Ab heute sind wir ehrlich
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Ab heute sind wir ehrlich

Ab heute sind wir ehrlich
„Ab heute sind wir ehrlich“ // Deutschland-Start: 31. Januar 2019 (Kino)

In der sizilianischen Kleinstadt Pietrammare regiert Gaetano Patanè (Tony Sperandeo) schon seit vielen Jahren ungestört, auch dank kräftiger Korruption und Machtmissbrauch. Doch irgendwann ist es selbst den genügsamen Einwohnern zu viel, denn dank der Müllberge in der Stadt und des Dauerstaus hat die Lebensqualität deutlich abgenommen. Und so geschieht tatsächlich, was niemand für möglich hielt: Lehrer Pierpaolo Natoli (Vincenzo Amato) wird zum neuen Bürgermeister gewählt! Die noch größere Überraschung ist jedoch, dass der sein angekündigtes Wahlprogramm tatsächlich durchzieht, was die Leute bald in Aufruhr versetzt. Denn nun müssen sie sich ja plötzlich selbst an Gesetze halten. Und je mehr Bequemlichkeiten sie aufgeben müssen, umso größer wird der Widerstand des einfachen schummelnden Volkes.

Europäischer Zusammenhalt? Den gibt es in deutschen Kinos kaum. Während Filme aus England und Frankreich durchaus immer mal wieder höhere Einspielergebnisse für sich verbuchen, scheitern italienische und spanische Produktionen regelmäßig an der hiesigen Apathie. Die Deutschen gehen ohnehin verhältnismäßig selten ins Kino, dann soll es wenn auch etwas für sie Bekanntes sein. Der nächste Versuch, doch noch irgendwann mal Fuß zu fassen, lautet Ab heute sind wir ehrlich, war daheim in Italien ein größerer Hit und kommt nach einer Zwischenstation beim Italian Film Festival Berlin 2017 nun auch regulär in die Kinos.

Das Klischee des faulen Italieners
Zumindest teilweise bringt die Komödie auch genügend mit, um beim deutschen Publikum landen zu können. Natürlich nimmt Ab heute sind wir ehrlich erst einmal die heimischen Gepflogenheiten aufs Korn, ähnlich wie es der Kollege Der Vollposten schon getan hat. Eine Stadt, in der jeder auf Regeln und Ordnung pfeift, vom Bürgermeister über die Polizei bis zum einfachen Bürger – vor allem Baugenehmigungen werden gerne mal ignoriert –, doch das bestätigt unser Klischee des Italieners. Der will es sich gutgehen lassen, ohne viel dafür zu tun, bezahlt lieber Bestechungsgelder als reguläre Steuern und Gebühren.

Und doch steckt hinter Ab heute sind wir ehrlich deutlich mehr, erzählt eine deutlich universellere Geschichte. Da mag man sich hierzulande noch so moralisch überlegen fühlen, im Grunde ähneln wir in der Hinsicht den Südeuropäern mehr, als wir ahnen oder zugeben wollen. Die Forderung nach Veränderung, die wird überall lauthals geteilt. Wenn es um die Konsequenzen geht, dann werden die entsprechenden Schreihälse jedoch plötzlich ganz leise. Denn da siegt dann doch der innere Schweinehund, der sich vielleicht zum Beklagen rührt, nicht aber, um aktiv etwas zu bewegen. Klar sind wir alle für mehr Umweltschutz. Es darf nur nicht mehr Kosten oder mehr Arbeit von uns verlangen.

Ein genügsamer Humor
Das ist sympathisch, teilweise auch bissig. Doch auch wenn der Film alles mitbringt für eine schöne Satire, so ganz überzeugend ist das Ergebnis nicht. Denn dafür war das Ego von Salvo Ficarra und Valentino Picone zu groß. Das sizilianische Komikerduo ließ es sich nicht nehmen, sowohl Regie zu führen, das Drehbuch mitzuschreiben und auch noch die beiden Hauptrollen zu übernehmen. Was eigentlich die Konfrontation zwischen dem Bürgermeister und dem Volk sein sollte, wird über weite Strecken auf einen stellvertretenden Konflikt übertragen. Salvo spielt Salvo, einen opportunistischen Schludrian, der sich nicht für Regeln schert. Valentino verkörpert Valentino, den Schwager des Bürgermeisters und ebenso regelliebend wie er. Die arbeiten zusammen und können doch nicht wirklich miteinander.

Es ist aber nicht nur die Verschiebung, die etwas enttäuscht und dazu führt, dass Pierpaolo ein ausgesprochen blasser Akteur seines eigenen Films bleibt. Auch der Humor trifft nur manchmal sein Ziel. Während einige Szenen schön gemein sind, manchmal auch absurd, gibt es zu viele, die sich auf belanglose Albernheiten versteifen. Das fällt besonders dann auf, wenn die Gags zu lang sind und sich wiederholen – was immer mal wieder vorkommt. Dann droht eher Langeweile. Trotzdem: Die Idee hinter Ab heute sind wir ehrlich ist gut. Außerdem gelingt es dem Film, die Kleinstadt als Mikrokosmos zu etablieren, in dem manche Nebenfiguren regelmäßig auftreten. Wer sich für Komödien erwärmen kann, die anspruchslos sind und doch ein bisschen was zu sagen haben, kann ein Ticket nach Sizilien buchen, selbst wenn das alles nicht so lustig ist, wie es das Thema verdient hätte.



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In „Ab heute sind wir ehrlich“ lernen wir eine sizilianische Kleinstadt kennen, die endlich Ehrlichkeit und Ordnung für sich einfordert – bis sie merkt, was das bedeutet. Die Idee der italienischen Komödie ist gut, führt uns vor Augen, wie wenig die Menschen Änderung wollen, wenn sie selbst etwas dafür tun müssen. Bei der Ausarbeitung hapert es jedoch, vor allem der zuweilen belanglos-träge Humor enttäuscht ein wenig.
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von 10