The Atrocity Exhibition
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The Atrocity Exhibition

The Atrocity Exhibition
„The Atrocity Exhibition“ // Deutschland-Start: 15. Februar 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Unter seinen Studenten und Kollegen gilt Doktor Travis Talbert (Victor Slezak) als sehr progressiv, doch eben auch kontrovers. Zum großen Entsetzen seines Vorgesetzten kommt heraus, dass noch weit mehr hinter der seriösen Fassade steckt, denn hinter seinem Rücken und unterstützt durch entsprechende Förderung an der Hochschule hat Talbert eine ganze Reihe höchst fragwürdiger Experimente durchgeführt. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Nathan (Michael Kirby) sowie seiner Geliebten Karen (Anna Juvander) hat er eine Vielzahl von Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts nachgestellt. Angefangen bei Verkehrskollisionen bis hin zu den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ging es ihm darum, Antworten dafür zu finden, zu was der Mensch eigentlich fähig sei.

Die Ergebnisse, welche die anderen Professoren in Aufruhr versetzten, sind erschütternd, denn Talbert kommt zu fatalen Schlussfolgerungen, die das menschliche Leben als sinnlos betrachten und eine Verbindung von Tod und Sexualität herstellen. Als Konsequenz will er einen Weg finden, den Dritten Weltkrieg einzuläuten, der aus der Schau der Grausamkeiten hervorgeht.

Sinnsuche

Kurz nach dem Tod seiner Frau und auf ein Jahrzehnt der Grausamkeiten und Bluttaten zurückblickend suchte Autor J.G. Ballard wie viele andere nach einem Sinn in den vielen Tragödien, der persönlichen wie auch den historischen. Aus diesen Überlegungen entstand The Atrocity Exhibition (deutscher Titel: Liebe & Napalm: Export USA), in dem ein Mitarbeiter in einer psychiatrischen Klinik ebenfalls nach einem Sinn in all den Grausamkeiten sucht und diese nachstellt. Für Ballard galt der Roman lange als unverfilmbar, wie viele seiner Werke, doch als er Ende der 90er eine Super 8-Version einer Verfilmung von Regisseur Jonathan Weiss erhielt, wurde er eines besseren belehrt. Im Rahmen der Zeitlos-Filmreihe kommt Weiss’ Verfilmung noch einmal in die deutschen Kinos, sodass man sich selbst ein Bild von diesem eigenwilligen, teils sehr sperrigen Werk machen kann.

Auch wenn die kurze Beschreibung zu Beginn dieses Textes so etwas wie eine lineare Handlung suggeriert, sollte man sich nicht täuschen. Die „Ausstellung“ (auf Englisch „exhibition“) ist nämlich wörtlich zu verstehen und folgt einer narrativen wie auch ästhetischen sehr experimentellen Form, die viel eher etwas von einer Kunstinstallation hat. Vor jedem Segment folgt eine Überschrift, die ebenfalls diesen Rückschluss zulässt, und zum einen als thematisches Fundament für die nächsten Minuten angesehen werden kann und zum anderen als dramaturgisches Element. Talbert und seine Mitstreiter gehen dabei unterschiedlichen Ereignissen der 1960er Jahre nach, dem Tod Marilyn Monroes, dem Attentat auf John F. Kennedy oder den Grausamkeiten des Vietnamkrieges. Die Vorgehensweise ist dabei die eines Forschers, der beobachtet und anhand derer Schlussfolgerungen zieht, die von abstrakt bis hin zu bizarr-nihilistisch gehen.

Unfälle, Sex und Weltkriege

The Atrocity Exhibition ist vielmehr ein Experimentalfilm oder eine Collage vieler experimenteller Kurzfilme, wenn man so will. Weiss vermischt dabei die Spielfilmelemente mit Archivmaterial, wie man es bei einer Installation in einem Museum erwarten würde. Sollte man mit Ballards Werken vertraut sein, wird man bekannte Elemente vorfinden, wie beispielsweise in der Episode über eine Theorie zur Verkehrskollision als Akt der Fertilität, die man in seinem Roman Crash wiederfindet. Die Suche im Abwegigen oder Bizarren kommt dabei zu überraschenden Schlussfolgerungen, die verstören und unbequem sind, aber auf die menschliche Natur verweisen und auf die Frage, ob nicht die Menschheit selbst diese Ausstellung der Grausamkeiten ist. Wie Talbert gleich zu Anfang beschreibt, mag die Verrücktheit ein Weg sein, der neue Herangehensweisen und Sichtweisen eröffnet, die besonders dann hilfreich sind, wenn man mit den Mitteln der Vernunft nicht weit kommt. Das macht The Atrocity Exhibition nicht weniger schwierig oder verstörend, aber es kann ein Weg sein, Weiss’ eigenwilligen Film zu betrachten.

Credits

OT: „The Atrocity Exhibition“
Land: USA
Jahr: 1998
Regie: Jonathan Weiss
Drehbuch: Michael Kirby, Jonathan Weiss
Vorlage:J.G. Ballard
Musik: J.G. Thirlwell
Kamera: Bud Gardner
Besetzung: Victor Slezak, Anna Juvander, Michael Kirby, Mariko Takai, Robert Patrick Brink

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The Atrocity Exhibition
fazit
„The Atrocity Exhibition“ ist eine Mischung aus Drama, Horror und Experimentalfilm. Jonathan Weiss zeigt die Grausamkeiten der Menschheit als eine Art Kunstinstallation, die nicht nur zeigen will, sondern den Zuschauer zu einer Suche nach dem tieferen Sinn provoziert. Die Bilder sind verstörend und grotesk und verlangen dem Zuschauer Einiges ab.
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