Im Rausch der Sterne
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Im Rausch der Sterne

(„Burnt“ directed by John Wells, 2015)

Im Rausch der Sterne
„Im Rausch der Sterne“ läuft ab 3. Dezember im Kino

Was macht man, wenn man einer der jüngsten und zugleich erfolgreichsten Chefköche der Pariser Szene ist und sich dann mit Alkohol und anderen Drogen auch den letzten Tropfen Verstand aus dem Kopf gepustet hat? Genau. Man versucht es zwei Jahre später noch einmal in London. Adam Jones (Bradley Cooper), das strategische Genie hinter diesem unfehlbaren Plan, will nach dem sagenumwobenen dritten Michelin Stern greifen. Nach einer kleinen „Schaffenspause“ zieht es ihn also nach London, wo er sich auf die Suche nach einem dafür nötigen Team macht. Dabei trifft er auf alte Freunde, neue Bekanntschaften und offene Rechnungen. Da wäre die allein erziehende Köchin Helene Sweeney (Sienna Miller), die sich bereits einen Namen in den Küchen Londons gemacht hat. Tony Balerdi (Daniel Brühl), ein Freund aus alten Tagen, der genug von dessen Eskapaden hat und sich dennoch stets um ihn sorgt. Michel Diome (Omar Sy), ein Opfer aus Adams Vergangenheit, der ihm eine Chance gibt es wieder gut zu machen. Montgomery Reece (Matthew Rhys) hat seinen dritten Michelin Stern schon. Doch mit Adams Rückkehr wird die Rivalität beider neu entfacht. Reicht es am Ende für den dritten Stern, verfällt er doch wieder in alte Gewohnheiten oder entdeckt er gar etwas ganz anderes?

Die Handlung gleicht einem alt bewährten Kochrezept:

– Eine kleine Brise dunkle Vergangenheit

– 10 Gramm neue Ambitionen

– eine handvoll bekannter und neuer Charaktere

– einen Teelöffel Romanze

– einen Esslöffel Drama und Chaos

Deckel drauf und für ca. 100 Minuten köcheln lassen. Nach Belieben mit generischer Musik und schnellen Kameraschwenks nachwürzen. Fertig ist die neue Hollywood-Produktion. Noch geschwind mit ein paar Filmstars garnieren und voilà. Bon Appétit.

Filme mit kulinarischem Hintergrund gibt es bereits viel zu wenige, daher werden diese umso genauer unter die Lupe genommen. Ratatouille und der ebenfalls 2015 in Deutschland erschienene Kiss the Cook, zählen dabei noch zu den bekanntesten der letzten Jahre. Doch genau da liegt schon der Zwist der Rezension, denn leider fällt es schwer, den Film einzuordnen. Ist es ein Kochfilm mit komödialen und romantischen Ansätzen oder ist es eine romantische Komödie im Umfeld einer Küche. In beiden Fällen lässt der Film viele Fragen offen. So wird an vielen Stellen über die dunklen und verkorksten Zeiten des Adam Jones erzählt. Frauen, Drogen und ein Rebell in der Küche, sowie im Leben. Dabei ertappt man sich das ein oder andere Mal bei dem Wunsch, den alten Adam Jones zu sehen und zu erleben. Will einem der neue und cleane Adam doch weiß machen, dass er nur den dritten Michelin Stern im Auge hat und sich von nichts und niemanden davon abbringen lässt.

Die Geschichte würde gar langweilige Züge annehmen, wäre da nicht die langsam entfachende Romanze zwischen ihm und der rebellischen Helene. Als wäre das nicht genug, suchen ihn auch noch die Geister aus seiner Vergangenheit heim, in Gestalt seiner ehemaligen Drogendealer. Der Geschichte mangelt es an Kreativität und der eigentliche Hauptprotagonist, das Essen, wird auf wenige kurze Kamerafahrten reduziert. Unterlegt mit harmonischer, aber leider generischer Instrumentalmusik werden die abendlichen Restaurant Besuche im Zeitraffer erzählt. Zu wenig um einen Funken der Leidenschaft für die Profession im Auge des Zuschauers zu entfachen und dennoch genug, um nach mehr zu dürsten.

