Nachtschicht - Blut und Eisen
© ZDF/Marion von der Mehden

Nachtschicht: Blut und Eisen

Nachtschicht - Blut und Eisen
„Nachtschicht: Blut und Eisen“ // Deutschland-Start: 29. März 2021 (ZDF)

Inhalt / Kritik

Bei Kevin Kruse (Aurel Manthei) läuft derzeit gar nichts. Seit einer ganzen Weile schon sucht der Koch eine neue Stelle, doch ohne Erfolg. Denn wer stellt schon jemanden ein, der so viele Vorstrafen hat wie er? Dabei bräuchte er dringend Arbeit und Geld, schließlich ist seine Frau Mabel (Marleen Lohse) hochschwanger. Und so nimmt der aus dem rechten Umfeld stammende ein Drohvideo auf: Wenn er bei seinem neuen Vorstellungsgespräch wieder eine Absage bekommt, dann benutzt er seine Waffe. Mübariz Pettekaya (Kais Setti), der einen kleinen Burgerladen leitet und nach einem neuen Koch sucht, erfährt von dem Video und gibt Kevin die Stelle – aber nur zum Schein. Zeitgleich nehmen der Hauptkommissar  Erich Bo Erichsen (Armin Rohde) und seine beiden neuen Kolleginnen Lulu Koulibaly (Sabrina Ceesay) und Hauptkommissarin Tülay Yildirim (Idil Üner) die Ermittlungen auf. Einfach sind diese nicht. Schließlich ist gerade Wahlkampf und dem rechten Politiker Roland Herzog (Bernhard Schir) werden große Chancen eingeräumt, in den Landtag einzuziehen. Da heißt es, besonders vorsichtig zu sein …

Alltagsbetrachtung vs. Abendentspannung

Eine Frage, die das deutsche Publikum immer wieder spaltet: Sollten Krimis die Realität abbilden oder lieber einfach nur unterhalten? Die Reaktionen fallen dabei sehr unterschiedlich aus. Die einen freuen sich darüber, wenn die unzähligen Mordsgeschichten, die jede Woche auf hiesigen Fernsehern zu sehen sind, zumindest versuchen, eine Aussage zu treffen. Andere sind genervt davon, werfen den Öffentlich-Rechtlichen vor, sie wie kleine Kinder erziehen zu wollen, anstatt ihnen einfach mal Entspannung zu gönnen. Vor allem der Umgang mit der rechten Szene sorgt in der Hinsicht immer wieder für hitzige Diskussionen. Kein Wunder, kein gesellschaftliches Thema wird öfter irgendwo eingebaut. So gab es dieses Jahr mit Hetzjagd und Heile Welt gleich zwei Teile vom Tatort, bei denen es um rechte Gewalt und polternde Populisten geht.

Bei Nachtschicht: Blut und Eisen kommen diese dann auch vor, wenn rechte Brutalos gegen Türken hetzen oder jeden, der nur irgendwie anders aussieht. Doch der 17. Teil der ZDF-Krimireihe kommt dabei ohne erhobenen Zeigefinger oder moralinsaure Predigten aus. Vielmehr werden hier einfach beide Seiten aufeinander losgelassen. Da treffen rechte Schläger und Zündler auf Leute mit Migrationshintergrund, die den Kampf bereitwillig aufnehmen. Dieser kann auch schon mal von einer physischen Natur sein. Der Film zeigt ein Deutschland, in dem irgendwie jeder eine Waffe mit sich herumträgt – meist ohne Genehmigung. Vor allem aber wird verbal aufeinander eingeschlagen. Da nimmt keiner ein Blatt vor den Mund.

Die Krise als Running Gag

Dafür aber Masken. Nachtschicht: Blut und Eisen wurde 2020 gedreht, als die Corona-Pandemie bereits zahlreiche Kino- und Fernsehproduktionen auf den Kopf stellte. Während die meisten diese Umstände aber zu kaschieren versuchen, da wird hier sehr offen, geradezu offensiv mit dem Thema umgegangen. Und auch hier setzt Lars Becker (Der gute Bulle: Nur Tote reden nicht, Wahrheit oder Lüge), der seit dem Debüt 2003 bei allen Teilen Regie führte und das Drehbuch schrieb, auf eine große Portion Humor. Das ständige Theater um Masken, Mindestabstand und Handhygiene wird hier zu einem Running Gag, dem sich alle unterzuordnen haben: Polizei und Verbrecher, Rechte und vermeintliche Ausländer.

Überhaupt wird bei all den Kontrasten, welche ein solches Thema zwangsläufig mit sich bringt, gern und kräftig gemischt. Auch wenn es prinzipiell drei Lager in dem Film gibt – die Polizei, die Ausländer und die Rechten –, so werden ständig neue Allianzen geschlossen, alte aufgebrochen. Es gibt einen steten Wechsel von Annäherung und Distanz, mal freiwillig, oft eher weniger. Vor allem die Polizeistelle, welche baubedingt wenig coronorakonform in einem engen Container Platz finden muss, wird auf diese Weise zu einer Sammelstelle der unglaublichsten Leute. Die temporeich erzählte Geschichte, welche mal wieder in nur einer Nacht spielt, macht zusammen mit einem blendend aufgelegten Ensemble Nachtschicht: Blut und Eisen zu einem großen Spaß. Mal chaotisch, dann wieder versöhnlich, irgendwie bescheuert und dabei doch clever gibt es hier zwar für Rätselfans nichts zu tun. Dafür gelingt es dem Film, tatsächlich die Balance aus gesellschaftlicher Relevanz und purer Unterhaltung zu finden, weshalb hier ausnahmsweise tatsächlich beide Krimi-Fraktionen auf ihre Kosten kommen.

Credits

OT: „Nachtschicht: Blut und Eisen“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Lars Becker
Drehbuch: Lars Becker
Musik: Stefan Wulff, Hinrich Dageför
Kamera: Simon Guy Fässler
Besetzung: Armin Rohde, Idil Üner, Sabrina Ceesay, Özgür Karadeniz, Albrecht Ganskopf, Aurel Manthei, Marleen Lohse, Kais Setti, Bernhard Schir, Navid Navid

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Nachtschicht: Blut und Eisen
fazit
In „Nachtschicht: Blut und Eisen“ kündigt ein frustrierter rechtsradikaler Koch einen Mord an, was zu einer ganzen Kette absurder Ereignisse führt. Dem temporeichen und humorvollen Krimi gelingt dabei sehr gut die Balance aus gesellschaftlichem Anspruch und purer Unterhaltung, wenn das bestens aufgelegte Ensemble aus allen Rohren schießt – mal verbal, mal im wörtlichen Sinn.
Leserwertung1 Bewertung
9.3