Das Leben stinkt
© 20th Century Fox

Das Leben stinkt

(„Life Stinks“ directed by Mel Brooks, 1991)

Das Leben stinktDer Multimilliardär Goddard Bolt (Mel Brooks) hat eigentlich alles, was man zum Leben braucht: Geld, Macht und ein unbeirrbares Selbstvertrauen. Nur eins fehlt ihm zu seinem Glück, und zwar der Rest eines größeren Slums in Los Angeles. Eben dieses möchte er nämlich abreißen und deutlich gewinnbringender bebauen. Dumm nur, dass sein Konkurrent Vance Crasswell (Jeffrey Tambor) dieselbe Idee hatte und nun mit Bolt um das Grundstück ringt. Eine Wette soll den Ausgang entscheiden: Schafft es Bolt, als Obdachloser und völlig ohne Geld 30 Tage in den Slums zu überleben, will ihm Crasswell seine Hälfte überlassen. Das lässt sich der gewiefte Geschäftsmann nicht zweimal sagen, stößt dabei jedoch schnell an seine Grenzen, findet zu seinem Glück jedoch bald Unterstützung durch die resolute Molly (Lesley Ann Warren).

Hat man einen Mel-Brooks-Film, hat man sie alle gesehen – diese Ansicht durfte man gut zwei Jahrzehnte lang vertreten, ohne ein größeres Risiko einzugehen. Parodien auf Filmgenres oder berühmte Filmwerke, mal bissig, dann wieder albern, des Öfteren auch weit unterhalb der Gürtellinie, dafür liebte und hasste man das Urgestein der amerikanischen Komik. Und dann kam 1991 Das Leben stinkt. Nicht nur, dass hier zum ersten Mal seit Brooks’ nur wenig bekanntem Die zwölf Stühle von 1970 kein direktes Vorbild verulkt wurde, auch der Ton ist deutlich anders, der Humor sehr viel stiller, als wir es von dem zu schrillen Schrulligkeiten neigenden Regisseur gewohnt sind.

Dabei kommt einem der Anfang noch vergleichsweise bekannt vor. Wenn sich Brooks und sein grandios als Gegenspieler auftretender Jeffrey Tambor ein kleines Duell darum liefern, wer am Ende die Slums einreißen darf, dann zeigt der Altmeister dieselben satirischen Neigungen, die er schon bei seinem Debüt The Producers – Frühling für Hitler unverfroren einsetzte, die sich teilweise auch in Silent Movie und Spaceballs wiederfanden. Der Unterschied: Zielte Brooks mit seinen bisherigen Giftpfeilchen in erster Linie auf diverse Bereiche der Unterhaltungsindustrie, sind es nun Geschäftsleute, die bei ihrer Jagd auf Profit keine Grenzen kennen, keine Moral.

Humortechnisch war das eigentlich etwas, das man auch über Brooks sagen konnte, der sich zuvor für keinen derben und keinen bösen Scherz zu schade war. Umso überraschender ist, wie sehr er sich hier von seiner sanften, warmherzigen, teils sogar rührseligen Seite zeigt. Das Leben auf der Straße kennenlernen, so lautet das implizierte Ziel von Das Leben stinkt. Und anfangs würde man das dem Film sogar abnehmen, wenn Bolt um Schuhe und Essen kämpfen muss, darum, immerhin einen Schlafplatz zu bekommen. Doch sobald Molly hinzu kommt und die Komödie sich zunehmend einer Romanze und dem Drama nähert, umso mehr verliert sie auch die Bodenhaftung, nimmt sich Klischees an, ist irgendwie nur ein Film unter vielen. Dass Lesley Ann Warren trotz schäbiger Kleidung beim besten Willen nicht als Obdachlose durchgeht, tut dann ihr übriges, dass die Idee nicht wirklich aufgeht.

So schön und lobenswert es auch ist, dass Brooks sich hier an einem anderen Weg versuchte, so schade ist es auch, dass seine beachtliche Kreativität bei der sonstigen Blödelei dieses Mal einfach nicht zum Zug kommt, manche seiner Scherze auch erneut zu lange dauern. Und doch ist Das Leben stinkt bei weitem nicht so schlecht, wie er seinerzeit aufgefasst wurde. Denn einzelne gute Szenen findet man immer noch, darunter einen grotesken Endkampf und die besagte Auseinandersetzung mit den Konkurrenten, ein Händchen für prima Besetzungen hatte er ohnehin immer gehabt. Und wenn zum Ende hin alles dem obligatorischen Happy End entgegentanzt, dann mag man sogar an diese ideale Welt glauben, auch wenn man es eigentlich besser weiß.



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In „Das Leben stinkt“ zeigt sich Mel Brooks, der Meister absurd-derber Parodien, von einer ungewohnt sanftmütigen Seite und erzählt ein streckenweise gelungenes Sozialmärchen, dem aber nicht nur der schrille Humor des Altmeisters fehlt, sondern auch die sonstige Kreativität.
6
von 10