Doch versalzen vielleicht zu viele Starköche die Suppe? Nicht unbedingt, aber auch das große Starlineup des Films kann dem mittelmäßigen Plot nur bedingt entgegen stemmen. Da wäre zum einen Bradley Cooper, der seit seiner Paradeleistung in Silver Linings wieder in alte Gewohnheiten zurückfällt. Er wirkt zu glatt, zu unbefangen, als das man ihm die Rolle des geschundenen Chefkochs, der für sein Leben kocht, abnimmt. Und dennoch zeigt er dem Zuschauer in Form einiger weniger Gefühlsausbrüche, welch gebrochener Geist sich eigentlich hinter der ansonsten hölzernen Fassade des Adam Jones befindet. Zum anderen wäre da Sienna Miller, die zu Beginn noch als rebellische und selbstbewusste Jungköchin Helene Akzente setzt und dem dominanten Männerchor ein wenig Kontra bieten kann. Im weiteren Verlauf des Films verkommt sie dann leider zur verletzlichen und liebesbedürftigen Romanze von Adam Jones.

Stars wie Uma Thurman, Emma Thompson und auch Omar Sy entpuppen sich, in Hinblick auf ihre eigentliche Leinwandzeit im Film, als glatte Blender des Ensembles. Alleine Emma Thompson kann als Therapeutin Dr. Rosshilde auf einige Dialogzeilen mehr zurück blicken, als noch Omar Sy und Uma Thurman, deren gesprochene Zeilen auf eine Serviette des Restaurants gepasst hätten. Doch hinter all den überwiegend enttäuschenden schauspielerischen Darstellungen, gibt es einen Mann der es wieder einmal nicht lassen kann, sich international in ein gutes Licht zu rücken. Daniel Brühl spielt als Tony Balerdi einen alten Freund von Adam Jones und zugleich den neuen Manager in dessen up & coming Restaurant. Dabei überzeugt Daniel Brühl nicht nur wieder einmal mit seinem fließenden Französisch, sondern gibt dem homosexuellen Jugendfreund von Adam Witz und doch Seriosität. Ein Lichtblick am Ende des kalten Leinwand Buffet.

Essen so weit das Auge blicken kann, frische Zutaten und einmal Mäuschen spielen in einer michelinsterngekrönten Küche. Doch wer wegen den kulinarischen Hochgenüssen gekommen ist, der dürfte sich vor teils leeren Tellern wieder finden. Nach dem kulinarischen Feuerwerk Kiss the Cook liefen die Geschmacksknospen vieler auf Hochtouren und als es dann mit Im Rausch der Sterne einen weiteren Kochfilm in diesem Jahr geben sollte, schien der filmische Nachschlag vollkommen. Im Großen und Ganzen ist der Film eine solide Produktion mit Starensemble. Als Fan und Liebhaber des geschwungenen Löffels und klappernder Kochtöpfe schaut man jedoch genauer hin und entdeckt die fehlenden Details in der Rezeptur. Die Geschichte hangelt sich entlang eines roten Fadens und gibt dem Zuschauer dabei keinerlei Raum für Spekulationen. Ein Mann, ein Ziel und ein paar Steine auf dem Weg dahin. Das große Starensemble lenkt von dem eigentlich Star des Films ab, dem Essen, welches in wenigen einzelnen Kamerafahrten Aufmerksamkeit erlangt, den Rest des Films jedoch in der zweiten Reihe verbringt. Dem Film fehlt die Leidenschaft, die Authentizität der Charaktere und enttäuscht durch uninspirierte Handlungen. Die Rechnung bitte.



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Die Rückkehr eines kulinarischen Genies, gefolgt von einer ungeplanten Romanze und Besuch aus der verdrängten Vergangenheit. "Im Rausch der Sterne" ist all das und leider auch nicht mehr. Es fehlt das Salz und Pfeffer, das den Film vom Hollywood Einheitsbrei abhebt und zum kulinarischen Hochgenuss macht.
5
von 10