Alone Dont grow up
© capelight pictures

(„Don’t Grow Up“ directed by Thierry Poiraud, 2016)

„Alone“ ist seit 24. März 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Für einen Moment können Bastian (Fergus Riordan), Pearl (Madeleine Kelly), Liam (McKell David), May (Natifa Mai), Shawn (Darren Evans) und Thomas (Diego Méndez) ihr Glück kaum fassen. Alle Erwachsenen sind fort! Keiner ist mehr im Jugendzentrum, der ihnen sagt, was sie zu tun und zu lassen haben! Doch so richtig lange währt ihr Glück nicht. Als sie doch noch einen Betreuer finden, ist der nicht mehr derselbe. Fiebrig, wie von Sinnen. Und hoch gefährlich. Auch alle anderen Erwachsenen scheinen von dieser Krankheit befallen zu sein, die sie in willenlose Bestien verwandelt. Aber weshalb? Was sollen sie nun tun, alleine auf der verlassenen Insel? Und auch: Was, wenn sie selbst daran erkranken, sobald sie volljährig werden?

Eigentlich ist das nur mehr als gerecht. Immer wieder werden Kinder in Horrorfilmen zu der Quelle allen Übels gemacht, von Klassikern wie Der Exorzist und Das Omen bis zu aktuellen Genrevertretern wie Conjuring 2 oder das Remake Poltergeist. Hier nicht. Hier sind es alle Erwachsenen, die sich in blutrünstige, menschenfressende Bestien verwandeln. Warum? Das erfahren wir nicht, Alone begnügt sich damit die Situation zu kreieren, ohne sie je zu erklären. Oder auch auflösen zu wollen. Denn um die mysteriöse Epidemie geht es hier gar nicht. Zumindest nicht so wirklich.

Aus Spaß wurde Ernst
Stattdessen zeigen Regisseur Thierry Poiraud und Drehbuchautorin Marie Garel-Weiss erneut, dass Horror für sie nur eine Art Begleiterscheinung ist. Gemeinsam haben die beiden Franzosen zuvor an der Fußball-Zombie-Komödie Goal of the Dead – 11 Zombies müsst ihr sein gearbeitet, wo herzhafte Lacher herzhafte Bisse ersetzten. Humor gibt es bei Alone nicht, dafür aber eine Menge Drama. Der besteht natürlich auch in den unschönen Erlebnissen, welche die Jugendlichen hier haben. In den diversen Traumata. Vor allem aber den Traumata, die sie erlitten haben, als die Erwachsenen noch als reguläre Menschen über die Erde wanderten. Noch nicht versuchten, alles zu ermorden, was jünger ist als sie.

Ähnlich zu The Monster, das ebenfalls auf dem Fantasy Filmfest bzw. dem Ableger White Nights seine Deutschlandpremiere feierte, ist die Begegnung mit dem Grauen eine reale und eine bildliche zugleich. Coming of Age darf man dazu sagen, wie die jungen Protagonisten nicht nur um ihr Leben kämpfen, sondern auch um ihre Position darin. Ihren Stellenwert. Ihre Träume. Angst davor haben, was die Zukunft bringt. Was aus ihnen wird. Die Idee hat was. So richtig bewegend ist das Ergebnis jedoch nicht. Dafür sind die Figuren viel zu sehr gängigen Stereotypen nachempfunden, beweisen zu wenig Persönlichkeit. Was einerseits zur Geschichte passt, sind sie doch Opfer ihrer Umstände – in mehrfacher Hinsicht. Andererseits aber wenig dazu einlädt, sich näher mit ihnen zu befassen.

Atmosphärisch, aber unausgegoren
Dabei sind die Allgemeinplätze noch nicht einmal gravierend. Das größere Problem ist, dass die Mischung aus ernsten und grausigen Elementen irgendwie nicht so recht funktioniert. Als hätten sich die Franzosen nicht  getraut, sich wirklich in das Thema des Alleinseins, des Verlassenseins zu stürzen, wird die Nachdenklichkeit durch Kämpfe unterbrochen. Auch die haben zwischendurch spannende Implikationen, wenn es um das Aufwachsen innerhalb der Gruppe geht. Der Kontakt mit den Erwachsenen jedoch bringt niemandem wirklich was. Außer dem Tod, natürlich. Einen Blick wert ist diese etwas unausgegorene Mischung trotz allem und sei es nur für die desolate Atmosphäre, wenn die Jugendlichen durch eine endzeitliche Welt streifen, durch Natur und verlassene Städte, und man das Gefühl hat, die Zukunft ist schon vorbei, noch bevor sie überhaupt begonnen hat.



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Stell dir vor, du wachst auf und alle Erwachsenen sind weg! Aus diesem interessanten Gedanken holt „Alone“ nicht so viel heraus wie erhofft. Der Coming-of-Age-Teil hält sich zu sehr an Stereotype, wird zudem durch den Horror-Action-Teil verwässert. Dafür überzeugt die Genremischung mit einer schön düsteren Atmosphäre.
5
von 10