Robot Carnival
© A.P.P.P.

(„Robot Carnival“, 1987)

Unser fortlaufendes Animationsspecial nähert sich langsam seinem Ende, höchste Zeit, einigen Geheimtipps und Kulttiteln einen letzten Besuch abzustatten. Auf den 142. Teil trifft beides zu, der gleichzeitig in bester Tradition steht, irgendwie aber doch sehr eigensinnig.

Heute sind sie fast völlig von der Bildfläche verschwunden, in den 80ern und 90ern waren Animeanthologien aber eine beliebte Methode für angehende wie etablierte Filmemacher, sich einmal so richtig auszutoben. Vor allem Katsuhiro Ôtomo, den die meisten für Akira kennen, war bei solchen Geschichten immer wieder gern dabei. Und so verwundert es dann auch nicht, dass sein Name hier wie auch bei Manie Manie – Labyrinth-Geschichten und Memories gerne groß beworben wird, selbst wenn er bei Robot Carnival eine vergleichsweise kleine Rolle hatte. Denn hier ist er nur einer von acht Regisseuren, die sich ihre Gedanken rund um das Thema Roboter gemacht haben – die einen mehr, die anderen weniger.

So richtig viel Inhalt sollte man bei den neun Episoden nicht erwarten, hier ging es eher darum, sich ein bisschen auszuprobieren und Spaß zu haben. Anknüpfungspunkte zwischen den einzelnen Geschichten gibt es nicht – außer dass überall ein Roboter vorkommt –, weshalb bei einer früheren US-Veröffentlichung auch schon mal die Reihenfolge geändert wurde, ohne dass es das Publikum gemerkt hat. Ôtomo selbst steuerte Anfang und Ende der Anthologie bei, die davon erzählen, dass der im Titel genannte Karneval in die Wüstenstadt kommt, was bei den Bewohnern für eine Menge Aufregung, anschließend für eine Menge Zerstörung sorgt.

Allgemein geht hier ganz gerne mal was zu Bruch. In Franken’s Gears von Koji Morimoto legt ein zum Leben erweckter Roboter alles in Schutt und Asche. Deprive von Hidetoshi Ōmori erzählt die Geschichte von einer Roboterinvasion, die eine junge Frau entführt und anschließend von einem Mann mit Superkräften aufgehalten wird. Auch in Chicken Man and Red Neck (Takashi Nakamura) wird die Stadt von Robotern überrannt, was jedoch nur ein Betrunkener mitbekommt, der so gar nicht als Held taugt. In Strange Tales of Meiji Machine Culture: Westerner’s Invasion (Hiroyuki Kitakubo) wiederum werden wir Zeuge, wie zwei Riesenroboter im Westernstil im 19. Jahrhundert um das Schicksal Japans kämpfen.

Letztere Episode ist dann auch nur eine von zweien, in denen überhaupt Sprache verwendet wird. Die andere lautet Presence, stammt von Yasuomi Umetsu und bringt uns das Schicksal eines Mannes wieder, der eine Roboterfrau entwirft, sich aber vor ihrer entwickelnden Persönlichkeit fürchtet. Von den neun bzw. acht Geschichten – die Anfangsepisode und die zum Schluss gehören eigentlich zusammen – ist diese dann auch die, die inhaltlich noch den größten Anspruch hat, zumindest ein wenig an spätere Mensch-Maschine-Überlegungen à la Ghost in the Shell erinnert. Bei den anderen heißt es meistens, sich einfach nur zurückzulehnen und den Bilderrausch des Animationsstudios A.P.P.P. (Roujin Z, Project A-ko) genießen. Das psychedelische Starlight Angel von Hiroyuki Kitazume, in dem der Besuch eines Vergnügungsparks zu einem etwas anderen Trip mutiert. Und Cloud (Manabu Ōhashi), das gleich ganz auf eine tatsächliche Geschichte verzichtet, handelt von einem kleinen Jungen, der durch die Welt läuft während um ihn herum sich alles verwandelt, das Schicksal der Menschheit mit Wolken verschmilzt.

Surreale Szenerien, explosionsreiche Actionszenen, aber auch Humor – Robot Carnival bringt wie andere Anthologien gegensätzliche Stimmungen und Genres zusammen, wird allenfalls durch das Thema der Roboter zusammengehalten. Dass die Qualität bei einem derartigen Projekt schwankt, versteht sich von selbst, auch dass nicht jeder Zuschauer alle Episoden mögen kann – dafür sind sie zu unterschiedlich. Interessant ist es aber schon, auf welch unterschiedliche Weise die einzelnen Regisseure an die Arbeit gingen, wie stark auch die Designs variieren. Aufgrund der meist dünnen Inhalte und der fehlenden Sprache hinterlässt dieser Ausflug einen weniger starken Eindruck als etwa Memories. Die für ihre Zeit aber überraschend starke Optik der Direct-to-Video-Produktion und der Abwechslungsreichtum machen Robot Carnival aber zu einem mehr als würdigen Mitglied in der eigenen Videosammlung – zumindest bei Importfreudigen, denn auf Deutsch ist der Anime nie erschienen, die US- bzw. Frankreichversionen sind aber recht günstig zu bekommen.



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Acht Geschichten rund um Roboter von acht verschiedenen Regisseuren. Das verspricht so einiges. Tatsächlich ist der Abwechslungsreichtum von „Robot Carnival“ hoch, vor allem in visueller Hinsicht. Inhaltlich ist die Anthologie oft bescheidener, auch der fehlenden Sprache wegen ist das hier eher auf Spaß denn auf Tiefgang aus.
7
von 10