Get Duked! Boyz in the Wood Amazon Prime Video
© Amazon Studios

Get Duked!

Kritik

Get Duked! Boyz in the Wood Amazon Prime Video
„Get Duked!“ // Deutschland-Start: 28. August 2020 (Amazon Prime Video)

Letzte Chance für DJ Beatroot (Viraj Juneja), Dean Gibson (Rian Gordon) und Duncan MacDonald (Lewis Gribbe): Wenn die drei die schottischen Highlands durchqueren und an einen bestimmten Punkt erreichen, erhalten sie nicht nur den Duke of Edinburgh Award. Vielleicht haben die Jugendlichen, die immer mal wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommen, dann sogar sowas wie eine Zukunft. Vierter im Bunde ist Ian (Samuel Bottomley), der diese Prüfung sogar freiwillig macht, in der Hoffnung, dass ihm die Auszeichnung auf dem weiteren Lebensweg helfen wird. Dabei steht gar nicht fest, dass es diesen Lebensweg geben wird. Nicht allein, dass die vier mit der Aufgabe, allein durch die Natur zu kommen, ziemlich überfordert sind. Es ist ihnen auch noch ein mysteriöser und bewaffneter Mann (Eddie Izzard) auf den Fersen, der sich The Duke nennt …

Eines der vielen Dinge, die man im Laufe seiner filmischen Bildung so lernt: Ein Ausflug ins Hinterland kann tödlich enden! Es braucht dafür nicht einmal irgendwelche Werwölfe, Hexen oder Dämonen, die sich im Schutze dunkler Wälder über nichtsahnende Reisende hermachen. Der Mensch ist da schon Monster genug. The Texas Chain Saw Massacre (1974) wird gern als Geburtsstunde für Filme genannt, in denen durchschnittliche Stadtmenschen von degenerierten Rednecks ermordet, verstümmelt oder aufgefressen werden. Gerade in den 00er Jahren folgten eine Reihe erfolgreicher Filme wie Wrong Turn (2003), The Hills Have Eyes (2006) und Eden Lake (2008), die Teil einer Renaissance dieses sogenannten Backwood Horrors waren.

Der Humor des Todes
Ninian Doff wusste natürlich von diesen Filmen, als er Get Duked! drehte. Tatsächlich erinnert das grundsätzliche Szenario um Stadtmenschen, die in der Provinz von der einheimischen Bevölkerung gejagt werden, derart frappierend an besagte Werke, dass sein Film selbst des Öfteren unter dem Horror-Label vermarktet wird. Dabei folgte der Regisseur und Drehbuchautor bei seinem Langfilmdebüt vielmehr seinen humoristischen Talenten und Instinkten, machte aus der eigentlich grausigen Situation eine Komödie – wenn auch eine sehr schwarze. Auch wenn es in dem Werk irgendwann durchaus um Leben und Tod geht, so richtig viel Spannung wird dabei nicht erzeugt. Gelacht werden darf dafür umso mehr.

Es dauert aber eine Weile, bis Get Duked! an diesem Punkt ankommt. Doff lässt sich erst einmal viel Zeit, um seine Figuren einzuführen und durch die Gegend stolpern zu lassen. Anders als man meinen könnte, kommt es dabei zu keinen nennenswerten Konflikten zwischen der Outlaw-Clique und dem Streber. Reibungen gibt es dafür jede Menge, Witze auf Kosten der anderen, aber auch den einen oder anderen Einblick. Tatsächlich hat der Film sogar vereinzelt Coming-of-Age-Anleihen, wenn die Jungs nicht nur lernen müssen, sich gegen die Natur und ihre Verfolger zu behaupten, sondern auch gegen den kompletten Rest der Welt, der sie längst schon abgeschrieben hat.

Relevante Themen, absurd verpackt
Die Komödie, welche 2019 unter dem Titel Boyz in the Wood Premiere beim South by Southwest Festival hatte, versteht sich dabei durchaus auch als Kommentar auf eine Reihe gesellschaftlich bedeutender Themen. Neben dem offensichtlichen Generationenkonflikt geht es auch um Erwartungen und Normen, um Menschen, die nicht den Ansprüchen genügen und deshalb aussortiert werden müssen. Anders als The Hunt, das ebenfalls auf satirische Weise eine Menschenjagd umdeutete, verzichtet Doff auf tatsächliche Schockmomente. Vielmehr gibt er sich ganz der Absurdität hin, dreht Konventionen auf den Kopf, zeigt in einer mitreißenden Szene seine musikalischen Wurzeln und lässt, wenn der Trip schon keinen Ausweg mehr kennt, irgendwann schon mal die Lösung vom Himmel regnen.

Nicht jeder Gag sitzt dabei, etwa wenn die Stadtkinder anfangs mit ihren Handys herumfuchteln – das gab es schon zu oft. Manches ist auch etwas mehr in die Länge gezogen als unbedingt nötig, so als wollte Doff nach seinen vielen Kurzfilmen endlich einmal die volle Spielfilmlänge erreichen, ohne aber genau zu wissen wie. Doch gerade wenn man in einer der schwächeren Phasen vielleicht den Geist wandern lässt, meldet sich Get Duked! mit der nächsten irren Idee zurück, mit einem überraschenden Gastauftritt oder stellt auf einmal eine Querverbindung her, die man vorher gar nicht im Sinn hatte. Auch weil vieles erst mal keinen Sinn ergibt. In der Summe ist die schwarz-groteske Komödie ein echter Geheimtipp, der neugierig macht, was dem rastlosen Geist des Filmemachers als nächstes entkommen mag.

Credits

OT: „Get Duked!“
AT: „Boyz in the Wood“
Land: UK
Jahr: 2019
Regie: Ninian Doff
Drehbuch: Ninian Doff
Musik: Alex Menzies
Kamera: Patrick Meller
Besetzung: Samuel Bottomley, Viraj Juneja, Rian Gordon, Lewis Gribben, Eddie Izzard, Kate Dickie, Georgie Glen, James Cosmo, Jonathan Aris, Kevin Guthrie

Bilder

Trailer

Interview

Ninian Doff
Photographed by Colin Ross

Wie kommt man auf die Idee, aus einer absoluten Horror-Situation eine Komödie machen zu wollen? Was macht den heutigen Generationenkonflikt zu etwas anderem als den von früher? Und was braucht es, um sich in der Natur durchschlagen zu können? Diese und weitere Fragen haben wir den schottischen Regisseur und Autor Ninian Doff in unserem Interview gestellt.

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In „Get Duked!“ sollen vier Jungs die schottischen Highlands durchqueren und werden bald von irren Einheimischen gejagt. Was sich wie ein typischer Backwood Horror anhört, ist eine mal satirische, dann wieder völlig irre Komödie, die tatsächlich mehr zu sagen hat als viele Filme in dem Bereich. Trotz kleinerer Längen ein echter Geheimtipp.
7
von 10