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Viktor (Maximilian Grill) und Monika Popov (Josefine Preuß) machen in "Gäste zum Essen" eine große Ehekrise durch (© ZDF/Manju Sawhney)

Josefine Preuß [Interview]

In Gäste zum Essen laden André (Matthias Koeberlin) und Soraya Faber (Neda Rahmanian) das Ehepaar Viktor (Maximilian Grill) und Monika Popov (Josefine Preuß) zu einem gemeinsamen Abendessen ein. Man will sich einmal näher kennenlernen, da die jeweiligen Kinder miteinander verpartnert sind. Den Fabers macht das ein wenig Sorge, da das Töchterchen seither in der Schule abgesackt ist. Ein klärendes Gespräch soll helfen, das wieder in Ordnung zu bringen. Stattdessen endet das Essen in einem absoluten Chaos, bei dem so manches Geheimnis ans Tageslicht kommt. Wir haben uns anlässlich der Ausstrahlung am 14. September 2023 im ZDF mit Hauptdarstellerin Josefine Preuß unterhalten. Im Interview sprechen wir über die Arbeit an dem Film menschlichen Voyeurismus und die Herausforderungen der Komik.

Warum wolltest du bei Gäste zum Essen dabei sein? Was hat dich an dem Film gereizt?

Ich habe tatsächlich vorher noch nie so ein Kammerspiel gemacht und fand die Situation interessant: ein Ort und ein Abendessen, bei dem schiefgeht, was schiefgehen kann. Dann habe ich mich auf die Konstellation mit dem Kollegen gefreut, ich träume schon seit Jahren davon, einmal mit Matthias Koeberlin zu drehen. Maximilian Grill kannte ich sehr gut und wir sind tatsächlich von einem Projekt zu dem hier gesprungen. Ich mochte aber auch die Geschichte und die Rolle.

Dann kommen wir doch auf deine Rolle zu sprechen. Wen spielst du? Wie würdest du sie beschreiben?

Monika Popov ist eine Frau, die selbst jung Mutter geworden ist. Sie denkt, dass sie ihre beiden Männer gut im Griff hat und strebt nach einem glücklichen, heilen Familienleben. Status und Reichtum sind ihr hingegen nicht wichtig. Wobei sie stolz ist, beruflich aufgestiegen zu sein und jetzt an der Käsetheke bedienen zu dürfen. Sie ist diejenige, die im Film am herzlichsten reagiert – bis es zu dem großen Knall kommt.

Solche Filme gibt es immer mal wieder, bei denen die Menschen auf engem Raum aneinandergeraten und wir auf einmal hinter die Kulissen blicken können. Warum macht es uns so Spaß, solche Geheimnisse aufgetischt zu bekommen?

Weil Menschen nur Menschen sind. Dabei ist es egal, wo wir herkommen, welchen Hintergrund wir haben oder wie gebildet wir sind, wir haben alle vor der eigenen Haustür zu kehren. In jeder Familie gibt es so etwas, das ist völlig normal.

Aber wenn wir schon so viel mit unserem eigenen Leben zu tun haben, warum wollen wir dann etwas über das Leben anderer erfahren?

Wahrscheinlich genau deswegen. Weil man sich in Situationen wiedererkennt. Oder weil man sich im Gegenteil genau nicht darin wiederfindet und für sich denkt: Gott sei dank sind wir normaler! Das kann in beide Richtungen gehen. So oder so sind wir alle irgendwo voyeuristisch und schauen dahin, wo es gerade laut ist. Ich weiß nicht, ob das jetzt eine gute Eigenschaft ist, aber es lenkt doch ab von den eigenen Problemen, wenn man weiß, dass bei niemandem wirklich zu 100 Prozent alles im Reinen ist. Das kann tröstlich sein, wenn man sieht, dass es anderen auch so geht. Vielleicht werden manche aber auch hämisch sein. Gerade bei Familien, wenn sich alle ganz nahe sind und die Emotionen hochkommen, macht es Spaß, weil das ganz ehrliche Situationen sind.

Man kann mit solchen Problemen aber ganz unterschiedlich umgehen. Während die einen alles unter den Teppich kehren wollen, gehen andere ganz offen damit um. Welcher Typ bist du: Geheimniskrämerin oder jemand, der lieber alles anspricht?

