Das schoenste Paar
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Das schönste Paar

Inhalt / Kritik

Das schoenste Paar
„Das schönste Paar“ // Deutschland-Start: 2. Mai 2019 (Kino) // 4. November 2019 (DVD)

Es hätte einfach ein schöner Urlaub für Malte (Maximilian Brückner) und Liv Blendermann (Luise Heyer) werden sollen. Und vielleicht wäre er das auch gewesen, würden nicht eines Tages drei Jugendliche auftauchen, welche das Paar überfallen und Liv vergewaltigen. Zwei Jahre sind seither vergangen und auch wenn inzwischen etwas Normalität zurückgekehrt ist, die Ereignisse haben sie nie ganz losgelassen. Da begegnet Malte zufällig Sascha (Leonard Kunz), dem damaligen Anführer des Trios. Während Liv eigentlich die Geschichte endlich vergessen will, ist Malte im Anschluss nur noch vom Gedanken an Rache getrieben – und droht damit, die Beziehung endgültig zu zerstören.

Kaum ein Erlebnis dürfte schwieriger zu verarbeiten sein als eine Vergewaltigung. Das Gefühl, nicht mehr dir selbst zu gehören, einen Eindringling in dir gehabt zu haben, der im Anschluss nie wieder ganz fort sein wird – das geht selbst den stärksten Menschen nahe. Zum Glück bleibt den meisten von uns eine solche Erfahrung erspart. Zumindest direkt. Indirekt dürfen bzw. müssen wir als Zuschauer von Das schönste Paar daran teilhaben, wenn wir nicht nur beim Überfall selbst dabei sind, sondern auch Zeuge der Langzeitfolgen werden.

Die volle Härte zum Einstieg
Vor allem zu Beginn mutet einem Regisseur und Drehbuchautor Sven Taddicken (1. Mai – Helden bei der Arbeit) eine ganze Menge zu, wenn er in einer nicht enden wollenden Szene den Terror der Urlaubsbegegnung auf die Leinwand holt. Den Schrecken. Den Schmerz. Die Hilflosigkeit auch, die nicht nur auf Liv, sondern auch auf Malte lastet, der nichts dagegen tun kann, wenn seine Frau vor seinen Augen misshandelt wird. Der gedemütigt wird. Das ist auch einer der Punkte, der Das schönste Paar von anderen Filmen unterscheidet, die von dem Thema handeln, etwa Alles ist gut: Taddicken zeigt nicht nur die Folgen für das direkte Opfer, sondern auch für das Umfeld.

Das geht mit der üblichen Geschlechterzeichnung einher: Liv will vergessen, Malte will Rache. Das ist nicht der spannendste Kontrast, wird glücklicherweise aber auch nicht allzu lange aufrechterhalten. Denn die interessante Frage ist: Wie wird das Paar reagieren, jetzt wo der Peiniger wieder in ihrer Nähe ist? Wie weit werden sie gehen? Das schönste Paar, das auf dem Toronto International Film Festival 2018 Weltpremiere hatte, nähert sich an der Stelle durchaus dem üblichen Rachethriller an. Nur dass hier eben keine gestählten Ex-Soldaten oder sonstige Revolverhelden für Gerechtigkeit sorgen wollen, sondern zwei harmlose Lehrer, die eigentlich moralischer Kompass für ihre Schüler sein sollten.

Die vergebliche Frage nach Gerechtigkeit
Aber was ist schon gerecht, was ist moralisch vertretbar, wenn ein anderer Mensch dein Leben zerstört hat? Wie lässt sich das wieder gut machen? Geht das überhaupt? Taddicken drängt einem diese und viele weitere Fragen auf, mit denen wir uns üblicherweise nicht auseinandersetzen müssen, es auch gar nicht wollen. Und vielleicht nicht können: So nachvollziehbar Das schönste Paar seine Figuren und deren Situation auch zeichnet, es fällt schwer, in diesem ambivalenten Nebel eine feste Position zu beziehen. So wie es den Liv und Malte selbst geht, die von Gefühlen getrieben sind und keine Ahnung haben, wie sie aus dem Ganzen wieder herausfinden sollen.

Das führt teilweise fast zwangsläufig dazu, dass der Film keine echte Richtung hat. Die Intensität nimmt zwar etwas zu, ansonsten bleibt die Suche nach Antworten aber orientierungslos und willkürlich. Verständlich, schließlich ist die Begegnung einer rein emotionalen Natur, der Verstand hat dabei wenig zu melden. Wie soll man aber auch verstehen, dass der Täter danach ein ganz normales Leben führen kann und darf, so als ob nie etwas geschehen wäre? Wie soll man verstehen, dass überhaupt ein solches Verbrechen geschehen konnte, ohne Sinn, ohne dass man etwas dafür konnte? Der Frust und die Wut, wenn eben nichts passiert, ist zu jeder Zeit spürbar – auch dank der starken Leistungen von Heyer (Der Junge muss an die frische Luft) und Brückner (… und Äktschn!). Und die raue Gewalt, die gegen Ende alles bestimmt, die wird man ohnehin kaum mehr vergessen können, ob man nun will oder nicht.

Bilder

Trailer

Credits

OT: „Das schönste Paar“
Land: Deutschland, Frankreich
Jahr: 2018
Regie: Sven Taddicken
Drehbuch: Sven Taddicken
Musik: Eric Neveux
Kamera: Daniela Knapp
Darsteller: Luise Heyer, Maximilian Brückner, Leonard Kunz, Jasna Fritzi Bauer

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„Das schönste Paar“ konfrontiert uns mit einer brutalen Vergewaltigung, konfrontiert uns aber vor allem mit den Folgen davon. Das ist weitestgehend ein stark gespieltes Drama über Bewältigungsmechanismen, nähert sich aber auch immer wieder einem von Wut und Hoffnungslosigkeit getriebenen Rachethriller an. Das ist streckenweise ohne echte Orientierung, bleibt aber in Erinnerung und stellt viele kaum zu beantwortende Fragen.
8
von 10