Bauernopfer
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Bauernopfer – Spiel der Könige

(„Pawn Sacrifice“ directed by Edward Zwick, 2014)

Bauernopfer DVD
„Bauernopfer“ ist seit 15. September auf DVD und Blu-ray erhältlich

Schach? Das ist die Disziplin der Russen, da machen sich selbst die Amerikaner nichts vor. Als Anfang der 1970er der junge Bobby Fischer (Tobey Maguire) aber tatsächlich das Potenzial zeigt, den verhassten Feind schlagen zu können, wird er schnell zu einer Symbolfigur des Kalten Krieges. Ein Sieg über den Russen Boris Spasski (Liev Schreiber) bei der Weltmeisterschaft 1972, das wäre ein gefundenes Fressen für die Propagandamaschine. Die Sache hat nur einen Nachteil: Fischer mag ein genialer Schachspieler sein, als Mensch ist er dafür umso schwieriger. Nicht nur, dass er an immer stärkeren Psychosen und Verfolgungswahn leidet, mit immer neuen Forderungen treibt er die Amerikaner zunehmend selbst in den Wahnsinn.

Schach ist jetzt nicht unbedingt die naheliegendste Sportart, um daraus einen Film zu machen. Ganz abgesehen davon, dass zwei über einem Brett kauernde, nahezu regungslose Menschen nicht unbedingt das spannendste Bildmotiv abgeben, es naturbedingt keine rasant geschnittenen Actionszenen geben kann, die Vertreter dieses Sports sind normalerweise keine Stars, für die Kinogänger Geld ausgeben wollten. Außer Bobby Fisher natürlich. Der war Anfang der 70er nicht zuletzt aufgrund der Rahmenbedingungen ein Medienereignis, gilt bis heute für viele als einer der besten, wenn nicht sogar der beste Schachspieler aller Zeiten. Vor allem aber war er eine derart schillernde Persönlichkeit, dass seine Tätigkeit dabei eigentlich zur reinen Nebensache degradiert wurde.

Regisseur Edward Zwick (Unbeugsam) und Drehbuchautor Steven Knight (No Turning Back, Im Rausch der Sterne) haben dann auch keine sonderlichen Skrupel dabei, die diversen psychischen Auffälligkeiten des Ausnahmespielers immer wieder zu thematisieren. Dass für die Hauptrolle die Wahl auf Tobey Maguire fiel, hilft dem Film ungemein. Gerade weil wir den Schauspieler doch vor allem für seine netten Figuren im Hinterkopf haben, sind seine Ausbrüche hier umso verstörender. Sein Bobby Fischer ist weder Held noch Gegenspieler, sondern erscheint als ein Mensch, der eigentlich nirgendwo hingehörte. Jemand, der ein solcher Fremdkörper war, dass man ihn komisch, gleichzeitig ein bisschen unheimlich fand. Die restlichen Figuren verschwinden naturgemäß neben dem entfesselt auftretenden Mimen etwas im Hintergrund, lediglich der überraschend nuanciert beschriebene Spasski und William Lobardy (Peter Sarsgaard) – selbst ein Schachmeister, dazu noch katholischer Priester – ringen dem Exzentriker ein paar Momente im Mittelpunkt ab.

Inhaltlich ist Bauernopfer trotz seines erstklassigen Darstellers nicht durchgängig überzeugend. So beeindruckend und stimmig die Ausstattung der 1970er ist, das Gefühl der damaligen Zeit will irgendwie nicht so recht rüberkommen. Behauptet wird innerhalb des Filmes zwar ständig, dass das Schachspiel keines wie sonst ist, dass es innerhalb des Kalten Krieges eine ganz besondere Rolle hatte. Die Behauptung allein reicht jedoch nicht aus, um das Ganze auf dem Bildschirm spürbar zu machen. Die große Nervosität aller Beteiligten wirkt eher belustigend denn wirklich spannend. Außerdem fiel Zwick kein rechtes Mittel ein, um den ungewöhnlichen Protagonisten auch in einen entsprechend ungewöhnlichen Film zu packen – das Biopic folgt den üblichen Genrewegen, klappert brav die einzelnen Stationen im Leben Fischers ab. Das ist dann alles routiniert, sieht gut aus und hat eben den speziellen Vorteil der Hauptfigur, weshalb der Streifen auch sehenswert ist. Schöner wäre es aber gewesen, wenn die Exzentrik der Hauptfigur etwas stärker auf das Drumherum abgefärbt hätte.



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„Bauernopfer“ wirft einen Blick auf das ebenso berühmte wie schillernde Schachgenie Bobby Fischer. Das ist aufgrund der schönen Ausstattung und eines entfesselten Tobey Maguire sehenswert, wenngleich der Film an sich ein bisschen zu routiniert und bewährt ist.
7
von 10