Generation Beziehungsunfähig
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Generation Beziehungsunfähig

Inhalt / Kritik

Generation Beziehungsunfähig
„Generation Beziehungsunfähig“ // Deutschland-Start: 29. Juli 2021 (Kino)

Tim (Frederick Lau) genießt sein Leben. Und er genießt die Frauen. Zumindest solange er sie nicht wiedersehen muss, dann wird es für ihn schnell unangenehm. Also springt er von Date zu Date, bricht danach den Kontakt ab, bevor es zu kompliziert wird. Da wartet schließlich immer schon die nächste Frau. Doch dann begegnet er eines Tages Ghost (Luise Heyer), die nach demselben Muster ihre Verehrer abschießt. Dumm für Tim: Ausgerechnet die selbstbewusste, nicht auf den Mund gefallene Fremde hat es ihm so richtig angetan. Das will er aber nicht zugeben. Und auch Ghost hat wenig Interesse daran, aus ihren unverbindlichen Treffen mehr zu machen als ein bisschen Spaß. Für den Frauenheld bedeutet dies eine gewaltige Umstellung, da auf einmal nichts mehr so ist, wie es mal war, und er nun einer Frau hinterherlaufen muss …

Bloß nicht festlegen

Nur mal kurz mit jemandem rumgemacht und schon bleibt man bis an sein Lebensende zusammen? Das war einmal. Inzwischen wird das mit den Bindungen bekanntlich etwas lockerer gesehen. So schön es sein kann, mit jemandem zusammen zu sein, man kann sich auch wieder voneinander lösen. Ganz einfach so. Die Scheidungsrate ist heute um ein Vielfaches höher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Sofern es überhaupt noch zu einer Hochzeit kommt, die Zahl der Eheschließungen ist zeitgleich gesunken. Während sich beide Trends zuletzt wieder etwas umkehrten, ist ein anderes Phänomen deutlich geworden: Die Menschen gehen, unabhängig von einem Eheschein, immer weniger längerfristige Beziehungen ein. In seinen Blogs und Kolumnen, später dem Bestseller-Buch Generation Beziehungsunfähig setzte sich Autor Michael Nast mit diesem Phänomen auseinander, zeichnet das ernüchternde Bild einer Gesellschaft, die sich auf nichts mehr einlassen kann und will.

Dass ein derart erfolgreiches Werk irgendwann auch Filmschaffende inspiriert, verwundert nicht wirklich. Am Ende sicherte sich Matthias Schweighöfers Produktionsfirma Pantaleon Films die Filmrechet. Anstatt diese selbst zu verarbeiten, überließ man die Aufgabe jedoch Helena Hufnagel. Die Wahl war sicher nicht die schlechteste. Die Regisseurin und Drehbuchautorin hatte bereits in Einmal bitte alles bewiesen, dass sie es versteht, die Ziellosigkeit heutiger Generationen aufzuzeigen, erzählte in der Tragikomödie von geplatzten Träumen und sich plötzlich verändernden Lebenswegen. In ihrem zweiten Kinospielfilm Generation Beziehungsunfähig geht es erneut darum, wie Menschen sich nicht so wirklich sicher sind, was sie eigentlich tun sollen. Diese sind dann schon mal überfordert, wenn es darum geht, mit dem Leben voranzukommen.

Suchen an der Oberfläche

Das betrifft bei Tim auch die berufliche Laufbahn: An seinem ersten Roman hat niemand mehr Interesse, sein zweites kommt seit Jahren nicht voran. Also arbeitet er in einer Social Media Agentur oder tut zumindest so. Richtig viel gearbeitet wird dort nicht, was schon als Seitenhieb auf diesen Bereich verstanden werden darf. Generation Beziehungsunfähig befasst sich jedoch weniger mit dem Aspekt. Es gibt auch relativ wenig Aussagen zur Gesellschaft als solcher und wie es dazu kommt, dass heutzutage so wenig Bestand hat. Stattdessen konzentriert sich Hufnagel auf zwei Menschen, die keine Beziehung wollen. Warum sie sich nicht binden wollen, wird dabei nicht eindeutig ausformuliert. Es ist einfach irgendwie so. Da werden mal Anspielungen auf Bindungs- bzw. Verlustängste gemacht. Sonderlich weit in die Tiefe geht das aber nicht.

Generation Beziehungsunfähig bietet allgemein weder große Analysen noch Lösungsansätze. Stattdessen soll das Publikum hier Spaß haben. Zum Teil funktioniert das ganz gut. Es ist schon mit einer gewissen Genugtuung verbunden, wie Tim auf einmal die Erfahrungen durchleiden muss, die er selbst anderen angetan hat. Und natürlich profitiert die Liebeskomödie, die auf dem Filmfest München 2021 Premiere feierte, ungemein von der hochkarätigen Besetzung. Auch wenn Frederick Lau und Luise Heyer nur bedingt die Gelegenheit haben, ihre schauspielerischen Stärken wirklich auszuspielen, funktionieren sie als Paar, das keines sein will, doch sehr gut. Sympathisch ist dabei zudem, dass die Rollen etwas vertauscht sind und die Frau hier mal den Ton angibt.

Braves Konsenskino statt Denkanstoß

Dennoch bleibt der Film letztendlich unter seinen Möglichkeiten. Schade ist dabei vor allem, wie sehr man sich hier am Ende in bekannte und letztlich ziemlich beliebige Konventionen stürzt. Die im Genre schon unzählige Male angewandte Hypothese, dass jeder lieben kann, sofern nur die richtige Person gefunden wurde, wird hier brav aufgesagt. Die leicht anarchische Ausrichtung, die Generation Beziehungsunfähig anfangs hatte, weicht dann zunehmend dem Konsenskino. Das ist natürlich legitim: Wer von einer Liebeskomödie einfach nur ein bisschen Bestätigung möchte, der findet hier eines der besseren Beispiele der letzten Zeit. Trotzdem ist es schade, dass der Film so mutlos ausgefallen ist. Thema und Besetzung hätten deutlich mehr hergegeben als nur ein „weiter so“.

Credits

OT: „Generation Beziehungsunfähig“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Helena Hufnagel
Drehbuch: Hilly Martinek, Helena Hufnnagel
Vorlage: Michael Nast
Musik: Flo August, Matthias Hauck, Nepomuk Heller
Kamera: Andreas Berger
Besetzung: Frederick Lau, Luise Heyer, Henriette Confurius, Verena Altenberger, Tedros Teclebrhan, Maximilian Brückner

Bilder

Trailer

Interview

Luise Heyer Interview generation beziehungsunfaehigWarum fällt es den Figuren so schwer, sich auf jemanden einzulassen? Und was ist das Tolle an der Schauspielerei? Diese und weitere Fragen haben wir Luise Heyer in unserem Interview zu Generation Beziehungsunfähig gestellt.

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„Generation Beziehungsunfähig“ stellt zwei Menschen vor, die keine Partnerschaft wollen, gleichzeitig aber irgendwie schon. Das ist in erster Linie für das Schauspielduo Frederick Lau und Luise Heyer sehenswert. Inhaltlich läuft es mit der Zeit dann doch nur auf das übliche Konsenskino hinaus, das alte Klischees bestätigt, anstatt sich wirklich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
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von 10