Is That You

Is That You?

Is That You
„Is That You?“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Die 13-jährige Lili (Gabriela Ramos) lebt gemeinsam mit ihrer Mutter Alina (Lynn Cruz) und ihrem Vater Eduardo (Osvaldo Doimeadiós) in einer bescheidenen Hütte in der kubanischen Einöde fernab der Zivilisation. Der herrische und kontrollsüchtige Vater zwingt die Mutter zu einem erbärmlichen, leidvollen Leben, in dem sie weder das Haus verlassen, noch frei über sich selbst bestimmen darf. Als Eduardo eines Tages spurlos verschwindet, sollte seine plötzliche Abwesenheit eigentlich eine neue Freiheit für Mutter und Tochter bedeuten. Doch Lili ist zutiefst bestürzt. Verwirrt und verzweifelt begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater und stößt dabei auf ein spirituelles Ritual, das Eduardo zurück nach Hause bringen soll. Doch das Ergebnis fällt anders aus als erwartet und soll grauenvolle Konsequenzen für die Familie bedeuten.

Unerforschtes Territorium: Psycho-Horror aus Kuba
Die Idee zu Is that you? existierte bereits seit einigen Jahren. Der kubanische Regisseur Rudy Riverón Sánchez, der inzwischen in Leeds, England lebt und arbeitet, stellte die Idee zum klaustrophobischen Psychohorror zum ersten Mal im Jahr 2011 auf dem Bradford International Filmfestival vor. Sieben Jahre später hat das Warten ein Ende und Is that you?, der als erster psychologischer Horrorfilm Kubas gilt, wird als Weltpremiere auf dem Filmfest Oldenburg 2018 auf ein internationales Publikum losgelassen.

Dabei trägt der Film nicht umsonst den Untertitel „Real fear in Cuba“. Damit werden nicht nur eine gewisse Heimatliebe und ein Stolz auf den ersten kubanischen Gruselstreifen ausgedrückt, sondern auch die Absicht, Kuba von einer anderen Seite zu zeigen, indem sich vor allem von Klischees wie des von Rum und Zigarren überquellenden Havannas verabschiedet wird.

Das Setting bleibt unbekannt; ein Stück Land im dichten, wie beklemmenden Urwald, ein einsamer Schotterweg, der zu einer heruntergekommenen Holzhütte führt. Regisseur Sanchez zeigt das Leben des kleinen Mannes, die Einöde und Tristesse. Gleichzeitig gelingt es, das Gefühl einer Epoche in der kubanischen Geschichte auszudrücken: ununterbrochene Angst. Mit Feingefühl und Subtilität wird diesem auf den ersten Blick eindimensionalen Horrorfilm eine menschliche, wie überraschend politische Tiefe verliehen. Die Beziehung zwischen Lili und ihrem Vater, die Unterdrückung und Beklommenheit, die in der Familie herrschen, kann als Spiegelbild der wahrhaftigen Oppression, in der sich Kuba jahrzehntelang unter der totalitären Regierung Castros befand, verstanden werden.

Solides Handwerk
Is that you? stellt von Anfang an klar, dass den Zuschauer in den nächsten knapp 110 Minuten nichts Erfreuliches oder Hoffnungsvolles erwartet. Alle filmischen Elemente wurden bedacht und mit den limitierten Möglichkeiten kreativ umgesetzt, um aus dem vielversprechenden Drehbuch und dem kleinen Budget so viel wie möglich herauszuholen. Die Farbgebung ist konsequent in einem stumpfen Graubraun, beinahe Sepia, gehalten, das authentische Setdesign und das Kostüm sind kärglich, die Kamerawinkel bewirken permanent ein unangenehmes Gefühl der Klaustrophobie. Die Tonkulisse ist hyperrealistisch, vermittelt Nähe, unterstreicht zum richtigen Zeitpunkt das Grauen und den Ekel. Lange Szenen und eine durchgängige Ruhe erhöhen den Druck und die Spannung.

Der psychologische Faktor, das Verschwimmen von Realität und Imagination ist simplistisch, doch geschickt umgesetzt und lässt den Zuschauer bis zur letzten Minute an der mentalen Gesundheit der Hauptfigur zweifeln. Die damals 17-jährige Kubanerin Gabriela Ramos, die die von Verzweiflung und Wut getriebene Lili spielt, überzeugt in ihrer Interpretation der Figur und ihrer Umsetzung der Komplexität von Anfang bis Ende.

Mehr wagen
Für den eingefleischten Horrorfan mag Is that you? jedoch in mancher Hinsicht nicht genug auffahren. Trotz der konstanten und beachtlich umgesetzten Ungemütlichkeit traut sich der Film kaum an Extreme. Es fehlt an Schockmomenten, die den gewillten Zuschauer fingernägelknabbernd von der Sofakante springen lassen, sowie an der Darstellung roher Gewalt, die zwar existiert, jedoch nur angedeutet wird. In der entscheidenden Situation schaut die Kamera weg, zeigt meist nur die Reaktion in den Gesichtern der umstehenden Figuren und überlässt die Brutalität der Vorstellungskraft des Zuschauers.



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"Is that you?" ist vor allem eine Studie der Folgen eines Lebens in Angst und Beklemmung. Als erster Psychohorror Kubas eröffnet der Film allen Cineasten, vor allem Fans psychologisch absonderlicher Figuren, den Zugang zu unerforschtem Niemandsland. Dabei erfreut sich "Is that you"? eines inspirierten Casts und Teams, das sein filmisches Werkzeug mit aller Kraft zum Einsatz bringt. Trotz einiger Schwächen bezüglich stilistischer Elemente ist der Film ein kurzweiliges und unbequemes Seherlebnis, das auf mehr Beiträge aus und über Kuba hoffen lässt.
7
von 10