Perfect Sense - Eine moderne Liebesgeschichte
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Inhalt / Kritik

Perfect Sense
„Perfect Sense“ // Deutschland-Start: 8. Dezember 2011 (Kino) // 18. Mai 2012 (DVD/Blu-ray)

Aus dem heiteren Himmel greift eine Krankheit um sich, aufgrund derer auf der ganzen Welt die Menschen ihren Geruchssinn verlieren. Was diese Pandemie ausgelöst hat, kann keiner sagen, ebenso wenig, wie sich dagegen vorgehen lässt. Inmitten des Chaos lernen sich zufällig die Forscherin Susan (Eva Green) und der Koch Michael (Ewan McGregor) kennen, die beide auf ihre Weise von dieser Katastrophe betroffen sind. Und obwohl beide nicht viel übrig haben für tiefere zwischenmenschliche Bindungen, finden sie rasch zueinander und entwickeln Gefühle. Doch welchen Bestand haben Gefühle in einer Welt, in der immer mehr ihre Sinne verlieren?

Katastrophen auf allen Kanälen

In Folge der alles bestimmenden Corona-Katastrophe erfreuten sich auch vergangene filmische Epidemien eines gesteigerten Interesses. Contagion beispielsweise zeigte schon Jahre vorher Szenen und Situationen, die uns inzwischen aus eigenen Erfahrungen bekannt sind, und schockierte gerade durch die nüchterne Darstellung des allgegenwärtigen Todes. Auch Carriers – Flucht vor der tödlichen Seuche wurde in den letzten Monaten wieder verstärkt angeschaut, da dort ebenfalls ein per Luft übertragener Virus die Menschheit ausrottete. Wobei dieser Film mehr den Verlust der Zivilisation thematisierte, wenn die wenigen Überlebenden wie wilde Tiere übereinander herfallen.

Deutlich sanfter und ruhiger fällt da schon Perfect Sense – Eine moderne Liebesgeschichte aus. Einzelne Elemente sind dabei ebenfalls unseren Corona-Erfahrungen ähnlich. Wenn etwa die Menschen Masken tragen und das Symptom der Krankheit der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns ist, dann gibt es da auf jeden Fall einiges an Identifikationsfläche für ein heutiges Publikum. Es handelt sich hierbei aber eben nicht um einen Thriller wie die obigen Titel, weshalb es da zu keiner vergleichbaren Renaissance kam. Das Drama ist kein Aufreger, sieht es nicht als seine Aufgabe an, bis zu Panik reichende Spannung zu erzeugen. Vielmehr stellt es deutlich existenziellere Fragen zu Gemeinschaft, Zivilisation und Liebe.

Entfremdung von unserer Umwelt

Zunächst erfüllt einen das Szenario dann auch mit wenig Schrecken. In Perfect Sense gibt es keine körperlichen Schmerzen, keine Todesfälle. Im Vergleich zu den üblichen Pandemiefolgen wirkt der Verlust des Geruchssinns erst einmal harmlos. Regisseur David Mackenzie (Outlaw King, Hell or High Water) gelingt es aber, aus dieser vermeintlichen Belanglosigkeit doch noch etwas Essenzielles zu machen. Für Michael, der mit Düften indirekt sein Geld verdient, ist diese Änderung natürlich schon gravierender. Aber es geht eben um mehr: Nicht mehr sein Essen riechen zu können, keine Blumen oder den Müll, bedeutet eine Entfremdung von unserer Umwelt. Wir sind nicht mehr Teil von dem, was um uns herum ist.

Die bewegendsten Momente in Perfect Sense sind dann auch die, wenn die Menschen versuchen, sich irgendwie an die Normalität und das gewohnte Leben zu klammern, mit zum Teil absurden Folgen. Diese leise Melancholie wird mit der Zeit immer stärker und intensiver, wenn es nicht nur zwischen den Menschen und der Welt zu einem Graben kommt, sondern auch zwischen den Menschen untereinander. Das geschieht aber eben nicht durch Mord und Todschlag, wie es sonst bei irgendwelchen Virenfilmen der Fall ist. Es ist mehr ein langsames Auseinanderdriften, wenn die Distanz zu den anderen immer größer wird, bis sie schließlich aus unserem Gesichtsfeld verschwinden – wortwörtlich.

Zu viel gewollte Poesie

Das bringt einige sehr bewegende Momente mit sich, zwischen tröstlich und tieftraurig, zwischen instinktiv und nachdenklich. Leider will Perfect Sense aber auch ein sehr poetischer Film sein, der explizit über manches sinniert. Und das wird irgendwann einfach zu explizit. Gerade zum Ende hin, wenn das Drama die konkrete Ebene verlässt und eine universelle erreichen will. Das ist zwar verständlich und von der Idee her auch durchaus zulässig, geht es hier schließlich um ganz allgemeine Fragen zum Menschen und der Welt. Aber es ist eben zu gewollt umgesetzt. Und eine erzwungene Poesie ist nicht wirklich eine gute. Sehenswert ist der Film damit in der Summe schon, die Leistungen von Eva Green und Ewan McGregor als Paar mit Intimitätshemmung sind ansprechend. Bei diesem originellen Thema wäre dennoch mehr drin gewesen – indem man weniger getan hätte.

Credits

OT: „Perfect Sense“
Land: UK, Dänemark, Deutschland
Jahr: 2011
Regie: David Mackenzie
Drehbuch: Kim Fupz Aakeson
Musik: Max Richter
Kamera: Giles Nuttgens
Besetzung: Ewan McGregor, Eva Green, Ewen Bremner, Connie Nielsen, Stephen Dillane

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2011

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Stell dir vor, du kannst auf einmal nichts mehr riechen oder schmecken. „Perfect Sense“ nimmt eine rätselhafte Pandemie, macht daraus aber keinen Endzeithorror, sondern ein ruhiges, nachdenkliches Drama, das sich sehr mit der Entfremdung der Menschen voneinander und ihrer Umwelt befasst. Das hat eine Reihe schöner, bewegender Momente, ist im weiteren Verlauf aber etwas zu gewollt auf poetisch gemacht.
6
von 10