Piggy
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Piggy
Piggy“ // Deutschland-Start: 27. Oktober 2022 (Kino) // 2. Dezember 2022 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Sara (Laura Galán) ist nicht unbedingt das beliebteste Mädchen ihrer Gegend. Ständig wird sie von anderen für ihr Übergewicht als Schweinchen beleidigt. Nicht einmal im Schwimmbad hat sie ihre Ruhe, wird zum Opfer von Spott, später auch von tätigen Angriffen. Vor allem Maca (Claudia Salas) lässt keine Chance ungenutzt, die Außenseiterin zu demütigen. Damit hat sie auch andere fest im Griff, darunter Claudia (Irene Ferreiro), an die sich Sara hilfesuchend und vergeblich wendet. Als die Jugendliche kurze Zeit später Zeugin wird, wie ein Mann (Richard Holmes) ihre Peinigerinnen schnappt und in einen Transporter sperrt, bleibt sie untätig. Auch gegenüber der Polizei schweigt sie später. Doch dabei verstrickt sie sich zunehmend in Widersprüche. Ausgestanden ist die Geschichte ohnehin nicht, denn der Unbekannte ist immer noch da draußen …

Die ganz alltägliche Mobbing-Tortur

Manchmal braucht es bei Genrefilmen keine Monster, Dämonen oder sonstige fantastische Wesen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Es braucht nicht einmal irre Serienkiller, die Jagd auf ihre Mitmenschen machen und diese auf teils brutale Weise ermorden. Siehe Piggy. Ja, es gibt ihn, den unheimlichen Kerl, der durch die Gegend streift und wahllos Leute tötet und der für Angst und Schrecken sorgt. Aber schon vorher spürt man den Horror, wenn Sara von ihren Mitschülerinnen gehänselt bis gequält wird. Dass das Mädchen, welches immer wieder in der Metzgerei der Familie aushelfen muss, als Schwein bezeichnet wird, mag nicht originell sein. Verletzend ist es schon. Und das ist nur der Anfang einer eskalierenden Tortur, die bald mehr ist als eine bloße Demütigung.

Das Problem des Mobbings ist zwar an und für sich naheliegender Stoff für ein Drama. Immer mal wieder nutzen aber auch Genrefilme dieses Thema für sich. Da ist vom Krimi (Tatort: Kinder der Gewalt) bis zum Horrorfilm (Slapface – Woher kommen Monster) praktisch alles drin. Piggy ist ebenfalls in diesem Umfeld angesiedelt, entzieht sich dabei aber einer eindeutigen Klassifizierung. Genauer schwankt die spanisch-französische Coproduktion immer wieder zwischen verschiedenen Genres hin und her. Drama passt hier ebenso wie Horror oder Thriller. Dazwischen finden sich aber auch humorvolle Szenen, wenngleich dieser von einer sehr dunklen Färbung sind und das Publikum vor die Frage stellen: Darf ich hier überhaupt lachen?

Die Suche nach Antworten

Auch an anderen Stellen hält sich die spanische Regisseurin und Drehbuchautorin Carlota Pereda, die mit Piggy ihren gleichnamigen Kurzfilm auf Spielfilmgröße ausweitet, mit definitiven Aussagen zurück. So bleibt beispielsweise offen, was genau in Sara vorgeht, als der Serienmörder in ihr Leben tritt. Ist ihre Untätigkeit auf Angst zurückzuführen, wie sie später sagt? Reagiert sie nicht, weil sie insgeheim froh ist, dass ihre Peinigerinnen fort sind? Genießt sie vielleicht sogar den Zustand, dass sie in einer Umkehrung der Verhältnisse nun Macht über Leben und Tod hat? Schließlich wäre sie durch die Folter im Schwimmbad fast selbst ertrunken. Pereda gibt darauf keine Antwort, sondern überlässt es dem Publikum, eigene Schlüsse zu ziehen. Und auch, ob es die Qual der Mobberinnen als Genugtuung auffasst.

Eine direkte Auseinandersetzung mit Moralität findet dabei aber nicht statt. Piggy will trotz des ernsten Themas das Publikum primär unterhalten. Das gelingt dem Genre-Mix, der auf dem Sundance Film Festival 2022 Premiere feierte, auch sehr gut. Die Spannung ist hoch. Die Atmosphäre ist dicht:  Pereda und ihre Kamerafrau Rita Noriega (Geheime Anfänge, Kosmetik des Bösen) holen eine bedrückende Sommerstimmung auf die Leinwand, bei der schon das bloße Zuschauen anstrengend ist. Und dann sind da noch die starken schauspielerischen Leistungen. Neben der spanischen Veteranin Carmen Machi, die Saras lautstarke und übergriffige Mutter spielt, lebt der Film vor allem von Newcomerin Laura Galán, die hiermit zu einer echten Entdeckung wird.

Credits

OT: „Cerdita“
Land: Spanien, Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Carlota Pereda
Drehbuch: Carlota Pereda
Musik: Olivier Arson
Kamera: Rita Noriega
Besetzung: Laura Galán, Richard Holmes, Carmen Machi, Irene Ferreiro, Camille Aguilar, Claudia Salas, Pilar Castro

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2022
Fantasia Film Festival 2022
Fantasy Filmfest 2022
SLASH 2022
Zurich Film Festival 2022
Sitges 2022
Transit Filmfest 2022

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Piggy
Fazit
„Piggy“ beginnt als Mobbing-Drama und wandelt sich später immer weiter in Richtung Horror, wenn auf einmal ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Der Film lässt aber auch inhaltlich Grenzen verschwimmen und wird dabei zu einem unterhaltsamen Genremix, der von seiner bedrückenden Stimmung und starken Schauspielerinnen lebt.
Leserwertung21 Bewertungen
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von 10