdächtige nun verplappert oder nicht. Sonderlich wahrscheinlich ist das nicht, redet er doch in derart verschachtelt konstruierten Sätzen, wie sie sich nur ein Drehbuchautor ausdenken kann. Aber mit Wahrscheinlichkeit oder Glaubwürdigkeit kommt man bei dem Film eh nicht besonders weit. Man sollte nicht erwarten, dass sich die Figuren schlüssig verhalten. Hier macht einfach jeder, was er will, bis es dann irgendwann vorbei ist.

Viel Hektik um nichts

Wobei das gar nicht mal so sehr das Problem von Polizeiruf 110: Bis Mitternacht ist, sieht man einmal vom verhunzten Ende ab. Schlimmer ist, wie unglaublich langweilig das Ergebnis ausgefallen ist. Am mangelnden Willen liegt das nicht. So inszeniert Regisseur Dominik Graf seinen Film mit geradezu übermenschlicher Energie. Vergleichbar zu seinem gefeierten Drama Fabian oder Der Gang vor die Hunde schwirrt er ständig umher, bricht Raum und Zeit auf, lässt ein halbes Dutzend Leute antanzen, die alle nur versuchen, den Verdächtigen zu einem Geständnis zu bringen. Doch während die genannte Romanadaption das nutzte, um eine Welt im Wandel aufzuzeigen, bei der nichts Bestand hat, verkommt das hier zu einem reinen Aktionismus. So viel zu tun und zu machen, um damit auch den Zeitdruck des fast in Echtzeit erzählten Verhörthrillers auszudrücken, ist zwar naheliegend. Wenn dabei aber nichts vorangeht, bringt das eben wenig.

Wenn überhaupt ist es das Geschehen hinter den Kulissen, das noch ein wenig Dynamik in den Stillstand bringt. Wenn die gesamte Polizei mit der Situation überfordert ist, macht das zwar nicht besonders Mut, was deren Arbeit im realen Leben angeht. Aber wie sich anderthalb Stunden lang unsympathische Leute gegenseitig ankeifen und Eitelkeiten aus dem Weg geräumt werden müssen, dann hat man wenigstens das Gefühl, dass die Zeit voranschreitet, wenngleich nicht sonderlich produktiv. Doch allein dafür muss man sich Polizeiruf 110: Bis Mitternacht, das auf dem Filmfest München 2021 Premiere feierte, sicher nicht anschauen. Für einen Film, der sich so sehr auf Psychologie versteift, ist dieses lahme Katz-und-Maus-Spiel ein bisschen sehr schlicht geworden.

Credits

OT: „Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Tobias Kniebe
Musik: Florian van Volxem, Sven Rossenbach
Kamera: Hendrik A. Kley
Besetzung: Verena Altenberger, Michael Roll, Thomas Schubert, Daniel Christensen, Robert Sigl, Birge Schade, Christian Baumann

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„Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“ versucht Spannung zu erzeugen, indem die Polizei unter Zeitdruck einen Verdächtigen zum Geständnis nötigen will. Tatsächlich ist der Verhörthriller aber frustrierend langweilig, wenn nichts vorangeht, weder dramaturgisch noch psychologisch. Allenfalls die sich gegenseitig ankeifenden Polizisten und Polizistinnen, die alle völlig überfordert sind, sorgen für ein wenig Dynamik.
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