Hausen Staffel 1 Sky
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Hausen – Staffel 1

Kritik

Hausen Staffel 1 Sky
„Hausen“ // Deutschland-Start: 29. Oktober 2020 (Sky) // 14. Januar 2020 (DVD/Blu-ray)

Nach dem Tod seiner Mutter zieht der 16-jährige Juri (Tristan Göbel) in einen heruntergekommenen Plattenbau am Rand der Stadt, wo sein Vater Jaschek (Charly Hübner) eine Stelle als Hausmeister bekommen hat. Zu tun gibt es mehr als genug, das Gebäude ist marode, vieles funktioniert nicht, so streiken beispielsweise Aufzug und Heizungen. Doch das ist nicht das einzige, was nicht stimmt. Ein Baby verschwindet auf einmal spurlos, überall hört man eigenartige Geräusche und Stimmen, auch die Bewohner verhalten sich seltsam. Während Juri durch das Haus streift und andere Jugendliche kennenlernt, muss er erkennen, dass das Böse umgeht und Opfer sucht …

Der deutsche Genrefilm genießt bekanntermaßen keinen besonders guten Ruf. Es werden relativ selten welche gedreht, auch weil die Förderungen fehlen. Und wenn sich doch mal jemand daran versucht, fehlt meist ein williges Publikum, das sich auf das Wagnis einlassen will. Noch schlimmer aber sieht es beim Serienpendant aus, seit jeher ein ungeliebtes Kind. Sicher, es gibt unzählige Polizeiserien. So viele, dass man sich fragt, ob es hierzulande noch andere Berufe gibt. Davon einmal abgesehen sieht es jedoch eher düster aus. Zuletzt gab es aber nach Jahren des Stillstands einige erfreuliche Entwicklungen. Die Mystery-Serie Dark fand international viel Zuspruch, gleiches gilt für die Spionage-Serie Deutschland 83. Mit 8 Tage gab es sogar einen Ausflug zum Katastrophensujet.

Das Grauen der Neuzeit
Nun soll eine weitere wichtige Lücke geschlossen werden: das Horrorgenre. Und das gelingt Hausen trotz aller Zweifel, die man zuvor an ein solches Projekt haben durfte, richtig gut. Genauer haben sich Till Kleinert (Der Samurai) und Anna Stoeva, die zusammen die Serie für Sky entwickelt haben, sich an dem guten alten Haunted-House-Subgenre orientiert. Das bedeutet meistens irgendwelche alten Häuser fernab der Zivilisation, die finstere Geschichten in sich tragen, an die sich keiner mehr erinnern kann. Zum Teil trifft das auch auf das Exemplar zu, durch das wir acht Folgen lang stolpern und schleichen. Stärker noch aber als bei der Konkurrenz wird aus dem Haus ein eigenes Wesen, das die Menschen belauert, sie beobachtet und verschluckt.

Interessant ist dabei, dass hier mal kein seit Generationen vererbtes Herrenhaus im Mittelpunkt steht, sondern ein anonymer Plattenbau, der eigentlich viel zu kahl und schäbig ist, um als geschichtsträchtiges Spukhaus in Frage zu kommen. Aber der Wechsel ist geglückt. Mit einem ehemaligen Krankenhaus in Berlin, das heute Freizeitabenteurer anzieht, fand man eine geeignete Kulisse. Wohin man auch blickt, als ist kaputt, duster. Schon das bloße Zusehen weckt den Impuls, den nächstbesten Lichtschalter zu suchen, damit man endlich etwas in den dunklen, oft grünlich-grauen Gängen erkennen kann. Das ist alles nicht sonderlich subtil, Hausen ist so sehr auf Mystery getrimmt, dass man die Illusion verliert, irgendwie noch Teil einer Realität sein zu können. Es ist auch nicht unbedingt immer spannend, zumal die Atmosphäre zum Nachteil der Handlung schon sehr ausgekostet wird. Aber es sieht fantastisch aus, praktisch jede Einstellung lässt sich als Werbemittel für die Serie verwenden.

Ein Haus voller verlorener Menschen
Was diese so sehenswert macht, ist darüber hinaus, wie hier ein Wohnkomplex zu einem Mikrokosmos ausgebaut wird, voller gescheiterter, verlorener, teils traumatisierter Menschen, die alle eigene Geschichten und Schicksale haben. Da passen Jaschek und Juri natürlich prima ins Bild, da beide noch schwer unter dem Verlust der Mutter zu leiden haben, die unter tragischen Umständen ums Leben kam. Das führt jedoch nicht zu gesteigerter Solidarität unter den Menschen, wie man vielleicht vermuten könnte. Vielmehr zeigt Hausen, wie Leute auf engstem Raum leben, teilweise seit vielen Jahren, und dabei doch völlig isoliert sind. Das ist eigentlich eine Steilvorlage, um sich auch gesellschaftspolitisch zu äußern, vielleicht existenziell etwas über die Menschheit auszusagen. Ganz so weit wollte man dann aber doch nicht gehen.

Allgemein hat es die Serie nicht so mit konkreten Aussagen. Zwischenzeitlich sieht es zwar so aus, als würde man ein ganz konventionelles Ende anstreben, das in der festen Tradition verfluchter Häuser steht. Doch Hausen bleibt lieber vage, gibt sich einem mystisch-kosmischenen Horror hin, der etwas an H. P. Lovecraft orientiert. Und natürlich gibt es kein richtiges Ende, um sich die Option einer zweiten Staffel offen zu halten. Sollte die jedoch ähnlich wie diese ausfallen, gibt es wenig Grund zur Klage. Die deutsche Produktion ist eine schön anzusehende Gruselstunde, die sich besonders über die Atmosphäre auszeichnet, gut besetzt ist und ideal, um sich über Halloween langsam in einen Abgrund hineingleiten zu lassen, der gleichermaßen fantastisch wie menschlich ist, hypnotischen Schrecken mit Tragik kombiniert.

Credits

OT: „Hausen“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Thomas Stuber
Drehbuch: Till Kleinert, Anna Stoeva, Erol Yesilkaya, Alexandra Schulz, Annett Gröschner, Linus de Paoli, Thomas Stuber
Idee: Till Kleinert, Anna Stoeva
Musik: David Chalmin, Bryce Dessner
Kamera: Peter Matjasko
Besetzung: Charly Hübner, Lilith Stangenberg, Alexander Scheer, Tristan Göbel, Daniel Sträßer, Constanze Becker

Bilder

Trailer

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„Hausen“ nimmt uns mit in einen heruntergekommenen Plattenbau, in dem nichts funktioniert, die Menschen isoliert und lethargisch sind und noch dazu etwas nicht zu stimmen scheint. Die Serie kostet dabei vor allem die mysteriös-unheilvolle Stimmung aus, die ebenso gelungen ist wie das düstere Setting, das zu einem eigenen Mikrokosmos wird. Inhaltlich hielt man sich dafür eher zurück.
7
von 10