jam
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Jam

„Jam“ // Deutschland-Start: 26. Dezember 2019 (Kino)

Im Zentrum des Films des japanischen Regisseurs SABU (bürgerlich: Hiroyuki Tanaka) stehen drei junge Männer, deren Lebenswege innerhalb weniger Stunden aufeinanderprallen. Zum einen ist da Hiroshi (Sho Aoyagi), der als Schnulzensänger bei seinen Konzerten mittelalte Damen mit seinen Liedern beglückt. Nach einem dieser Gigs wird er von Masako (Mariko Tsutsui) abgefangen, die sich als sein größter Fan ausgibt und ihm – wegen niedrigen Temperaturen – eine selbstgemachte Suppe aufzwingt. Zu spät merkt Hiroshi, was er da zu sich genommen hat, als er benommen in einer Einkaufspassage zusammenbricht. Wenige Stunden zuvor wurde Tetsuo (Nobuyuki Suzuki) aus dem Gefängnis entlassen und hat seitdem nur zwei Dinge im Sinn: seine Mutter zu besuchen und Rache an den Männern zu nehmen, die für seine Gefängnisstrafe verantwortlich sind. Nachdem er mit einigen von ihnen zusammengeprallt ist, wird er nun von einem Schlägertrupp gejagt. Der Letzte im Bunde ist Takeru (Keita Machida), dessen Freundin von einem flüchtigen Verbrecher verwundet wurde. Verzweifelt wartet er darauf, dass sie aus dem Koma endlich erwacht, betet gar an einem Schrein für ein Zeichen, was er zu tun habe, woraufhin er auch ein solches erhält. Drei gute Taten muss er vollbringen, sodass er sich prompt als Fahrer für ein zwei Männer, Zufallsbekanntschaften aus einer Bar, anbietet. Die sind auf der Suche nach Tetsuo und planen bereits ihren nächsten großen Coup: den Überfall eines Konzerts, bei dem der bekannte Sänger Hiroshi auftritt.

Der Lauf des Schicksals
Denen, die bereits das Schaffen SABUs über die Jahre verfolgt haben, hat jam viel Bekanntes zu bieten. Insbesondere die narrative Struktur des Skripts, die sich auf die Auseinandersetzung mit Themen wie Schicksal, Karma und der Bedeutung des Zufalls befasst, lässt Parallelen zu Filmen wie Unlucky Monkey, Monday oder Dangan Runner zu. Ähnliches gilt für den wilden Genremix, der nicht nur drei Geschichten, oder drei Figuren, miteinander verbindet, sondern auch fließend wechselt von ernstem Drama, Situationskomik bis hin zu brutaler Action. Von daher hat jam vieles an Schauwerten zu bieten, überrascht seinen Zuschauer immer wieder und betont, mit welch erzählerischer Leichtigkeit SABU Genregrenzen bricht oder für sich neu definiert.

Da Größen wie Zufall und Schicksal in diesem Gefüge eine zentrale Rolle einnehmen, hat dies Konsequenzen auf die formale Struktur des Filmes, insbesondere auf Schnitt und Kamera. Wie schon in Dangan Runner, dem Prototypen für SABUs filmisches Erzählen, nutzt SABU in Zusammenarbeit mit Kameramann Hiroo Yanagida eine dynamische Kamera sowie eine entsprechenden Schnitttechnik. Seine Figuren laufen oder rennen durch das Bild oder vor der Kamera weg, wie durch ein Labyrinth, in welchem die letztlich doch wieder zusammenkommen und ihrem Schicksal nicht entkommen können. Gerade die erste Begegnung der drei Charaktere, sowie das Finale, sind clever zusammengefügte Sequenzen, welche die Unabwendbarkeit oder die Schicksalhaftigkeit dieses Zusammentreffens betonen. In einem Anflug von Küchenpsychologie erklärt einer der Verfolger Tetsuos dies damit, dass schlechte oder gute Taten ein solches Resultat für das eigene Leben nach sich ziehen. Mit anderen Worten: „Karma is a bitch.“

Der Bumerang-Effekt
Dieses Konzept hat einen nicht geringen Reiz für den Zuschauer, vor allem in den vielen komischen Momenten des Filmes. So bekommt Hiroshi eine Kostprobe des problematischen Fankultes, den er selbst unterstützt hat, in einer Sequenz, die an Rob Reiners Misery erinnert. Gefesselt an einen Stuhl muss er die Konsequenzen seiner Entscheidungen über sich ergehen lassen, ähnlich wie sie vielen Schläge, die Tetsuo einstecken muss. Zusätzlich zu den erwähnten Themen kommt noch diese Passivität der drei Männer, die sich diesen äußeren Einflüssen ergeben haben, ohne aktiv ihr Leben zu gestalten. Vielmehr definieren sie sich durch Hochmut, Zerstörungswut und eine gefährliche Naivität, die ihren Ursprung in einer zutiefst menschlichen Verzweiflung hat, aber die Oberhand über besonnenes Handeln gewinnt.



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"jam" ist ein unterhaltsamer, actionreicher und bisweilen sehr komischer Film über Zufall und Schicksal. Auch wenn er im Rahmen des Gesamtwerks SABUs nicht Neues zu bieten hat, sind die Einfälle des Skripts nach wie vor clever und werden von einer gut aufspielenden Darstellerriege sowie den Bildern und dem Schnitt mitgetragen.
6
von 10