Point Break
© 2016 Concorde Filmverleih GmbH / Reiner Bajo

Point Break

(„Point Break“ directed by Ericson Core, 2015)

Point Break
„Point Break“ läuft seit 21. Januar im Kino

Der ehemalige YouTube-Star Johnny Utah (Luke Bracey) hängt seine Karriere als Extremsportler nach einem tragischen Zwischenfall an den Nagel. Er beschließt nach seinem Studium, dem FBI beizutreten. Kaum ist er dort angekommen, wird er auf eine kleine Gruppe aufmerksam, die waghalsige Raubüberfälle verübt. Er wird mit dem Fall betraut und soll nach Südfrankreich fliegen, um zu recherchieren und zu berichten. Durch Zufall lernt er Bodhi (Édgar Ramírez) kennen, der ebenfalls Extremsportler ist. Johnny ist sich sicher, dass er und seine Freunde hinter den begangenen Überfällen stecken. Kurzerhand entschließt er sich, der kleinen Truppe beizutreten und als Undercoveragent weiter zu ermitteln. Dass es hier nicht einfach nur um Raubüberfälle geht, wird ihm jedoch schnell klar. Das eigentliche Ziel ist ein anderes: Die ‚Ozaki 8‘. Eigentlich ein Mythos, der unmöglich zu bezwingen ist, doch für diese Gruppe scheint das Wort ‚unmöglich‘ nicht zu existieren.

Satte 100 Millionen US-Dollar betrug das Budget für Point Break, einem Remake von dem 1991 erschienendem Film Gefährliche Brandung, der von der breiten Öffentlichkeit nie die Anerkennung bekommen hat, die er zweifelsohne verdient. In Fankreisen genießt er dennoch Kultstatus. Deshalb ist es auch nicht sonderlich überraschend, dass nun eine Neuverfilmung erscheint, die diese Geschichte von Freiheit und dem Widersetzen gegen das System erneut erzählt, mit der Hoffnung, dass dieses Mal ein breiteres Publikum angesprochen wird, als noch zu Beginn der 90er-Jahre. Um dahingehend sicherzugehen, hat man einige Modernisierungsmaßnahmen getroffen. Anstatt sich nur auf Los Angeles zu konzentrieren, nimmt man den Zuschauer hier einmal mit um die Welt, man bewegt sich nicht nur im Surfer-Milieu, sondern in der breit gefächerten Welt des Extremsports und aus einfachen Banküberfällen werden abenteuerliche ‚Befreiungsaktionen‘ in luftiger Höhe. Für eine inhaltliche Distanz zwischen Original und Remake ist also gesorgt. Zu dieser Erkenntnis kommt man eigentlich schon nach dem Anschauen der ersten Trailer. So gab es bereits einen ersten Pluspunkt, bevor ich den Kinosaal überhaupt betreten habe. Leider kamen bis zum Verlassen kaum noch welche dazu.

Dennoch muss ich zugegeben, dass meine Erwartungen an diesen Film von Anfang an nicht gerade die höchsten waren. Eine positive Überraschung hielt ich zwar für realistisch, doch ich rechnete eher mit reiner Durchschnittskost. Letzten Endes wurden diese nicht gerade hoch angesetzten Erwartungen noch einmal unterlaufen. Dies lag zum einem an der Geschichte. Dass man sich bei einem Actionfilm in puncto Story nicht immer die größte Mühe gibt, dürfte allseits bekannt sein. Doch bei Point Break war man doch ein wenig zu nachsichtig. Oftmals macht man es sich schlicht zu leicht, getreu dem Motto: Wie gewisse Dinge zustandekommen ist doch egal, Hauptsache man kann mit dem Endprodukt weiterarbeiten. Im weiteren Verlauft erlebt der Zuschauer dann ein munteres und leicht stressiges hin-und-herspringen, von Schauplatz zu Schauplatz, ohne jemals irgendwo zur Ruhe zu kommen.

