Schocken
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Schocken – Ein deutsches Leben

Inhalt / Kritik

Schocken Ein deutsches Leben
„Schocken – Ein deutsches Leben“ // Deutschland-Start: 4. November 2021 (Kino) // 20. Mai 2022 (DVD)

Im allgemeinen Verständnis sowie aufgrund von diversen Vorurteilen werden die Aspekte der Kultur und Intellektualität von denen des Kommerzes und des Unternehmertums fern gehalten. Das heißt nicht, dass es zwischen diesen Aspekten nicht gewisse Berührungspunkte gibt, sind wohlhabende Manager doch oft auch Kunstsammler oder Bewunderer von Musik oder Architektur, genauso wie Künstler gemeinhin von der Kunst eines Mäzens abhängig sind, sei es nun finanziell oder über dessen/deren Beziehungen. Dabei vereint beide Berufsbilder eine gewisse Verantwortung, derer sie sich in wechselndem Maße durchaus bewusst sind, denn als Personen des öffentlichen Lebens tragen sie maßgeblich zu dessen Gestaltung bei, zur Meinungsbildung sowie zur Definition von Trends. Eine Wechselbeziehung zwischen Künstler und Unternehmer kann durchaus fruchtbar sein, nicht nur im Sinne von Profit, sondern zunehmend identitätsstiftend, im positiven wie negativen Sinne. Betrachtet man sich das Leben eines Unternehmers und Verlegers wie Salman Schocken, geboren 1877 und gestorben 1959, bemerkt man, dass sich Kunst und Kommerz nicht nur ergänzen können, sondern in einer Person vereinen und in der Ambition, bei der Gestaltung der Zukunft konstruktiv Teil zu haben.

In ihrer Dokumentation Schocken – Ein deutsches Leben beschreibt die Produzentin und Regisseurin Noemi Schory das Leben Schockens, dessen Facetten sowie die verschiedenen Veränderungen, die ihn formten und dazu beitrugen, dass er an der Bildung einer neuen jüdischen Identität mitwirken wollte. Der Film, welcher auf dem Docaviv International Documentary Film Festival in Israel 2020 uraufgeführt wurde, erzählt das Leben Schocken, angefangen bei dessen Jugend sowie dem Plan zu studieren bis hin zu den ersten Kaufhäusern, die er zusammen mit seinem Bruder zunächst in Zwickau und später in vielen anderen Städten Deutschlands eröffnete. Mittels einer Vielzahl von Archivaufnahmen sowie Interviews mit Zeitzeugen entsteht ein Bild Schockens, welches, ähnlich der Bücher, die der Unternehmer und Verleger so liebte, in verschiedene Kapitel unterteilt ist. Von der Förderung der Kultur, der Unterstützung von Autoren wie Samuel Agnon, der Unternehmensphilosophie bis hin zur Zeit in Israel, wo Schocken, zusammen mit vielen weiteren Exilanten, dazu beitragen wollte, eine neue jüdische Identität zu definieren.

Innere Wiedergeburt

Ein Blick auf die aktuelle Geschichte des Bundeslandes Sachsen, den NSU sowie die rechten Übergriffe, bringt derzeit auf politischer wie auch gesellschaftlicher Ebene die Diskussion über die Integration der neuen Bundesländer sowie die neuen Formen des Antisemitismus auf die Tagesordnung. Wie an vielen Stellen in ihrer Dokumentation wagt Schory den Blick auf ein Thema, welches augenscheinlich wenig mit der Biografie eines Salman Schocken zu tun hat, doch bei genauem Hinsehen sehr viele Parallelen aufweist. Schocken – Ein deutsches Leben geht von einem Verständnis oder vielmehr einer These zu dieser Biografie aus, die nicht nur nach einer Identität für sich selbst suchte und diese immer wieder neu definierte, sondern diese auch für die eigene Kultur, die Geschichte und die Familie einforderte. Die Organisation des Unternehmens Schocken, mit seiner Wertschätzung von Qualität sowie der Fürsorge für die Mitarbeiter leitet über zu einer ähnlichen Idee für das Judentum oder den Staat Israel.

Was zunächst wie eine recht gefällige Rekapitulation eines Lebens daherkommt, wird so zu einer Ideensammlung für ein Leben, welches Kultur und Konsum, hohe Ambitionen und Menschlichkeit, miteinander zu vereinen suchte. Zum einen ist dies sehr spannend, doch vor allem ist es faszinierend und inspirierend, bedankt man, wie teilweise bildungs- und feindlich das gerade das Verhältnis zwischen Kultur und Kommerz bisweilen heutzutage ist. Die bereits erwähnten Bezüge zur Wirklichkeit des Jahres 2021, insbesondere wenn es um das Erstarken rechter Positionen geht sowie die Abwicklung der neuen Bundesländer nach dem Mauerfall, ist dabei einer von vielen Aspekten, welche diese Dokumentation sehenswert machen.

Credits

OT: „Schocken – Ein deutsches Leben“
Land: Deutschland Israel
Jahr: 2020
Regie: Noemi Schory
Drehbuch: Noemi Schory
Kamera: Uriel Sinai, Itay Vinograd
Besetzung: Shao-cian Lin, Wei-hsien Chen

Bilder

Trailer

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Schocken – Ein deutsches Leben
Fazit
"Schocken – Ein deutsches Leben" ist die Dokumentation über das Leben und Werk des Industriellen und Intellektuellen Salman Schockens. Mittels einer Fülle von Materialien, einer sorgfältigen Recherche sowie interessanter Thesen gelingt Noemi Schory eine Dokumentation, die ihren Zuschauer fasziniert und nachhaltig beschäftigen wird.
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