Russland von oben
© colourFIELD (Peter Thompson/Anton Elchaninov/Serguei Fomine/Aleksander Bratukhin)/Filmwelt

Russland von oben

Kritik

Russland von oben
„Russland von oben“ // Deutschland-Start: 27. Februar 2020 (Kino) // 3. Dezember 2020 (DVD/Blu-ray)

Wenn Russland in den Nachrichten steht, dann meist in einem weniger schmeichelhaften Zusammenhang. Ob nun die Unterdrückung von Menschenrechten, ein bisschen perfide Kriegstreiberei oder systematischer Betrug im Sport, das ist alles schon sehr hässlich, was wir hierzulande zu sehen und zu hören bekommen. Dabei kann das Land ausgesprochen schön sein. Das dachten sich wohl auch Petra Höfer und Freddie Röckenhaus. Und so machte sich das Duo, das hierzulande mit der Doku Deutschland von oben dem Publikum neue Einblicke gewährte, an die Arbeit, ein entsprechendes Pendant für Russland anzufertigen. Zunächst gab es eine mehrteilige TV-Serie, nun der zusammengeschnittene Kinofilm.

Russland von oben macht seinem Titel dann auch alle Ehre. Tatsächlich besteht der Film fast ausschließlich aus Aufnahmen, die entweder mit einer Kamera oder vom Helikopter aus gemacht wurden. Das bringt zwangsläufig immer eine gewisse Distanz mit sich. Detailbilder gibt es hier kaum, es dominieren weitläufige Szenen, welche ein Gefühl dafür vermitteln wollen, wie riesig Russland ist. Doppelt so groß wie die USA ist das Land, 50 Mal so groß wie Deutschland. Wer vom äußersten Westen eine Reise bis ganz in den Osten antritt, wird unterwegs elf Zeitzonen durchqueren. Und auch die unterschiedlichsten Klimazonen.

Die ganze Welt in einem Land
Das ist dann auch die große Stärke von Russland von oben: die unfassbare Vielfalt. Da sind Orte dabei, die eher an einen Karibikurlaub erinnern, an anderen Stellen meint man, bereits den Nordpol erreicht zu haben. Selbst Wüsten finden sich irgendwo auf der 17 Millionen Quadratkilometer großen Fläche. Der Variantenreichtum wird noch mehr verstärkt, indem der Film sehr sprunghaft Ort und Thema wechselt. Meistens bleiben wir nur wenige Minuten, teils Sekunden an einem Schauplatz, bevor es weiter zum nächsten geht. Diese Wechsel erfolgen aber nicht auf einer geografischen Linie. Stattdessen sind wir mal hier, mal dort, ohne dass dabei einem erkennbaren Konzept gefolgt würde.

Ohnehin, inhaltlich sollte man sich nicht ganz so viel von dem Film erhoffen. Kürzere Ausführungen zu den neuen einzelnen Szenen gibt es zwar schon, aber allein schon der begrenzten Zeit wegen geht dabei nichts in die Tiefe. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Land sollte man erst recht nicht erwarten. Ob dieser Preis bezahlt wurde, um an die diversen einmaligen Drehgenehmigungen zu kommen, sei mal dahingestellt. Auch die Beteiligung des umstrittenen Quasi-Staatskonzerns Gazprom an der Produktion darf man skeptisch zur Kenntnis nehmen. Vielleicht hatten Höfer und Röckenhaus aber auch schlichtweg kein Interesse an den politischen Implikationen eines solchen Porträts.

Schöne Bilder fernab vom Alltag
Wer diese Erwartungen gar nicht hat oder sich zumindest damit abfinden kann, dass Russland von oben teils mehr Imagefilm ist als tatsächliche Auseinandersetzung, der kann sich hiermit aber schon gut die Zeit vertreiben. Zwei Stunden lang ist der Film, vollgestopft mit prachtvollen Aufnahmen des Giganten. Die meiste Zeit davon verbringen wir in der Natur, nur dann und wann schauen wir auch mal in einer Stadt vorbei. Entsprechend klein sind die Rollen der Menschen, die höchstens ausnahmsweise mal durchs Bild huschen dürfen. Verständlich, ein Großteil der Bevölkerung lebt konzentriert im Westen des Landes, Russland ist im Schnitt nur dünn besiedelt.

Umso schöner ist es, dass der Dokumentarfilm auch die abgelegeneren Gebiete besucht, von denen wir – und vermutlich die meisten Russen – so gut wie nie etwas zu sehen bekommen. Ein bisschen macht das dann auch Lust selbst zu reisen, die Natur fernab des täglichen Trubels zu besuchen, ein wenig Ruhe und Einsamkeit zu finden. Oder vielleicht mal an Bord der transsibirischen Eisenbahn zu gehen, die immer wieder vorbeischaut, als eines der wenigen Zeichen dafür, dass es die Menschen da draußen noch gibt.

Credits

OT: „Russland von oben“
IT: „Russia From Above“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Petra Höfer, Freddie Röckenhaus
Musik: Boris Salchow
Kamera: Peter Thompson, Andrew Efimov, Anton Elchaninov, Igor Volkov

Bilder

Trailer

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„Russland von oben“ nimmt uns mit auf eine Reise durch das riesige Reich, zeigt die enorme Vielfalt von Flora und Fauna. Die Reise selbst erfolgt dabei aber keinem erkennbaren Muster, der Film springt munter von Ort zu Ort. Viel Tiefgang hat das nicht, die Doku drückt sich auch vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung. Doch dafür entschädigen die tollen Aufnahmen der weitläufigen Landschaften.