Eine Geheimniskrämerin bin ich eigentlich nicht. Ich würde aber auch nicht gleich in die emotionale Tiefe gehen. Beim Spielen ist es auch nicht so, dass ich schaue, was bei mir privat passiert ist und ob ich das für meine Rollen nutzen kann. Das hilft mir nicht, eine solche Schauspielerin bin ich nicht. Ich bin stattdessen völlig in meiner Rolle und habe meine Rollenbiografie. Man lernt auch schon beim Drehbuch einiges durch das, was andere über deine Figur sagen. Und ich versuche dann für mich herauszufinden: Wie würde meine Figur da reagieren? Ganz wichtig ist da auch die Arbeit im Ensemble, wenn du darauf reagierst, wie deine Kollegen und Kolleginnen spielen. Das ist dann ein schönes gemeinsames Finden.

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Noch haben André (Matthias Koeberlin) und Soraya Faber (Neda Rahmanian) sowie das von ihnen eingeladene Paar Viktor (Maximilian Grill) und Monika Popov (Josefine Preuß) gut lachen. Doch das gemeinsame Abendessen wird in „Gäste zum Essen“ zu einem Alptraum für alle Beteiligte. (© ZDF/Manju Sawhney)

Spielt es dann bei der Rollenauswahl eine Rolle, ob du dich mit der Figur identifizieren kannst?

Das ist so unterschiedlich. Mal ist es die Person, die dahintersteht. Mal ist es nur ein Satz, der mich so sehr berührt oder zum Lachen bringt, dass ich ihn unbedingt mal sagen will. Es muss einfach ein gefühltes rundes Ding sein.

Dennoch gibst du beim Schauspielen auch immer etwas von dir preis. Außerdem stehst du als Schauspielerin in der Öffentlichkeit. Inwieweit beeinflusst dich das dabei, wie offen du privat anderen gegenüber bist?

Gute Frage, tiefe Frage. Auch das ist ganz unterschiedlich. Ich hoffe natürlich bei Leuten, die mich gut kennen, dass das alles keine Rolle spielt. Es beeinflusst mich auf jeden Fall insofern, dass die Menschen, denen du auf der Straße begegnest, ein gewisses Bild von dir haben. Das muss und will ich gar nicht immer bedienen. Das merke ich gerade auch bei Jüngeren, die gerade wie verrückt Türkisch für Anfänger schauen und in mir dann Lena sehen. Dabei ist diese Welt schon zwanzig Jahre her! Grundsätzlich will ich meinen Beruf nicht ins Private tragen oder umgekehrt das Private in den Beruf hineintragen.

Warum bist du denn überhaupt Schauspielerin geworden? Was hat dich an der Arbeit gereizt?

Das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht so genau. Ich habe mich als Kind schon verkleidet, habe Sketche vorgeführt und meine Cousins und Cousinen dazu genötigt Filmszenen nachzuspielen. Es gibt Leute, die sind schon fertig rausgekommen, was den Weg angeht. Und das war bei mir glaube ich so. Es gab auch nie einen Plan B. Ich habe schon während der Schule Theater in Potsdam gespielt. „Türkisch für Anfänger“ war auch eine sehr gute Schule: Das war viel Text lernen und ein hohes Pensum. Ich habe auch viel darüber gelernt, wie solche Serien gedreht werden. Da war es irgendwie schon entschieden, was ich mache.

Und wie stand deine Familie dazu?

Die haben das von Anfang an begleitet. Die mussten ja auch alle Verträge unterschreiben, bis ich 18 war. Klar gab es da bestimmt auch die Sorge, ob ich das schaffe und das wirklich alles klappt. Aber das hat sich dann bald erledigt.

Ich frage auch deshalb, weil es in Gäste zum Essen auch darum geht, wie die Figuren einander vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben.

Absolut. Darin sind Eltern und Großeltern auch absolute Experten. Das Credo sollte für alle sein: Hauptsache glücklich. In meiner Familie war das so.

In dem Film lernen wir zwei grundverschiedene Familien kennen, die sehr unterschiedliche Leben führen. Welche von beiden ist deiner Meinung nach die glücklichere?

Am glücklichsten ist glaube ich noch die Katze. Vielleicht auch die Reinigungskraft. Die bringt zwar auch alles zum Einsturz, kann sich am Abend aber immer noch im Spiegel anschauen. Und dann sind da noch die Teenager-Kinder. Die sind am Ende auch glücklich. Die anderen müssen dafür sorgen, dass sie wieder glücklich sind.

Wenn man die ganzen Probleme sieht, die euer Paar hat, fragt man sich irgendwann: Warum sind die überhaupt noch zusammen?

