Der Passfälscher
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Der Passfälscher

„Der Passfälscher“ // Deutschland-Start: 20. Oktober 2022 (Kino) // 24. März 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Berlin im Jahr 1942: Seine Eltern wurden schon vor einiger Zeit deportiert. Seither lebt der junge Jude Cioma Schönhaus (Louis Hofmann) allein in der Wohnung der Familie, die ihnen offiziell auch schon nicht mehr gehört. Davon lässt er sich aber nicht entmutigen. Gemeinsam mit seinem guten Freund Det Kassriel (Jonathan Berlin) genießt er das Leben, trifft sich auch regelmäßig mit der hübschen Gerda (Luna Wedler), die er eines Abends beim Tanzen kennengelernt hat. Sein Leben nimmt eine entscheidende Wende, als er eines Tages von dem Anwalt Kaufmann (Marc Limpach) beauftragt wird, Ausweispapiere für Menschen zu fälschen, die aus Deutschland flüchten wollen. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten zeigt er darin echtes Talent und wenig Skrupel. Dabei wird ihm jedoch Frau Peters (Nina Gummich) gefährlich: Die Witwe des ehemaligen Blockwarts hat ein wachsames Auge darauf, was in ihrem Wohnhaus so vor sich geht …

Der unbemerkte Jude

An Filmen, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Holocaust beschäftigen, mangelt es bekanntlich nicht. Viele davon berichten von den Opfern und den Grausamkeiten, die sie erdulden mussten. Hin und wieder dürfen wir von heldenhaften Einzelfiguren erfahren, welche die Opfer geschützt haben. Relativ selten sind hingegen Geschichten über Menschen, denen es gelungen ist, auf die eine oder andere Weise zu entkommen. Der Passfälscher ist eine dieser Seltenheiten, wenn wir hie die gleichzeitig wahre und unglaubliche Geschichte eines jungen Mannes erfahren, der sich direkt vor den Augen der Nazis aufhielt und doch kaum wahrgenommen wurde. Einer, dem es gelang, alle zu täuschen, entgegen aller Wahrscheinlichkeit.

Thematisch wird das manche an Die Unsichtbaren – Wir wollen leben, eine Mischung aus Dokumentarfilm und Spielfilm über vier jüdische Menschen, die in Berlin überlebten. Tatsächlich war Cioma Schönhaus, die Hauptfigur in Der Passfälscher, einer der vier Menschen, von denen der Film berichtete. Wer das obige Werk gesehen hat, wird die Geschichte daher schon kennen. Aber selbst dann lohnt sich ein Blick auf das neue Drama. Denn auch wenn der Protagonist derselbe ist, die Art und Weise der Erzählung ist eine deutlich andere. So betont Regisseurin und Drehbuchautorin Maggie Peren (Hello Again – Ein Tag für immer) bei ihrer Version der Dinge die Unbekümmertheit des jungen Mannes. Dieser lebt hier sein Leben völlig unbeeindruckt von dem, was um ihn herum passiert. Entgegen allen Warnungen frequentierte er Restaurants, fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, was Juden nicht gestattet war. Seine Theorie: Wenn er sich wie ein „normaler“ Deutscher verhält, werden ihn auch alle dafür halten.

Mit Charme und Chuzpe

Peren fand hierfür mit Louis Hofmann eine Idealbesetzung. Der oft für eher melancholisch-nachdenkliche Rollen engagierte Jungschauspieler zeigt sich hier von einer fröhlich-schelmischen Art. Regelmäßig schlittert Schönhaus in Situationen, die auf den ersten Blick ausweglos erscheinen. Doch wieder und wieder gelingt es ihm, sich mit seiner Mischung aus Charme und Chuzpe zu entziehen – wobei seine blonden Haare und blauen Augen sicher ihren Anteil hatten. Dann und wann gewinnt Der Passfälscher auf diese Weise auch eine humoristische Note, vergleichbar zu Catch Me If You Can. Tatsächlich ist der Film an manchen Stellen einer Komödie schon recht nahe, beispielsweise wenn Nina Gummich als stocksteife Wohnhausspionin auftritt.

Umso stärker ist der Eindruck, wenn es dann doch mal dramatisch wird. Der Film, der auf der Berlinale 2022 Weltpremiere hatte, wird wenn man es am wenigsten erwartet, so traurig, dass man geradezu geschockt auf die Leinwand starrt. Der Horror, der über lange Zeit so abstrakt wirkte, wird dann doch wieder real. Wobei Der Passfälscher auch an der Stelle nicht explizit wird und es dem Publikum überlässt, sich das Ergebnis vorzustellen. Am Ende will Peren dann doch lieber eine inspirierende und unglaubliche Geschichte erzählen, anstatt die Gräueltaten der Nazis in den Mittelpunkt zu rücken. Sofern man sich darauf einlassen kann, dass das hier eher in die Feel-Good-Richtung geht und etwas unwirklich wirkt, ist der Film aber durchaus sehenswert.

Credits

OT: „Der Passfälscher“
Land: Deutschland, Luxemburg
Jahr: 2022
Regie: Maggie Peren
Drehbuch: Maggie Peren
Musik: Mario Grigorov
Kamera: Christian Stangassinger
Besetzung: Louis Hofmann, Jonathan Berlin, Luna Wedler, Nina Gummich, Marc Limpach, André Jung, Yotam Ishay

Bilder

Trailer

Filmfeste

Berlinale 2022
Filmfest Emden-Norderney 2022
Filmkunstmesse Leipzig 2022

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Der Passfälscher
fazit
„Der Passfälscher“ erinnert an einen jungen Juden, der inmitten des Nazi-Berlins lebte und so tat, als gelten die ganzen Regeln nicht für ihn. Die Unverfrorenheit beeindruckt, ist sogar immer wieder unterhaltsam, fast schon humoristisch. Es führt aber auch dazu, dass hier nie das Gefühl einer Bedrohung aufkommt.
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