She Came to Me

She Came to Me

Inhalt / Kritik

Steven (Peter Dinklage) steckt seit mehreren Jahren in einer Schreibblockade fest und hat Schwierigkeiten, seine neue Oper zu vollenden. Seine Frau und ehemalige Therapeutin Patricia (Anne Hathaway) drängt ihn eines Tages dazu, das Haus zu verlassen und sich auf dem Weg vom Zufall inspirieren zu lassen. Und dieser lässt tatsächlich nicht lange auf sich warten. In einer kleinen Bar lernt er die Schlepperkapitänin Katrina (Marisa Tomei) kennen, die ihn für eine spontane Romanze mit auf ihr Boot nimmt. Steven kann kaum glauben, was (mit) ihm gerade geschehen ist, aber plötzlich weiß er ganz genau, wie seine neue Komposition aussehen und klingen soll. Während die Kreativität des Musikers aufblüht, verfällt seine zwanghaft ordentliche Frau regelrecht in religiöse Besessenheit und sein 18 Jahre alter Stiefsohn Julian (Evan Ellison) lernt Trey (Brian d’Arcy James) kennen, den Schwiegervater in spe. Der konservative Gerichtsstenograf wiederum ist so gar nicht von der Beziehung zu seiner Tochter Tereza (Harlow Jane) begeistert und wird die erste beste Gelegenheit nutzten, um das junge Paar auseinanderzubringen. Von Zufällen und Schicksal getrieben, entwickelt sich im hektischen New York ein ausgewachsenes dramatisches Liebeschaos …

Zufällig viele Stars

Regisseurin und Drehbuchautorin Rebecca Miller begann ihr Portfolio zunächst noch mit Dramen wie Personal Velocity: Three Portraits, Jack & Rose oder Pippa Lee. 2015 folgte mit Maggies Plan das erste romantische Komödiendrama, das im intellektuellen New Yorker Milieu angesiedelt, als sprunghaft temporeicher Woody Allen und Noah Baumbach Verschnitt mit Indieflair daherkam. She Came to Me, der als Eröffnungsfilm der 73. Berlinale seine Weltpremiere feiert, zeigt sich genauso quirlig, rastlos und (etwas zu) absurd romantisch, wie schon Millers vorheriges Werk mit noch Greta Gerwig und Ethan Hawke in den Hauptrollen.

Für She Came to Me versammelt die Regisseurin nun mit Peter Dinklage (Game of Thrones), Marisa Tomei (Spider-Man: Homecoming, The Wrestler) und Anne Hathaway (Les Misérables, Love & Other Drugs) erneut ein Starensemble vor der Kamera. Miller stellt relativ zügig ihre Protagonisten vor, die sich allesamt Hals über Kopf in einem verzwickt verstrickten Konstrukt aus Zufällen wiederfindet. Allerdings einem spürbar erzwungenen Konstrukt, bei dem jede kleine Entscheidung und jegliches abwegige Handeln der Figuren das Korsett (unpassender) Romantik übergestülpt wird. Da ist der von Ängsten geplagte und kreativ gehemmte Komponist, der sich gerade noch in Depressionen wälzend, mit einem Fingerschnippen plötzlich im Bett der Bootskapitänin wiederfindet. Die wiederum ist aber nicht nur Kapitänin, sondern auch eine verurteilte Stalkerin, die hoffnungslos romantisch an ihren freien Tagen auf Männerjagd geht und nach dem One-Night-Stand zur geheimen Muse des Musikers wird.

Als wäre das nicht alles schon genug, um eine Beziehungskomödie zu füllen, zwängt Miller noch weitere bizarre Liebesopfer in ihre Geschichte. Patricia, die in ihrer Vergangenheit offenbar nicht die besten Erfahrungen gemacht hat, verfällt der Liebe zu Gott und will plötzlich als Nonne aus allem raus. Das Highschoolpärchen, das schon im Teenageralter felsenfest davon überzeugt ist, den Rest des Lebens miteinander zu verbringen. Und zu guter Letzt der Stenograf, der seine Tochter am liebsten verhüllen (schließlich sind sichtbare Brustwarzen unter T-Shirts für ihn immer noch ein hochgradig anzügliches No-Go) und die Liebe verbieten würde. Als er später davon erfährt, dass die beiden Jugendlichen intim miteinander sind, ist seine einzige Idee, ihren Freund gleich ins Gefängnis zu stecken.

Eine Oberfläche zwischen Ernst und Komik

Konstant von Pianoklängen begleitet, bewegt sich She Came to Me mit der hektisch vorangetrieben Handlung wechselhaft zwischen dramatisch ernst, bizarr komisch und plakativ absurd. Lässt keine Zeit, um interessante Momente zu vertiefen oder Absurditäten vollends im Gefühlschaos oder der Komik eskalieren zu lassen. Damit agieren die Figuren merklich oberflächlich und erscheinen für uns zu distanziert. Dass sich Steven nämlich nicht nur wegen der Inspiration zu seinem neuen Opernstück zu Katrina hingezogen fühlt, sondern noch stärkere Gefühle für sie entwickelt, ist bis zum Schluss kaum nachvollziehbar und kommt dann ziemlich überraschend.

Es ist aber Joanna Kulig (Cold War – Der Breitengrad der Liebe) als polnische Putzfrau und Mutter von Tereza, von der wir im Film besonders wenig erfahren. Ihre Figur verkümmert bedauerlicherweise zur stereotypen Randnotiz, die ihre Tochter zwar weitestgehend unterstützt, aber ihrem strengen Ehemann einfach nichts entgegenzusetzen hat. Der sich in der Familie entwickelnde Konflikt um die Minderjährige, ihrem Freund und dem übergriffigen elterlichen Umgang mit der Beziehung ist letztendlich enttäuschend charakterlos und erscheint lediglich zweckdienlich, um das Finale des Films vorzubereiten. Trotz der tonalen Schieflage und des unentschlossenen Fokus des aufgeweckten Komödiendramas merkt man dem Cast an, dass er sichtlich Spaß daran hat, den schrägen Figuren, die von einer Absurdität in die nächste stolpern, Leben einzuhauchen. Neben wenigen gut sitzenden Pointen ist das die größte Stärke von Millers She Came to Me.

Credits

OT: „She Came to Me“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Rebecca Miller
Drehbuch: Rebecca Miller
Musik: Bryce Dessner
Kamera: Sam Levy
Besetzung: Marisa Tomei, Anne Hathaway, Peter Dinklage, Brian d’Arcy James, Joanna Kulig, Harlow Jane, Evan Ellison, Samuel H. Levine, Aalok Menta

Filmfeste

Berlinale 2023

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She Came to Me
fazit
„She came to me“ zeigt sich hinsichtlich der Stimmung und des Fokus deutlich unentschlossen und zu sprunghaft. Zuweilen punktet das Komödiendrama zwar mit witzig überspitzten Momenten, lässt aber am Ende mit der zwanghaften Sucht nach Romantik ausdrucksstarke Charaktere und mitreißende Emotionen vermissen.
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