Open Windows
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Open Windows

(„Open Windows“ directed by Nacho Vigalondo, 2014)

Open Windows
„Open Windows“ erscheint am 27. Januar auf DVD und Blu-ray

Man darf Nick Chambers (Elijah Wood) durchaus als Fan von Jill Goddard (Sasha Grey) bezeichnen, vielleicht sogar als einen ihren größten. Unentwegt ist er auf der Suche nach Bildmaterial der Schauspielerin, die er auf seinem Blog online stellen kann. Und dieser hohe Einsatz macht sich bezahlt, gewinnt er doch bei einem Wettbewerb den Hauptpreis in Form eines Abendessens mit der Schönen. Doch der Traum platzt sofort, als ein gewisser Chord (Neil Maskell) bei ihm anruft, um ihm mitzuteilen, dass das Dinner abgesagt wurde. Quasi als Wiedergutmachung verschafft ihm der Unbekannte aber Zugang zu diversen Webcams und sogar Jills Handy, um ihr so ganz nahe zu sein. Eine einmalige Gelegenheit, die aber sehr schnell eskaliert und aus dem voyeuristischen Abenteuer ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel macht.

Dass Elijah Wood in den letzten Jahren ein Faible für ungewöhnliche Horrorfilme und Thriller entwickelt hat, ist unverkennbar. Erst schlüpft er in Alexandre Ajas Maniac in die Rolle eines Serienmörders, dessen Taten wir aus der Egoperspektive verfolgen. Dann muss er in Grand Piano auf einer Konzertbühne – wortwörtlich – um sein Leben spielen. Und auch Open Windows geht bewusst eigene Wege, zumindest optisch. Cyberthriller haben ja generell die undankbare Aufgabe, den Blick auf einen Bildschirm spannend darstellen zu müssen. Während sich Who Am I? mit einer originellen U-Bahn-Metapher behalf, sind sonst meistens nur Zahlenkolonnen angesagt – was nur einer der Gründe ist, weshalb Filme wie Inside Wikileaks oder Blackhat recht langweilig geworden sind.

Open Windows macht nun aus der Not eine Tugend. Hier wird erst gar nicht versucht, um das Cybergeschehen herum viel aufzubauen, stattdessen zeigt Regisseur und Drehbuchautor Nacho Vigalondo fast ausschließlich die Benutzeroberfläche von Nicks Laptop. Für Otto-Normal-Verbraucher hört sich das natürlich nur wenig einladend an, rund 100 Minuten auf einen Computerbildschirm starren zu müssen. Doch der Film gestaltet das überraschend abwechslungsreich, ständig ploppen neue Fenster auf der Oberfläche auf: Mal sind wir Zuschauer eines Live-Streams, sehen dann einen Video Call, wechseln in die Perspektive von Überwachungskameras oder scrollen durch das Telefonbuch von Dills Handy. Vieles davon geschieht sogar gleichzeitig, zwei, drei „open windows“ sind Minimum, es können auch mehr werden. Durch das hohe Tempo, in denen die Bildquellen ausgetauscht werden, und die sehr unterschiedliche Ästhetik der einzelnen Fenster, fällt einem kaum noch auf, wie minimalistisch der Ansatz eigentlich ist.

Beim Inhalt war Vigalondo deutlich genügsamer und präsentiert eine im Herzen sehr klassische Geschichte über einen Mann, der unschuldig in ein Verbrechen verwickelt wird, nicht wieder hinausfindet, später durch den Antagonisten sogar in die Täterrolle bugsiert wird. Mehr braucht es aber auch nicht, der frenetische Thriller lässt einem keine Atempause, in Quasi-Echtzeit entwickelt sich Open Windows so rasend schnell weiter, dass da nicht viel Platz über Überlegungen bleibt. Während die erste Hälfte so einen sehr guten Eindruck hinterlässt, entgleist der Hochgeschwindigkeits-Thriller später jedoch. Bei dem Versuch, ständig neue Haken zu schlagen, fliegt die Kohärenz irgendwann aus dem Fenster, gerade zum Ende hin wird die Geschichte schon sehr wirr.

Und auch auf der Darstellerseite bietet sich ein gemischtes Bild. Wood ist die Rolle des verstörten Einzelgängers ja schon in Fleisch und Blut übergegangen, bleibt bis zum Schluss damit auch der Anker in der tobenden Unglaubwürdigkeit. Von Ex-Pornostar Sasha Grey wird man das eher weniger behaupten wollen, dafür ist ihr schauspielerisches Talent dann doch zu überschaubar. Das große Highlight ist der Beitrag vom letztjährigen Fantasy Filmfest daher sicher nicht, zumindest aber für all die einen Blick wert, die im Thrillergenre die neuen Ideen vermissen. Und ein bisschen nachdenklicher wird es zwischendurch sogar auch, denn während der Fokus natürlich auf dem Katz-und-Maus-Spiel bzw. der Suche nach dem unbekannten Täter liegt, werden zwischendurch auch gesellschaftlich relevantere Themen wie Voyeurismus, unser Verhalten im Internet und unsere Abhängig von der Technik angesprochen.



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Wenn sich ein Fenster schließt, öffnen sich zwei neue – zumindest in „Open Windows“. Der temporeiche Echtzeitthriller erzählt die Geschichte eines Katz-und-Maus-Spiels nur anhand von Fenstern auf der Benutzeroberfläche eines Laptops. Das ist deutlich spannender und abwechslungsreicher, als man erwarten würde, nur zum Schluss wird die Geschichte doch arg wirr.
6
von 10