Cruella
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Cruella

Inhalt / Kritik

Cruella
„Cruella“ // Deutschland-Start: 27. Mai 2021 (Kino) // 28. Mai 2021 (Disney+) // 19. August 2021 (DVD/Blu-ray)

Estella (Emma Stone) hat einen Traum: Sie möchte als Modedesignerin für die Schönen und Reichen Kleider entwerfen. Ihr eigenes Leben war dabei bislang weniger glamourös. Früh schon verlor sie ihre Mutter, völlig mittellos musste sich die Waise durchkämpfen. Dabei erhielt sie Unterstützung durch die Amateurdiebe Horace (Paul Walter Hauser) und Jasper (Joel Fry), mit denen sie immer wieder kleinere Verbrechen begeht und die zu wertvollen Freunden wurden. Doch damit soll nun Schluss sein. Als sie von Baroness von Hellman (Emma Thompson), Chefin eines bedeutenden Luxusmodehauses, angestellt wird, scheint ihr Traum endlich in Erfüllung zu gehen. Bis sie eines Tages mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird und den wahren Hintergründen, warum ihre Mutter damals sterben musste …

Auf der Suche nach dem nächsten alten Hit

The show must go on! Dass Disney nach großen Erfolgen mit Die Schöne und das Biest, Aladdin und Der König der Löwen an der Strategie festhalten würde, bekannte Zeichentrickfilme noch einmal als Live-Action-Variante zu veröffentlichen, dürfte niemanden verwundern. Kein anderes der großen Studios hat sich vergleichbar stark darauf spezialisiert, alte Hits aufzuwärmen. Nun hat es also auch 101 Dalmatiner erwischt, den inzwischen bereits 60 Jahre alten Animationsklassiker. Die Sache hatte nur einen Haken: Lange vor der aktuellen Schwemme solcher Remakes gab es schon einmal einen Realfilm zu dem Franchise. Genauer waren es sogar zwei. In 101 Dalmatiner (1996) und 102 Dalmatiner (2000) schlüpfte noch Glenn Close in die Rolle der Modeikone, die für ihren Pelzmantel über Hundeleichen geht. Da brauchte es für einen neuen Film also einen anderen Ansatz.

Am Ende entschied man sich dafür, statt einer dritten Fassung derselben Ereignisse ein Prequel zu drehen. Dabei stehen jedoch weder die kleinen Welpen, noch deren Besitzer im Mittelpunkt. Stattdessen beleuchtet Cruella – der Titel deutet es bereits an – die Vorgeschichte der großen Disney-Schurkin und erklärt, wie sie zu dem wurde, wie man sie kennt. Ob das jetzt eine gute Idee war oder nicht, darüber kann man geteilter Ansicht sein. Auf der einen Seite ist es schön, wenn die alten Filme nicht einfach eins zu eins wiederveröffentlicht werden, man zumindest versuchte, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Andererseits dürfte es nur wenige Fans gegeben haben, die schon immer einmal wissen wollten, wie die hundemordende Exzentrikerin als junges Mädchen war.

Willkürlich und überflüssig

Nun könnte die Figur einer jungen Sadistin durchaus spaßig sein. Regisseur Craig Gillespie hatte zuvor mit I, Tonya auch bewiesen, dass die Darstellung skrupelloser Frauen einen hohen Unterhaltungswert haben kann. Das war Disney aber wohl zu heikel, weshalb aus Cruella plötzlich vergleichbar zu Maleficent: Die dunkle Fee als tragische Antiheldin umgedeutet wird. So zeigt sie zwar schon als Kind eine gewisse Härte. Doch die nutzt sie, um sich mit Bullys anzulegen. Und auch später wird Estella, wie sie mit eigentlichem Namen heißt, als jemand charakterisiert, der zwar schon mal Regeln bricht, dabei aber im Grunde ihres Herzens ein guter Mensch ist. Der vielleicht auch ein guter Mensch geblieben wäre, hätte es das Leben besser mit ihr gemeint.

Das ist nicht nur ziemlich überflüssig. Es funktioniert auch nicht wirklich. Immer wieder schwankt der Film, ob er aus Cruella ein armes Opfer oder ein bösartiges Mastermind machen soll. Eine solche Ambivalenz kann spannend sein. Hier wirkt es jedoch vielmehr willkürlich, wenn die Szenen kaum aufeinander aufbauen. Es ist nicht einmal so, dass die Geschichte am Ende eine überzeugende Antwort für den Wandel hat. Überhaupt sollte man sich inhaltlich nicht viel von dem Film erhoffen. Sinn ergibt hier höchstens zufällig mal etwas. Auch bei der Entwicklung hapert es, was bei einem Film, der immer knapp 140 Minuten für sich einfordert ist, nun wirklich nicht hätte sein müssen. Überhaupt ist Cruella deutlich zu lang: Obwohl die Ereignisse immer weiter eskalieren, kommt es gerade in der zweiten Hälfte zu zähen Passagen.

Audiovisuell starkes Abenteuer

Das bedeutet jedoch nicht, dass man mit dem Film keinen Spaß haben kann. Emma Stone hatte ihn offensichtlich, gemessen an dem Ernst, mit dem sie sich in ihre Figur hineinsteigert. Emma Thompson als arrogante Chefin ist ohnehin ein Selbstläufer. Und auch audiovisuell wird jede Menge geboten: die fantastischen Kostüme, die grotesken Frisuren, das luxuriöse Ambiente. Dazu gibt es einen echten Killersoundtrack, der sich überwiegend aus Hits der 1970er zusammensetzt und zu der Atmosphäre beiträgt. Und doch bleibt am Ende das Gefühl, dass die Welt ohne diesen Film nicht unbedingt ärmer gewesen wäre. Sollte es tatsächlich zu einer Fortsetzung von Cruella kommen, wie die beiden Hauptdarstellerinnen sich das erhoffen, dann sollte bei aller Liebe vor der Opulenz doch auch ein nennenswertes inhaltliches Fundament darunter geschoben werden.

Credits

OT: „Cruella“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Craig Gillespie
Drehbuch: Dana Fox, Tony McNamara
Musik: Nicholas Britell
Kamera: Nicolas Karakatsanis
Besetzung: Emma Stone, Emma Thompson, Joel Fry, Paul Walter Hauser, Emily Beecham, Kirby Howell-Baptiste, Mark Strong

Bilder

Trailer

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„Cruella“ erzählt die Vorgeschichte der hundemordenden Pelzträgerin aus „101 Dalmatiner“. Während der Film audiovisuell stark ist und die beiden Hauptdarstellerinnen richtig in ihren Rollen aufgehen, ist der Inhalt recht schwach. Vor allem bei der Titelfigur konnte man sich für nichts entscheiden. Zudem ist der Film auch deutlich zu lang.
6
von 10