Deadly Class Band 1

Deadly Class – Band 1: Die Akademie der tödlichen Künste

Deadly Class Band 1Eine Zukunft? Die hat Marcus schon lange nicht mehr, und das obwohl er noch ein Teenager ist. Aber er hat ja auch keine Eltern mehr. Oder Schuhe. Denn die hat er einem Obdachlosen gegeben. Er selbst lebt auch auf der Straße, in San Francisco, kann auf Hilfe von anderen nicht bauen. Das wäre unüblich 1987, in Zeiten von Reagan, in Zeiten sozialer Kälte. Den macht er auch für den Tod seiner Eltern verantwortlich, ermordet durch eine Schizophrene, für die es aufgrund von Budgetkürzungen keine psychiatrische Anstalt mehr gab. Da erhält er eines Tages das Angebot, an der von Meister Lin geleiteten Akademie der tödlichen Künste aufgenommen zu werden, wo Mörder aus aller Welt ausgebildet werden. Zunächst hält sich Marcus’ Interesse in Grenzen. Andererseits kommt er so vielleicht seinem großen Ziel näher: die Ermordung von Reagan.

Eine Schulklasse, in der alle zu Mördern ausgebildet werden, da denken Anhänger der japanischen Popkultur natürlich an Assassination Classroom, entweder an den Manga von Yūsei Matsui oder auch an die später erfolgte Anime-Umsetzung. Doch der Verdacht, das zwei Jahre später gestartete Deadly Class könnte ein bloßer Abklatsch des fernöstlichen Mordsspaßes sein, der bestätigt sich nicht. Denn trotz der inhaltlichen Nähe: Rick Remender hat mit seiner Version des Killerklassenzimmers etwas ganz Eigenes geschafft, das sich deutlich von der seines Kollegen unterscheidet.

Ein Leben ohne Zukunft
So ist beispielsweise der Ton ein ganz anderer. Wo im Land der aufgehenden Sonne die Absurdität der Situation mit offenen Armen empfangen wurde und erst einmal der Humor im Vordergrund steht, da geht es bei Deadly Class gleich richtig bitter los. Was auch damit zusammenhängt, dass eben Marcus die Hauptfigur ist und kein gelbes Alien mit Tentakeln. Ein Teenager, der auf der Straße lebt, nichts und niemanden mehr hat außer seinem Hass auf den Präsidenten. Der dem Leser vorgestellt wird, als er gerade bettelt und bestiehlt. Alles, was nötig ist, um im gleichgültigen Amerika der 1980er noch den nächsten Tag zu erleben.

Die gesellschaftskritischen Anklänge des Einstiegs werden später jedoch zurückgefahren. Stattdessen konzentriert sich Remender auf seinen jungen Protagonisten und seine Erfahrungen an der Schule. Die sind denen normaler Schüler recht ähnlich. Auch in Deadly Class gibt es Cliquen und Hierarchien, hackt man aufeinander rum, besonders Neulingen. Mit dem Unterschied, dass hier der Dolch im Rücken wörtlich zu verstehen ist, wie eine humorvolle Passage erläutert. Ein kurzer Ausflug des Galgenhumors inmitten der jugendlichen Tristesse.

Einfarbig, aber nicht entönig
Dabei sind die Bilder alles andere als trist. Gerade die Verwendung der Farben ist sogar äußerst auffällig. Viele Seiten sind nahezu einfarbig, ohne jedoch dabei den Band über eine bestimmte Richtung beizubehalten. Was im einen Moment rosa sein kann, wird im nächsten gelb, andere Seiten sind fast vollständig in Rot oder Blau gehalten. Übereinstimmungen mit der Realität sind hier höchstens mal zufällig, da dürfen Gesichter auch schon mal grün sein. Oder gelb. Oder blau. Kombiniert wird dabei relativ selten, Kontraste sind in Deadly Class kaum zu finden. Lediglich bei einem späteren Drogenrausch wird es auch mal kunterbunt. Ungewöhnlich ist aber auch die Anordnung der Panels, die mal streng, dann wieder sehr verspielt sein kann: Da laufen manche auch schon mal schräg über die Seite, es gibt zudem immer mal wieder Bilder in Bilder.

Worauf die Graphic Novel hinaus will, ist im Rahmen des ersten Bandes Die Akademie der tödlichen Künste noch nicht ganz ersichtlich. Anders als die TV-Adaption spielt er nur wenig an der Schule, der mörderische Unterricht rückt schnell in den Hintergrund. Vielmehr werden diverse Ausflüge – die einen offiziell, die anderen weniger – genutzt, um die Schüler und die Konflikte untereinander etwas auszuformulieren. Letztere sind, wie bei diesem Umfeld zu werden, etwas heftigerer Natur. Wenn in Deadly Class jemand droht, den anderen umzubringen, dann sollte man das besser ernstnehmen. Andere Passagen sind dafür etwas universeller und leichter verträglich, könnten schon fast als reguläres Coming-of-Age durchgehen, wenn hier jeder seinen Platz im Leben sucht. Auch wenn das Mittel dazu der Tod ist.



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„Deadly Class“ nimmt uns mit an eine etwas andere Schule, wo statt Mathe und Sprachen das Töten auf dem Lehrplan steht. Die Absurdität des Szenarios wird im ersten Band jedoch kaum aufgegriffen, stattdessen stehen die Schüler und ihre Probleme im Mittelpunkt, die inmitten des mörderischen Treibens ihren Platz im Leben suchen.
3.5
von 5