Une affaire de femmes Eine Frauensache

Eine Frauensache

Inhalt / Kritik

Une affaire de femmes Eine Frauensache
„Eine Frauensache“ // Deutschland-Start: 26. Januar 1989 (Kino)

Während des Zweiten Weltkriegs lebt Marie Latour (Isabelle Huppert) mit ihren zwei kleinen Kindern allein in einer französischen Provinzstadt. Dort ist sie zwar vor dem Krieg in Sicherheit, führt aber ein ärmliches Leben. So verdient sie mit ihren Strickarbeiten ein wenig Geld, doch nicht annähernd genug, um damit die Familie zu versorgen. Das ändert sich erst, als sie beginnt, nebenbei Abtreibungen durchzuführen. Was als Gefälligkeit bei der Nachbarin beginnt, wird für sie zu einem einträglichen Geschäft. Das bringt nicht nur einige Annehmlichkeiten mit sich. Die bislang wenig beachtete Marie schöpft daraus auch ein neues Selbstbewusstsein – sehr zum Leidwesen ihres Mannes Paul (François Cluzet), der eines Tages aus dem Krieg zurückkehrt und sie nicht wiedererkennt …

Vergessener Überlebenskampf

Viele Male hat Claude Chabrol mit Isabelle Huppert zusammengearbeitet, etwa bei der Literaturverfilmung Madame Bovary oder dem eigenwilligen Pseudo-Thriller Süßes Gift. Eine der eher weniger bekannten Kooperationen ist Eine Frauensache aus dem Jahr 1988. Die Kritiken seinerzeit waren zwar gut. Die Schauspielerin wurde für ihre Leistung in Venedig ausgezeichnet. Es gab auch mehrere Nominierungen für bedeutende Filmpreise, darunter den César und den Golden Globe. Inzwischen ist der Film aber ziemlich in Vergessenheit geraten. Zumindest im deutschsprachigen Raum findet das Drama um eine Frau, die verbotene Abtreibungen durchführt, nur noch wenig Beachtung.

Dabei hat die Adaption des Buches Une affaire de femmes von Francis Szpiner eine interessante Geschichte zu erzählen. Inspiriert von dem wahren Fall der Marie-Louise Giraud, die auf traurige Weise in die Geschichtsbücher eingeht, erzählt Chabrol von einer Frau, die sich ihre Freiheit erkämpfte. Eine Frau, die damit aber auch andere richtig vor den Kopf stieß, indem sie sich gegen die geltende Ordnung auflehnte. Abtreibungen waren damals verboten, so wie allgemein die Mitspracherechte von Frauen eher gering waren. Wenn Marie damit auch noch Prostituierten hilft, die in Folge ihrer Arbeit schwanger geworden sind, ist das gleich doppelt sündig. Denn deren Dienste waren inoffiziell zwar sehr gefragt. Inoffiziell wollte aber niemand etwas damit zu tun haben, wollte es niemand gewesen sein. Eine Frauensache beschreibt hier eine heuchlerische Gesellschaft, die sich hinter einer moralistischen Maske versteckt.

Die Sehnsucht nach einem besseren Leben

Das hört sich nach einem feministisch motivierten Film an, der eine vergessene Heldin feiert. Andere hätte aus dem Stoff vielleicht auch genau das getan. Chabrol hat mit Eine Frauensache jedoch etwas anderes vorgelegt. So entspricht seine Marie nicht dem Bild, das man hier hätte erwarten können. Wenn sie anderen Frauen zu einer Abtreibung verhilft, dann nicht aus dem Bedürfnis heraus, die Gesellschaft zu einem besseren Ort zu machen. Es ist nicht einmal so, dass sie den Individuen aus altruistischen Gründen hilft. Für sie bedeutet die verbotene Abtreibung in erster Linie, dass sie damit Geld verdienen und sich damit ein besseres Leben finanzieren kann. Das zeigt sich auch in ihrer Affäre mit Lucien (Nils Tavernier), bei dem sie alles andere als eine Feministin ist. Wenn sie von Strickarbeiten zu medizinischen Arbeiten wechselt, geht das nicht mit einer ideologischen Gesinnung einher.

Wobei der Film nicht genau verrät, was Marie über ihre Handlungen denkt. Oder ob sie überhaupt etwas dazu denkt. Fragen der Moralität werden nicht gestellt, nicht einmal wirklich zum Schluss, wenn ihr Einsatz ungeliebte Aufmerksamkeit erhält. Es gibt auch kein Gefühl dafür, dass sie irgendwie in Gefahr sein könnte für ihre illegalen Aktivitäten. Dafür nimmt sie diesen Aspekt viel zu wenig wahr. Die große Tragik von Eine Frauensache besteht nicht darin, dass eine aufrechte Kämpferin für Frauenrechte an einer patriarchalen Gesellschaft scheitert. Vielmehr folgen wir jemandem, dem offensichtlich das Bewusstsein fehlte für das, was die eigenen Taten bedeuteten und deshalb zum Schluss auch nicht versteht, was da genau geschieht. Das kann frustrierend sein, weil Huppert mal wieder darin brilliert, nicht hinter die Fassade blicken zu lassen. Ihre Figur ist gleichzeitig sehr direkt und doch auch eine Fremde. Aber es ist eben auch sehenswert.

Credits

OT: „Une affaire de femmes“
Land: Frankreich
Jahr: 1988
Regie: Claude Chabrol
Drehbuch: Claude Chabrol, Colo Tavernier O’Hagan
Vorlage: Francis Szpiner
Musik: Matthieu Chabrol
Kamera: Jean Rabier
Besetzung: Isabelle Huppert, François Cluzet, Marie Trintignant, Nils Tavernier

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 1989 Beste Regie Claude Chabrol Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Isabelle Huppert Nominierung
Beste Nebendarstellerin Marie Trintignant Nominierung
Golden Globes 1990 Bester fremdsprachiger Film Nominierung
Venedig 1988 Goldener Löwe Nominierung

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„Eine Frauensache“ begleitet eine Französin während des Zweiten Weltkriegs, die verbotene Abtreibungen durchführt. Der Film ist dabei nicht so feministisch, wie man denken könnte, sondern die tragische Geschichte einer Frau, die von einem besseren Leben träumte und an der Gesellschaft scheiterte.
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