Bushwick

Bushwick

„Bushwick“, USA, 2017
Regie: Cary Murnion, Jonathan Milott; Drehbuch: Nick Damici, Graham Reznick; Musik: Aesop Rock
DarstellerDave Bautista, Brittany Snow

Bushwick
„Bushwick“ ist seit 20. April 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Die 20-jährige Lucy (Brittany Snow) wollte eigentlich nur zusammen mit ihrem Freund nach Brooklyn, um dort zu ihrer Großmutter zu gehen. Doch schon an der U-Bahn-Station löst sich dieser Plan in Rauch auf. Maskierte, äußerst schwer bewaffnete Männer tauchen auf, erschießen wahllos Menschen und zerstören die Häuser der Anwohner. Zu ihrem Glück trifft sie inmitten dieses Chaos auf Stupe (Dave Bautista), der ihr nicht nur aus einer akuten Not hilft, sondern auch mit ihr versucht, sich zu Lucys Großmutter durchzuschlagen. Doch das ist alles andere als einfach, denn in kürzester Zeit ist in dem Viertel ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem jeder gegen jeden kämpft.

In der letzten Zeit war der Blick in die Richtung USA ja oft von einer Mischung aus Unglauben, Entsetzen und Erheiterung geprägt. Den ohnehin schon erschreckend hohen Amokläufen folgt die Forderung nach noch mehr Waffen, der unverhohlene Selbstbezug an der Spitze tut nicht einmal mehr so, als gäbe es Menschen da draußen, auf deren Meinung Wert gelegt würde. Ich will alles, der Rest ist mir egal. Und wenn ich nicht das kriege, was ich will, dann knall ich eben ab, was mir über den Weg läuft. Bushwick, das letztes Jahr auf einer Reihe von Festivals lief – darunter immerhin Sundance und Cannes – ist da eine fast schon schockierend konsequente Fortsetzung.

Grund egal, Hauptsache Gewalt
Weshalb da auf einmal vermummte Waffenmänner auftauchen, wird erst relativ spät verraten, wohl auch um die Neugierde des Publikums etwas auf die Folter zu spannen. So ganz funktioniert das aber nicht, denn irgendwie scheint es im Film niemanden zu interessieren, warum denn da gerade die Welt in New York untergeht. Nicht einmal die Regisseure Cary Murnion und Jonathan Milott, die mehr mit Kameraspielereien und Schusswechseln beschäftigt sind als mit dem Inhalt oder den Figuren.

Das ist auch deshalb schade, weil das Drehbuch zur Hälfte von Nick Damici stammt. Und der hatte damals an dem Script der sehr sehenswerten Genrebeiträge We Are What We Are und Cold in July mitgeschrieben, die so gar nicht Standardware sind. Mit den eigenen Vorbildern kann es der neueste Film des Amerikaners jedoch nicht aufnehmen. Vereinzelt finden sich hier auch Einfälle und Elemente, die den Actionfilm von der B-Movie-Konkurrenz unterscheiden. Versucht wird zumindest, dem Geballer in Bushwick noch eine soziale Komponente mit auf den Weg zu geben – irgendwo zwischen Zynismus und Naivität.

Kein Platz für Charaktere
Leider werden diese Tendenzen meist aber sehr schnell wieder fallengelassen, den honorigen Absichten folgen keine Taten. Zumindest keine passenden. Es ist noch nicht einmal so, dass es einem sonderlich nahe gehen würde, was da mit den Figuren passiert. Dave Bautista schafft es nicht, das in Guardians of the Galaxy demonstrierte Charisma hier in irgendeiner Form zu wiederholen. Ein Brummbär mit tragischem Hintergrund, der abwechselnd mit bösen Menschen und unfreiwillig komischen Dialogen oder Szenen kämpft. Und Snow ist ohnehin sehr blass, wie schon in Hangman – The Killing Game zuletzt ist sie nicht mehr als hübsche Dekoration. Eine andauernde Damsel in Distress, deren Existenz nur durch ihre Hilfsbedürftigkeit gerechtfertigt wird.

Dafür stimmt in Bushwick die Atmosphäre – zumindest für all die, die ihre Filme gern etwas düsterer mögen. Wenn hier der Ausnahmezustand herrscht, dann herrscht der auch wirklich. Wo immer Lucy und Stupe hingehen, sterben die Menschen wie die Fliegen. Das erinnert zuweilen an einen Third-Person-Shooter, auch weil der Film versucht, Kameraschnitte zu vermeiden. Das stimmt dann zwar nicht so ganz, ein zweites Victoria wurde hier nicht gedreht. Aber für den Hausgebrauch reichen die kleinen Trciksereien, die langen Kamerafahrten, in Zusammenarbeit mit der hohen Gewalt und der Synthiemusik, wirken an manchen Stellen geradezu hypnotisch. Aber eben auch bedrohlich: Durch die Häuserschluchten zu schleichen, nicht zu wissen, von wo die nächste Gefahr droht, das bedeutet der Gewalt ausgeliefert zu sein. Eine Gewalt, die hier nur durch Gegengewalt aufgehalten werden kann.



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In „Bushwick“ herrscht in einem Stadtviertel von New York der Ausnahmezustand, während eine 20-Jährige und ein Ex-Soldat versuchen, lebend herauszukommen. Das besteht in erster Linie aus viel Action und viel Gewalt. Was den Film von anderen B-Movies unterscheidet, sind jedoch die – wenn auch wenig ausgearbeiteten – sozialen Themen, die düstere Atmosphäre und die bemüht schnittfreie Kameraführung, die das alles wie einen Third-Person-Shooter aussehen lässt.
5
von 10