Voices of a Distant Star
© Makoto Shinkai / CoMix Wave Films

(„Hoshi no Koe“ directed by Makoto Shinkai, 2002)

Voices of a Distant StarSchon seit ihrer Kindheit sind Mikako und Noboru miteinander befreundet, und je älter sie wurden, umso stärker wurden auch ihre Gefühle. Diese werden jedoch auf eine harte Probe gestellt, als Mikako der Weltraumflotte beitritt, um gegen die feindlichen Tarsianer zu kämpfen. Die einzige Möglichkeit der zwei, noch in Kontakt zu bleiben, sind Nachrichten, die sie sich per Handy schreiben. Aber je weiter die Flotte in ins Weltall vordringt, desto länger dauert es, bis die Nachrichten ankommen: aus Stunden werden Tage, aus Tage Monaten, aus Monaten Jahre. Und doch können die beiden sich nicht vergessen, sind emotional trotz der Entfernung und der Stille aneinander gebunden.

Noch bevor Makoto Shinkai mit The Place Promised In Our Early Days und 5 Centimeters Per Second zu einem der meistgeschätzten neuen Animeregisseure des letzten Jahrzehnts wurde, da hatte er bereits mit The Voices of a Distant Star einen beachtlichen Kurzfilm abgeliefert. Tatsächlich dürften Liebhaber seiner späteren Werke hier sowohl auf der optischen wie auch inhaltlichen Seite einige Elemente entdecken, welche seine Langfilme auszeichneten.

Ein Schulmädchen muss die Welt vor bösen Invasoren retten, nein, das hört sich erst einmal nicht wirklich originell an. Zwar kommen hier keine Riesenroboter zum Einsatz, ansonsten aber könnte man The Voices of a Distant Star leicht für einen x-beliebigen Anime aus der Massenproduktion halten. Nur dass sich Shinkai gar nicht für den Kampf gegen die Aliens interessiert. Man sieht zwar vereinzelt mal einen, aber der Sci-Fi-Part gibt ähnlich wie in The Place Promised In Our Early Days nur den Rahmen für die Beziehung zwischen Mikako und Noboru vor.

Dass diese angesichts der Umstände nicht unbedingt glücklich verläuft, ist klar, ist bei Shinkai aber auch gar nicht zu erwarten – denn der ist nicht unbedingt für Feel-Good-Movies bekannt. Dabei hat er hier noch seinen Hang zum Melodram im Griff, erzählt die leise und überaus melancholische Geschichte zweier Menschen, die viel füreinander empfinden, aber nicht zusammen sein können. Dass dies deshalb geschieht, weil Mikako eine Weltraumkriegerin ist, das ist fast schon zweitrangig, The Voices of a Distant Star würde auch als Sinnbild einer „normalen“ Fernbeziehung funktionieren. Wäre da nicht der Faktor, dass die Nachrichten mit der Zeit absurd lange brauchen, um ans Ziel zu gelangen, die Kommunikation dadurch nur noch symbolisch ist, ein Monolog, von dem beide nie wissen, ob er je gehört wird, was die Situation nur umso bewegender macht.

Shinkai verwendet dabei weniger richtige Szenen, sondern kettet vielmehr Momentaufnahmen aneinander, anstatt eine fortlaufende Geschichte zu erzählen – mehr wäre in den 25 Minuten auch gar nicht möglich gewesen. Das ist inhaltlich fast zwangsläufig etwas dünn, The Voices of a Distant Star überzeugt durch seine Atmosphäre, nicht durch Handlung oder Figuren. Bemerkenswert ist hierbei, dass abgesehen von der Musik der Kurzfilm eine reine Solonummer des Japaners war: Regie, Drehbuch, Bilder, all das ist innerhalb von sieben Monaten in Eigenarbeit entstanden. Dass bei einem solchen Do-it-yourself-Werk die Technik nicht die allerhöchste Qualität erreicht, ist mehr als verständlich, von den fotorealistischen Szenerien in The Garden of Words ist Shinkai noch weit entfernt, die Computerelemente kaum zu übersehen.

Allerdings zeigte der Nachwuchskünstler hier schon großes Geschick, die eigenen Begrenzungen zu umgehen und durch clevere wie auch ungewöhnliche Perspektiven das Beste aus der Situation herauszuholen. Und auch sein Talent für stimmungsvolle Lichtspielereien durfte er hier schon einmal unter Beweis stellen. Animefans, gerade auch solche mit einer romantisch-melancholischen Ader, können sich den Independentfilm daher gerne einmal anschauen. Als netten Bonus gibt es noch Shinkais Debüt-Short She and Her Cat: eine gerade einmal 5 Minuten dauernde, rührende Geschichte, die aus dem Blickwinkel einer Katze erzählt wird und unlängst zu einer gleichnamigen Mini-Serie ausgeweitet wurde.



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In seinem Kurzfilm „The Voices of a Distant Star“ über ein durch Lichtjahre getrenntes Paar bewies Makoto Shinkai, dass er ein Talent für ungewöhnliche Geschichten und eine melancholische Atmosphäre besitzt, selbst wenn die Handlung durch den Rahmen bedingt recht dünn ist.
7
von 10