Das fragt man sich bei ganz vielen Pärchen. Wenn man sich zusammen etwas aufgebaut hat, muss man sich immer fragen, ob das jetzt bloß eine Abhängigkeit ist oder ob da wirklich noch genug Liebe da ist. Für Maximilian und mich war es wichtig, dass wir mit der Geschichte klar machen, dass der Betrug gar nicht das Wichtigste ist. Das war wahrscheinlich auch nicht das erste Mal, dass das vorgekommen ist. Dass der Sohn in diese Lüge eingespannt wird, ist die größte Enttäuschung. Viele Menschen sind irgendwann in ihren 30ern oder 40ern an dem Punkt, an dem sie sich fragen, ob das alles für sie so richtig ist. Da hilft nur, aufs eigene Herz zu hören.

Wir lernen die Figuren zu einem Zeitpunkt kennen, als bereits alles kaputt ist. Was hätten sie anders machen können?

Einfach nicht zu dem Essen gehen und sich lieber einen gemütlichen Abend daheim machen. Dann hätten sie diesen Stress nicht gehabt.

Dann hätten sie das alles aber auch weiter mit sich herumgetragen. Hat der Abend nicht auch etwas Heilsames?

Natürlich. Es musste zu diesem Abend kommen. Zu diesem Aufbrechen, bei dem sie sich endlich mit all dem auseinandersetzen müssen.

Selbst wenn das durch außen erzwungen wird.

Das ist leider meistens so. Aber besser, es geschieht auf diese Weise, als dass gar nichts geschieht.

Ihr sprecht in dem Film eine ganze Reihe ernster Themen an. Ihr tut das aber nicht im Rahmen eines Familiendramas, was ja durchaus möglich gewesen wäre. Was ist der Vorteil, das als Komödie umzusetzen?

Weil es dieses Bittersüße hat, Wahrheiten anzusprechen. Eine Komödie ist nur dann lustig, wenn die Wahrheit dahinter bedient wird, auch wenn sie weh tut und hässlich ist. Da ist so ein vollgepackter 90-Minuten-Film der perfekte Rahmen, um das in einen dramaturgischen Bogen zu packen. Das richtige Drama machen wir dann bei dem zweiten Teil nach der Geburt, wenn es um die Namensfindung geht. Da sehe ich noch sehr viel Potenzial.

Es gibt aber noch keinen Plan für eine Fortsetzung?

Nein, aber ich rufe solche Dinge gern einmal raus ins Universum. Manchmal klappt das dann.

Was findest du schwieriger, ein Drama oder eine Komödie?

Tatsächlich Komödie. Beim Drama ist es der Text, dann legst du eine traurige Musik drunter und die Maske bläst dir ein Pfefferminzöl in die Augen. Die Menschen zum Weinen zu bringen, finde ich leichter, als sie zum Lachen zu bringen. Lachen ist schon die ganz hohe Kunst, da musst du ganz viele Nerven treffen.

Wer schafft es umgekehrt, dich zum Lachen zu bringen?

Situationskomik. Ich bin jemand, der tatsächlich lachen kann, wenn jemand ganz witzig stolpert. Da bin ich leider selbst ein wenig hämisch und kann sehr gut mit Zynismus und Sarkasmus. Aber ich kann über vieles lachen. Es gab schon Drehbücher, bei denen ich lachend auf dem Boden gesessen habe. Mein Hund bringt mich zum Lachen.

In Gäste zum Essen ist es so, dass die Figuren im Laufe des Abends viel über sich und die anderen lernen. Was hast du für dich aus dem Film mitgenommen?

Es ist bei Filmen praktisch nie so, dass du chronologisch drehst, sondern du springst von Szene zu Szene, die dann am Ende zusammengesetzt werden. Gerade hier war es deshalb sehr wichtig, den eigenen dramaturgischen Rollenbogen in und auswendig zu kennen. Wo kommst du her? Wo gehst du hin? Das war eine sehr gute Schule.

Letzte Frage: Was sind deine nächsten Projekte?

Wir drehen vier neue Filme für die Reihe Dr. Nice bis Mitte November, worüber ich mich sehr freue. Danach ist dann aber auch erst einmal wieder gut.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Josefine Preuß wurde am 13. Januar 1986 in Zehdenick geboren. Sie spielte schon als Kind Theater. Bekannt wurde sie durch mehrere Serien, darunter Schloss Einstein (2000 bis 2003) und Türkisch für Anfänger (2006 bis 2008). Auch im Anschluss trat sie primär im Fernsehen auf. Daneben ist sie eine gefragte Synchronsprecherin und war unter anderem in den Animationsfilmen Hotel Transsilvanien (2012) und Zoomania (2016) zu hören.



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