Bei diesem hohen Tempo wird auch die eigentliche Handlung aus den Augen verloren. Ging es zu Beginn noch um spektakuläre Raubüberfälle, so scheint das Drehbuch diesen durchaus interessanten Aspekt zu vergessen, um sich einer minder glaubwürdigen und weniger reizvollen die-Natur-ehren-und-ihr-etwas-zurückgeben-Story zuzuwenden. Von nun an scheint es nur noch darum zu gehen, eine noch gefährlichere und halsbrecherische Aktivität als zuvor durchzuführen. Dabei ist es jedoch schwer, einen wirklichen Sinn in diesen Aktionen zu erkennen, und so verkommt die vorgeführte Action zum Selbstzweck. Des weiteren bekommt man als Zuschauer bei den vielen verschiedenen Extremsportaktivitäten, die nun den Großteil des Films in Anspruch nehmen, das Gefühl, sich gerade eine Dokumentation anzusehen, die normalerweise von Red Bull gesponsert wird. So ist Point Break ist am Ende eher ein Film über Extremsportler mit fragwürdigen Motivationen, als ein Actionfilm mit einem Hauch von Anarchie, die er eigentlich sein wollte.

Storytechnisch ist das Drehbuch eine einzige Enttäuschung, doch auch die Figuren, die dort ihren Ursprung haben, bleiben hinter dem zurück, was man hätte erwarten dürfen. Johnny Utah ist ein junger selbstbewusster und übermütiger FBI-Agent (eine Mischung von Charaktereigenschaften, die es gefühlt in jedem zweiten Film dieser Art gibt) mit einer Backgroundstory, die, wenn man sie so einbaut wie hier, auch ganz hätte weggelassen werden können. Mit Bodhi gibt es wenigstens einen Bösewicht, der, trotz fragwürdiger Grundmotivation, halbwegs interessant ist. Dies liegt aber eigentlich nur an der schauspielerischen Leistung von Édgar Ramírez, der mit seiner Mimik, seiner Entschlossenheit und seiner Souveränität der Figur, die einst von Patrick Swayze verkörpert wurde, einen Hauch von Charaktertiefe verleiht. Ob man nun noch erwähnen muss, dass die Freundschaft zwischen Johnny und Bodhi, sowie deren spätere Feindschaft mit persönlicher Komponente nicht nachvollziehbar ist? Dann könnte man noch genauso gut bemängeln, dass die innere Unentschlossenheit von Johnny, und die Frage auf welcher Seite er sich denn nun wirklich sieht, ebenfalls nur rein oberflächlich behandelt wurde.

Ich glaube, dass hier auch ohne weitere Details klar geworden ist, was für ein inhaltlicher Totalausfall Point Break doch ist. Nun möchte ich aber doch noch ein letztes Mal auf die Figurenzeichnung eingehen. Dazu eine kurze Frage: Wenn man sich schon bei den Hauptcharakteren nicht sonderlich viel Mühe gegeben hat, was hindert einen dann daran, die Nebencharaktere mit einer Handvoll Klischees zu belasten? Richtig, nämlich gar nichts! So gibt es die hübsche mysteriöse Frau mit bewegter Vergangenheit, die misstrauische rechte Hand des Bösewichtes und den brummigen, sowie erfahrenen Partner beim FBI. Alles nicht neu, alles nicht interessant. Falls sich die Autoren beim Verfassen des Drehbuchs auch nur ansatzweise Mühe gegeben haben, so ist davon beim fertigen Film nichts mehr zu sehen.

Point Break ist also weit davon entfernt ein guter Film zu sein, so viel dürfte bis jetzt klar geworden sein. Dennoch sollte er, wenn man denn mit dem Gedanken spielt ihn sich anzusehen, im Kino geschaut werden, denn optisch gesehen ist er mehr als eindrucksvoll. Auch wenn die Snowboardabfahrten, Wingsuit-Flüge und Motocross-Verfolgungsjagden für die Geschichte entbehrlich sind, so sind sie dennoch mitreißend und gleichzeitig die wenigen Highlights, die dieser Film zu bieten hat. Die Stunts wurden von erfahrenen Extremsportlern an so vielen Originalschauplätzen wie möglich gedreht. Und dieses Wissen, dass hier nicht vor Greenscreens hantiert wurde, trägt dann noch einmal dazu bei, dass einem zwischendurch ab und an der Atem stockt. Der Höhepunkt wird dann kurz vor dem Ende mit der vorletzten Prüfung erreicht. Eine Mischung aus Schwindel, Faszination und Herzklopfen wird sich hier wohl bei fast jedem einstellen. Immerhin ist dies ein halbwegs zufriedenstellender Abschluss für ein enttäuschendes Remake, das wenigstens noch mit ein paar kleinen Anlehnungen an das Original punkten kann.



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"Point Break" ist eine inhaltliche Enttäuschung, sowohl was Figuren, als auch Geschichte angeht. Selbst atemberaubende Stunts aus jeder Ecke des Extremsport-Milieus können diesen Film nicht mehr retten.
5
von 10