Grass
© JEONWONSA Film Co.

Grass

„Grass“, Südkorea, 2018
Regie: Sang-soo Hong; Drehbuch: Sang-soo Hong
Darsteller: Min-hee Kim, Joo-bong Ki

Berlinale 2018 Poster
„Grass“ läuft im Rahmen der 68. Berlinale (15. bis 25. Februar 2018)

Einen neuen Film von Sang-soo Hong anzuschauen, das bedeutet oft, ein Déjà-vu nach dem anderen zu haben. So braucht es auch bei Grass, das auf der Berlinale 2018 seine Weltpremiere feierte, eigentlich gar nicht den Hinweis, dass es sich um ein Werk des arbeitswütigen Südkoreaners handelt. Man merkt es auch so. An den Bildern. Daran, dass mal wieder seine Muse und Geliebte Min-hee Kim mitspielt, wie zuletzt unter anderem in On the Beach at Night Alone und Right Now, Wrong Then, die es sogar offiziell in die deutschen Kinos schafften. Und natürlich auch an den Themen.

Eine wirkliche Geschichte hat Grass nicht, weniger noch als die letzten Werke des Regisseurs und Drehbuchautors. Stattdessen besteht das nur etwas länger als eine Stunde dauernde Werk aus einer Aneinanderreihung von Dialogen, die größtenteils in einer Bar stattfinden. Es darf bei Hong also mal wieder gesüffelt werden, was nicht selten damit endet, dass jemand sich um Kopf und Kragen redet. Auseinandersetzungen und Konflikte gehören dabei ebenso dazu wie der Soju, ein alkoholisches Getränk aus Korea.

Bemerkenswert ist dieses Mal, dass kein Paar im Mittelpunkt steht, auch keine Beziehung. Genauer gibt es überhaupt keinen Mittelpunkt. Wenn überhaupt ist es Areum, gespielt von Kim, die an einem Tisch in der Bar sitzt, auf ihren Laptop starrt und mehr oder weniger ungeniert den Gesprächen am Nachbartisch lauscht. Aber finden die Gespräche wirklich statt? Oder sind es Ideen der angehenden Autorin, die sich von den Nachbarn inspirieren lässt? Grass rückt damit weiter weg von den allgemeinen Themen, die sich immer in Hongs Filmen finden lassen und verstärkt noch einmal den Aspekt der Kunst.

Der Mensch ist tot, es lebe der Künstler!
Auch das ist letztendlich nichts Neues, die vorangegangenen Werke des Koreaners hatten immer Filmemacher, Schauspieler oder Schriftsteller als Protagonisten. In Grass sind es gleich mehrere, sogar so viele, dass es irritierend wird. Wo die besten Filme Hongs noch sehr viele universelle Themen anschneiden, ist das hier zu selbstbezogen, zu manieriert, um wirklich zu überzeugen. Die Figuren selbst sind eher Ideen als Charaktere, selten bildet sich der Eindruck, es mit tatsächlichen Menschen zu tun zu haben.

Zu diesem Eindruck der Künstlichkeit trägt auch die audiovisuelle Umsetzung bei. Die Musik ist lebhaft bis theatralisch, so gar nicht passend für die eigentlich intimen Momente. Bei den Bildern greift er wie zuletzt bei The Day After auf Schwarzweißaufnahmen und sehr starre Perspektiven zurück. Ein Großteil von Grass beschränkt sich die Kamera darauf, während der Gespräche von einem Teilnehmer zu dem anderen zu schwanken, ohne sich selbst zu bewegen. Ohne jede Schnitte. Diese kleinen Ticks sind gemütliche Gewohnheit, so wie Hong sich allgemein nicht aus seiner Lieblingsecke herausbewegt. Große Fans des Filmemachers werden daher erneut das vorfinden, wofür sie ihn verehren. Neue wird er jedoch kaum hinzugewinnen. Dafür hat er das alles schon zu oft gemacht, spannender auch als hier.



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Wo Sang-soo Hong drauf steht, da ist auch Sang-soo Hong drin. Sein neuester Film „Grass“ enthält dann auch sehr viel von dem, was den Koreaner vorher zu einem Liebling der Kritiker gemacht hat. Allerdings weniger überzeugend: Der Hang zu Manierismen und Künstlichkeit übersteigt hier den Inhalt, die Figuren trinken und diskutieren wieder eine Menge, ohne dass diesmal aber viel Interessantes dabei herauskäme.
6
von 10