The Runaround
© Ascot Elite

The Runaround – Die Nachtschwärmer

(„All Nighter“ directed by Gavin Wiesen, 2017)

The Runaround
„The Runaround – Die Nachtschwärmer“ ist seit 21. April 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Unterschiedlicher könnten Mr. Gallo (J.K. Simmons) und Martin (Emile Hirsch) wohl kaum sein. Der eine ist ein knallharter Geschäftsmann mit einer Vorliebe für Luxusrestaurants, blutige Steaks und teuren Wein. Der andere ist ein sanftmütiger Banjo-Spieler, der Fleisch, Alkohol und Erfolg vermeidet. Wäre da nicht Ginnie (Analeigh Tipton), die Tochter bzw. Freundin der beiden, es gäbe wohl keinen Grund für sie, sich überhaupt zu treffen. So aber wird die erste gemeinsame Begegnung bei einem Abendessen zu einem Desaster. Und auch die zweite sechs Monate später ist nicht besonders vielversprechend: Das Paar hat sich getrennt, Ginnie ist seit Kurzem spurlos verschwunden. Und ausgerechnet Martin soll nun dabei helfen, die Vermisste wieder aufzuspüren.

The Runaround ist einer dieser Filme, aus denen man beim besten Willen nicht schlau wird. Nicht weil die Komödie so wahnsinnig komplex wäre. Komplex ist hier gar nichts: Handlung, Szenario, Figuren, alles ist schön schlicht gehalten. Und auch was aus diesen Zutaten hätte werden sollen, wird schnell klar. Eigentlich beantwortet schon die erste Szene die Frage: Da sollen zwei grundverschiedene Männer gezeigt werden, die sich später für ein gemeinsames Ziel zusammenraufen müssen, um am Ende Freunde zu werden. Buddy Film heißt das Prinzip, wurde viele Male erfolgreich angewendet, zuletzt etwa in The Nice Guys, 2 Guns oder Der geilste Tag. Und man gab sich ja auch große Mühe, die beiden anfänglichen Kontrahenten wirklich in jeglicher Hinsicht gegensätzlich zu porträtieren. Der Grundstein für jede Menge komischer Reibungen ist also gelegt, einem vergnüglichen Filmabend altmodischer Machart steht danach nichts mehr im Wege. Wäre da nur nicht der Film selbst.

Die vergebliche Suche nach dem Witz
Hier beginnt dann auch das große Mysterium: Wo bleibt hier die Komik? Genug Möglichkeiten hätte es ja gegeben. Dass die Geschichte nicht übermäßig glaubwürdig ist – warum sollte ausgerechnet Martin bei der Suche helfen? –, stört dabei nicht weiter. Im Gegenteil: Eigentlich ist das Szenario gemacht für viele absurde Situationen. Einen roten Faden gibt es in The Runaround schließlich nicht, der Film besteht aus einer losen Aneinanderreihung von Begegnungen. Jede erfolgt nach demselben Schema: „Sorry, but our princess is in another castle“. Dieses zufällige Weiterreichen eines Suchenden kennt man aus Dramen (Marco, Jack), vor allem aber natürlich auch aus Krimis. Man kann aber auch eine Komödie draus machen, Hangover funktionierte ganz ähnlich.

Am Ende scheitert The Runaround aber daran, sich aus den verschiedenen Möglichkeiten eine herauszusuchen und diese konsequent anzugehen. Immer wenn man denkt, dass es jetzt ein bisschen wilder und verrückter werden darf, dreht sich der Film um und sucht woanders weiter. Das ungemeine komische Potenzial wird also nie genutzt. Auch der Dramateil enttäuscht, da die beiden Zwangs-Buddys zu schablonenhaft sind. Natürlich darf der Schwiegersohnalptraum Mr. Gallo eine Entwicklung durchmachen. Die ist aber so kurz und willkürlich, dass man sie ihm kaum abnimmt. Und zu guter Letzt führt auch die Spurensuche ins Unterhaltungsnirwana: Sowohl das Mysterium hinter Ginnies Verschwinden wie auch hinter dem Beruf ihres Vaters ist so belanglos, dass man seinen Augen und Ohren kaum glauben mag.

Talentierte Schauspieler in einem undankbaren Umfeld
Anschaubar ist das Ergebnis, aber nicht viel mehr als das. Ein Film, der einen weniger ärgert, weil er so furchtbar schlecht ist, sondern weil er eigentlich viel besser hätte sein müssen. Denn hier werden sowohl eine eigentlich bewährte Grundsituation wie auch zwei namhafte Schauspieler verschwendet. Emile Hirsch hatte vor einiger Zeit in Prince Avalanche gezeigt, dass er für tragikomische Sinnsuchen durchaus geeignet ist. Und wie sehr J.K. Simmons die Rolle des überheblichen Machoarschlochs liegt, das wissen wir aus dem Musik-Doppel Whiplash und La La Land. Aber Talent alleine reicht nicht aus. Das lernen wir vom erfolglosen Martin, der schön Banjo spielen kann, ohne dass sich jemand dafür interessiert. Und das lernen wir auch dank The Runaround, das mit diesem Talent selbst nicht wirklich etwas anzufangen weiß.



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„The Runaround“ nimmt eine bewährte Situation und zwei ebenso hierfür bewährte Schauspieler. Am Ende hätte es dann aber doch mehr gebraucht: Wenn hier zwei grundverschiedene Männer auf eine gemeinsame Suche gehen, dann ist das weder besonders komisch, noch bewegend oder spannend.
4
von 10