Concerned Citizen
© Idan Haguel, Guy Sahaf

Concerned Citizen

Concerned Citizen
„Concerned Citizen“ // Deutschland-Start: 2. Februar 2023 (Kino) // 17. März 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Im Süden Tel Avis haben sich Ben (Shlomi Bertonov) und sein Partner Raz (Ariel Wolf) eine gemeinsame Wohnung gekauft, wo sie auch eine Familie gründen wollen. Als Zeichen, dass dieser Ort der richtige ist für sie beide und ihr zukünftiges Kind hat Ben vor ihrem Apartmenthaus einen Findling gepflanzt. Als sich eines Tages zwei afrikanische Einwanderer dort unterhalte, während sich einer von ihnen sich an Bens Baum lehnt, bittet er die beiden jungen Männer, diesen nicht zu beschädigen und sich nicht mehr an ihn zu lehnen. Doch als sie dies weiterhin tun, ruft er von seiner Wohnung aus die Polizei, wobei er angibt, die beiden Männer würden öffentliches Eigentum beschädigen. Wenige Minuten später sieht er, wie einer der beiden von zwei Polizisten verfolgt, verprügelt und festgenommen wird.

In den nächsten Tagen gelingt es Ben nicht, den Vorfall zu verdrängen, vor allem aber, welche Schuld er an dem Vorfall trägt. Weder sein bester Freund noch sein Therapeut gelingt es, zu ihm durchzudringen und den Ursprung seiner tiefen Verstörung zu finden. Immer mehr sieht er, wie der Bezirk um ihn herum sich verändert, will aus diesem wieder wegziehen, hinterfragt gar den Kinderwunsch von ihm und seinem Partner, was schlussendlich zu einer Konfrontation mit Raz und mit Bens Schuldgefühlen nach sich zieht.

Unbequeme Wahrheiten

Für seinen Spielfilm Concerned Citizen, der im Programm der Berlinale 2022 Premiere feierte, kehrte Regisseur Idan Haguel in den Bezirk Neve Sha‘anan zurück, wo er viele Jahre lange gelebt hat und der sich seit seinem Umzug deutlich verändert hat. Wie der Hauptcharakter war auch er Zeuge eines Vorfalls von Polizeigewalt geworden, den er, wie er in Interviews beschreibt, über das Medium Film verarbeiten wollte. Darüber hinaus ist Concerned Citizen, der vom Regisseur selbst als Satire gekennzeichnet wird, eine sehr interessante und clevere Parabel auf Schuld und Sühne.

Wie Ben nimmt auch der Zuschauer jenen Angriff auf den Einwanderer aus Eritrea mit einer Mischung von Nähe und Distanz wahr. Indem die Kamera, wie in dieser Szene, die Perspektive einer Figur einnimmt, übernimmt man den Schock über das Gesehene, die Hilflosigkeit, doch zugleich auch jenes Wissen über die Mitschuld an diesem Ereignis, welches Ben in der nächsten Zeit über quälen wird. Das Bild Paares als aufgeschlossen, tolerant und sympathisch, was durch die geschmackvolle Einrichtung der Wohnung noch betont wird, gerät durch den moralischen Konflikt ins Wanken, fragt man sich doch (wie Ben), wie viel hiervon eigentlich nur Fassade ist. Mit wenigen Einstellungen fängt Kameramann Guy Sahaf die Routine dieser beiden jungen Männer ein – der Saugroboter, welcher die Wohnung saugt, bis hin zum ersten Kaffee in der ebenfalls makellosen Küche oder das Training im Fitnesscenter – , doch genauso, wie diese nach und nach zerbricht aufgrund einer unbequemen Wahrheit, die man über sich selbst herausgefunden hat.

Die Schuld eines besorgten Bürgers

Dabei ist Ben wahrlich nicht der einzige „besorgte Bürger“, den wir im Film kennenlernen. Wie Regisseur Haguel in Interviews verrät, ist gerade dieser Teil Israels bestimmt durch die Präsenz eritreischen Einwanderer, von denen viele in seinem Film zu sehen sind. Die allgegenwärtige, unter der Oberfläche brodelnde Xenophobie ist mehr als spürbar, wobei Figuren wie Ben und Raz diese nicht akzeptieren wollen, passt diese doch so gar nicht in ihr Weltbild. Wie in deren Leben, konzentriert sich Haguels Film immer mehr auf die Brüche jenes Bildes, wobei der Baum, welcher im wahrsten Sinne des Wortes zur Wurzel allen Übels wurde, als Sinnbild für jene Form der Veränderung gesehen werden kann, als Aufbruch in Richtung Gentrifizierung gleichermaßen wie auch als Form der Eroberung.

Neben dem cleveren Kompositionen und Bildfolgen sind es auch die Darsteller, welche zu überzeugen wissen, allen voran Shlomi Bertonov als Ben, dessen Schuld immer weitere Kreise zieht, sein Leben beeinflusst und ihn in eine tiefe Sinnkrise stürzt. Bertonov zeigt diese innere Unruhe eines Menschen, dessen Weltbild und Identität ins Wanken geraten ist.

Credits

OT: „Concerned Citizen“
Land: Israel
Jahr: 2022
Regie: Idan Haguel
Drehbuch: Idan Haguel
Musik: Zoe Polanski
Kamera: Guy Sahaf
Besetzung: Shlomi Bertonov, Ariel Wolf

Bilder

Trailer

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Berlinale 2022

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Concerned Citizen
Fazit
"Concerned Citizen" ist ein Drama über Schuld, Sühne und über ein moralisches Dilemma. Idan Haguel legt in seinem Film den Finger auf einige sehr unangenehme Wahrheiten unserer Gesellschaft, auf die trügerischer Sicherheit moralischer Überlegenheit sowie das darauf resultierende Selbstbild.
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