Die Schtis in Paris
© Concorde

Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen

„La Ch’tite famille“, Frankreich, 2018
Regie: Dany Boon; Drehbuch: Dany Boon, Sarah Kaminsky; Musik: Michael Tordjman, Maxime Despres
Darsteller: Dany Boon, Laurence Arné, Guy Lecluyse, Valérie Bonneton, Line Renaud, Pierre Richard

Die Schtis in Paris
„Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen“ läuft ab 22. März 2018 im Kino

Kaum jemand ist derzeit in der Pariser Kunstszene ähnlich gefragt wie Valentin (Dany Boon). Keine High-Society-Veranstaltung, auf der er und seine Frau Constance (Laurence Arné) fehlen. Wer etwas auf sich hält, der hat eines ihrer exklusiven Designer-Möbelstücke zu Hause herumstehen. Trotz des ständigen Scheinwerferlichts, kaum jemand weiß etwas über Valentin. Sein Privatleben hält der Star eisern unter Verschluss. Aus gutem Grund: Er stammt aus einer ärmlichen Arbeiterfamilie im hohen Norden. Das passt nun mal nicht zu seinen Werken. Bislang klappte das mit dem Verschweigen eigentlich ganz gut. Bis Valentins Bruder Gustave (Guy Lecluyse) und dessen Frau Louloute (Valérie Bonneton) sich auf in die Hauptstadt machen, um anlässlich des 80. Geburtstags von ihrer Mutter (Line Renaud) dem verlorenen Sohn einen kleinen Besuch abzustatten …

Was einmal funktioniert, das muss auch mehrfach funktionieren. Und Willkommen bei den Sch’tis hat funktioniert, sehr gut sogar. Weltweit, vor allem aber daheim in Frankreich: Knapp 20,5 Millionen Zuschauer lockte die Komödie seinerzeit in die Kinos, womit sie sich nur hauchdünn hinter Titanic Platz zwei der ewigen Hitliste sicherte. Angesichts eines solchen Megaerfolges verwundet es ein wenig, dass es zwar zahlreiche Culture-Clash-Nachahmer gab, jedoch nie einen offiziellen Nachfolger. Und auch Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen ist keiner, obwohl der Film hierzulande gern als solcher verkauft wird.

Mit Zahlen scherzt man nicht
Ein Hit dürfte er dennoch werden, zumindest in Frankreich. Denn wenn Dany Boon einen neuen Film inszeniert, dann verspricht das glänzende Einspielergebnisse. Ob Nichts zu verzollen oder Der Super-Hypochonder, mehrere Millionen Zuschauer wollten sehen, was der Komiker auf Lager hatte. Und auch sein letzter Film Die Supercops – Allzeit verrückt! brachte es noch auf 4,5 Millionen Besucher – davon können die meisten Komödien hierzulande nur träumen. Boon weiß, was sein Publikum will, gibt ihm genau das. Aber eben auch nicht mehr. Wer mit den letzten Filmen des Regisseurs und Drehbuchautors nicht warm wurde, der braucht es hiermit nicht zu versuchen. Überraschungen? Weiterentwicklung? Nee, lieber nicht.

Die größte Überraschung ist noch die, dass Boon hier wie bei seinem letzten Film erst einmal nicht den Trottel spielt. Vornehm ist er, der Designer, verkehrt mit vornehmen Leuten, lebt in einem schicken Apartment, tut lauter vornehme Dinge. Der große Kontrast ist dieses Mal daher nicht allein der zwischen zwei verschiedenen Regionen Frankreichs. Es ist auch der Unterschied zwischen versnobter Elite und plumpen Bauern. Das ist manchmal nett, vor allem bei dem Running Gag um die schrecklich unpraktischen Möbelstücke, die Valentin designt. Oft aber auch ein bisschen langweilig.

Eine Familie verschwindet im Nichts
Die stärksten Auftritte hat noch Altstar Line Renaud als resolute Mutter mit lockerem Mundwerk. Ihrem Gegenstück Pierre Richard bleiben im Vergleich nur wenige Momente zum Glänzen. Und die beschränken sich meist auf simple Slapstickszenen. Ohnehin hat die Familie nach einer unerwarteten Wendung ziemlich wenig zu sagen. Stattdessen rücken Valentin und Constance komplett in den Vordergrund. Das ließ sich Boon dann doch nicht nehmen, sich selbst als Zentrum der Geschichte zu beschreiben.

Das wäre weniger tragisch, wenn ihm wenigstens einige gute Gags eingefallen wären. An der Stelle zeigt sich Die Sch’tis in Paris jedoch recht sparsam. Die Ideen sind wenig, werden lieber mehrfach und mehrfach wiederholt. Dass der Film am Ende auf ein Wohlfühlszenario hinausläuft, das war ohnehin einkalkuliert. So wie alles an der Komödie schrecklich einkalkuliert ist, im Gegensatz zu den kuriosen Möbeln ist das hier alle nur Katalogware. Sein Publikum wird der Franzose damit sicherlich finden. Ein Phänomen wie zehn Jahre zuvor, dem andere hinterherlaufen, das wird die zweite Sch’ti-Komödie sicher nicht. Dafür ist Boon inzwischen zu sehr selbst zu einem Mitläufer geworden.



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Hey, die Sch’tis sind wieder da! Nicht so ganz. Auch wenn Danny Boon mit ähnlichen Themen spielt und natürlich wieder die Hauptrolle übernimmt, eine Fortsetzung des Megaerfolgs ist seine neue Komödie nicht. Und auch nicht annähernd so gut. Von einer inhaltlichen Wendung einmal abgesehen ist das durch und durch gewöhnliche „Die Sch’tis in Paris“ frei von Überraschung, zu oft auch frei von wirklichem Witz.
5
von 10